Hannibal Lektor?

Wolfgang Matz heißt dieser Mann, der im Kulturteil der taz berichtet, wie er gute von schlechten Texten unterscheidet. Weshalb das für Blogger wichtig sein soll? Nun – ganz einfach: Ein Blog ist eine Textschmiede, wo aber die segensreiche Funktion des Lektors eingespart ist, durch die uns die Verlage auf dem Buchmarkt vor einer textlichen Heuschreckenplage schützen. Trotz des fehlenden 'Gatekeepers' will aber auch jedes Blog treue Leser finden. Deshalb muss jeder Blogger sozusagen 'sein eigener Lektor' sein. Nicht nur genügend Strenge, auch ein wenig Ahnung sollten wir von dem Metier da schon haben. Oder? Auch ist ein Wolfgang Matz ja nicht irgendwer – er ist gewissermaßen der Ronaldinho unter Deutschlands Lektoren, derjenige, der das Literaturprogramm des Hanser-Verlags seit Jahren zum Lesererfolg führt.

3.000 Manuskripte landen jährlich im Lektorat des Hanser-Verlags, von denen 2.950 gleich wieder retour gehen. Nur in 50 Manuskripte steckt der Herr Lektor also seinen Rüssel überhaupt etwas länger hinein. Welchen Texten aber gibt er einen Tritt? "Eine Tragödie über Gustav den 27. will ich nicht haben", sagt Matz, "Romane über den Kampf der Yediritter im 27. Jahrtausend – weg damit. Ein 200-seitiger Sonett-Zyklus – keine Chance. Dann nimmt man noch die autobiographischen Lebensbewältigungstexte raus. Legt die Manuskripte weg, die anfangen mit den Sätzen: 'Die Frühlingssonne schien sanft auf den Park. Die Vögel zwitscherten, was das Zeug hielt …' Und schon ist man einen Großteil der Manuskripte los".

Dass ein Lektor sich als eine Art Müllmann begreifen muss, das war mir schon klar, wie groß aber die Müllmenge ist, das war mir neu. Spätestens bei den 'autobiographischen Lebensbewältigungstexten' haben einige Blogger sicherlich gezuckt, denn die Kleinstadt Blogville ist berühmt für die Verewigung all der Lieblingseisdielen und Computer-Vorlieben Abertausender kleiner Egomanen. Der Matz hat aber in meinen Augen recht: Wir sollten uns von der Vorstellung lösen, dass eine entsetzlich unglückliche Kindheit und eine Armut, die sich gewaschen hat, schon einen guten Text erzeugen könnten. Unser eigenes Erleben ist – schriftstellerisch gesehen – so an und für sich noch gar nüscht! Und wenn du unbedingt von dir selbst sprechen willst und musst, dann erzähle gefälligst von etwas anderem. Denn den Leser interessierst dein Ego frühestens dann, wenn du berühmt und auf den Titelseiten angekommen bist. Diese simple Wahrheit ist zwar schlecht für die kleine errötende Narzisse in uns, aber ganz bestimmt gut für den Stil und die Erfindungsgabe …

Auf die Frage, was der Lektor selbst können müsse, antwortet Matz: "Er muss etwas gelesen haben, möglichst alles sozusagen, und besonders die alten, großen Bücher, um nicht bei jedem Debütanten gleich von Genialität zu fabeln." Ich weiß auch nicht, weshalb ich an dieser Stelle schon wieder an Deutschlands früh verblühte 'Pop-Literatur' denken musste … 

Für das taz-Interview aber besteht Lesepflicht  in jeder Bloghütte. Link siehe oben.

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Eine Meinung

  1. Hannibal hat mit seinen Elefanten,die Alpen überquert,und sein Weggefährte war NICHT Hektor….Als Lektor versucht er den Autor aus dem Labyrinth der Nebenschauplätze zu führen,damit es gelingt,das Buch auch zu verkaufen.Wer liest heute noch einen Roman,der mit über 700 Seiten einen Menschen der High-Tech-Neu-Zeit völlig überfordern würde.Am besten, er wird auf’s Wesentliche gekürzt und verfilmt.Bei den Tageszeitungen im Dschungel der Regenbogen-Presse heißt der Lektor:König KUNDE.Der Lektor bei germans scheint einen DEAL mit dem Kultusminister Siegfried Schneider in Bayern gemacht zu haben.Meinen Kommentar “ Deutschland & Seine Schulreformen II“ ist jetzt bei ….blogster erschienen.In meinem blog „KUNG FU FIGHTING oder unter katyheyden

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