USA: Der Schatten alter Zeiten – Schwule und Lesben verlieren im Siegestaumel

Ja, er kann. Ja, nun muss er auch. Nicht nur die Mehrheit der amerikanischen Wähler, sondern irgendwie die ganze Welt hat Barack Obama gewählt. Unendlicher Jubel überall und geradezu übermenschliche Erwartungen an einen Mann, der sehr genau weiß, dass er seinen Triumph vielen Bevölkerungsschichten zu verdanken hat. Bei seiner Siegesrede in der Wahlnacht von Chicago nannte er sie – ausdrücklich auch die Lesben und Schwulen in den USA. Gays and Lesbians wählten Obama, dürften aber den 4. November 2008 nicht nur als Auftakt einer neuen Ära in ihrem Land empfinden, sondern auch als Tag herber Rückschläge. Kalifornien, der bevölkerungsreichste und ur-demokratische Bundesstaat (55 Wahlmänner) stimmte nicht nur für Obama, sondern auch gegen das Recht auf Eheschließung für Schwule und Lesben. In einem Volksentscheid sprach sich eine knappe Mehrheit (52 % gegen 48 %) gegen einen Verfassungszusatz aus, der homosexuelle Ehen erlaubte. Schon mehr als 10000 Paare hatten von diesem Recht Gebrauch gemacht und „Yes, I do“ gesagt. Das Oberste Gericht von Kalifornien hatte erst vor wenigen Monaten den Weg für die sogenannte „Homo-Ehe“ freigemacht. Im Mai 2008 kippte es das Ergebnis einer ähnlichen Volksabstimmung aus dem Jahr 2000, bei der sich damals 61 Prozent der Kalifornier gegen gleichgeschlechtliche Eheschließungen ausgesprochen hatten. Nach Massachusetts konnten Homosexuelle auch im Schwarzenegger-Staat heiraten – mit gleichen Rechten und Pflichten wie Männer und Frauen. Nun dieses Ergebnis, das bereits geschlossene Ehen zwar nicht ungültig machen soll, wie es heißt (was aber umstritten ist), das aber künftige „Marriages“ zunächst verhindern dürfte. Auch wenn viele Aktivisten bereits Verfassungsklagen ankündigten und sich nicht zuletzt San Franciscos Bürgermeister deutlich für seine „queeren“ Mitbürger aussprach.

Doch der 4. November war nicht nur für die Queer-Community in Kalifornien herb. Auch in Arizona und Florida waren die Gegner schwuler und lesbischer Ehen bei ähnlichen Referenden für die Verankerung von Verboten erfolgreich. Aktivisten mussten auch in Arkansas eine Niederlage einstecken: Dort dürfen unverheiratete Paare künftig keine Kinder adoptieren oder in Pflege nehmen. Das Gesetz zielte ausdrücklich auf Schwule und Lesben ab.

Das „Yes, we can“, das wir also in der Wahlnacht hörten, markierte einen Aufbruch, eine Bewegung, ist aber noch lange nicht der Wechsel („Change“) zu einer Gesellschaft ganz ohne Vorurteile und mit echter Gleichstellung in den USA. Es gibt wirklich viel zu tun für Barack Obama.

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