Was für ein Gewese

Die Financial Times aus London stellt die Wehrpflicht in Frage, da sie eine Einschränkung für die Effizienz der Bundeswehr ist und La Stampa aus Turin befürchtet eine neue Welle islamischer Wut in Afghanistan und Deutschland. Und warum? Weil sieben in Afghanistan stationierte Bundeswehrsoldaten den Straftatbestand des § 168 StGb erfüllt haben – Störung der Totenruhe.

Bei den Skeletten handelt es sich nach Medienberichten und Zeugenaussagen um die Überreste russischer Soldaten. Warum dies die religiösen Gefühle der Muslime beleidigt, erschließt sich mir nicht. Aber es war auf der Titelseite der BILD und somit hat man einen Skandal. Da gehört es zum politischen Prozess, dass sich nun Politiker aller Lager überschlagen, ihre politisch korrekten Statements medienwirksam loswerden und sich als moralische Übermenschen gerieren. Doch auch die Bundeswehr ist nur ein Spiegel unserer Gesellschaft. Wenn Politiker dieses Vergehen öffentlich missbilligen und sich moralisch überhöhen, ist das unverständlich, weil sie sich nie in der Situation befanden, in der sich Soldaten in Auslandseinsätzen, noch dazu in Krisengebieten, tagtäglich befinden. Jeden Tag schauen die Soldaten am Hindukusch dem Tod ins Gesicht, da ist es verständlich, dass sie ein weniger distanziertes Verhältnis zum Ableben entwickeln.

Dass es falsch war, was sie getan haben, steht außer Frage, nur ist es leicht, diese Taten aus sicherer Entfernung ohne Berücksichtigung der Begleitumstände zu verurteilen. Das eigentlich Verbrechen ist es, diesen „Skandal“ in einem Atemzug mit den Folterungen von Abu Ghoreib zu nennen. Obersten Schutz sollte die Menschenwürde haben. Und ich weiß nicht, ob man von einer solchen Würde auch noch bei Toten sprechen kann. Unverständlich ist auch die Gewichtung dieser Meldung in den Medien. Nur zur Erinnerung: Im Iran bastelt ein Verrückter an einer Atombombe, in Nordkorea hat ein Kleinwüchsiger sie vielleicht schon und nebenbei wird auch das Gesundheitssystem revolutioniert. Doch all das interessiert niemanden, weil eine Handvoll Soldaten die falschen Motive für ihre Erinnerungsbilder wählten. Dabei sind diese Fotos vermutlich aussagekräftiger, als Aufnahmen vom Lageralltag der Soldaten. Der Tod gehört bei solchen Einsätzen dazu, und das Verhältnis zu ihm symbolisieren die Bilder. Die "dritte Welle" an Bildern hat die BILD schon angekündigt.

Leichenschändungen gehören auf Theaterbühnen zum guten Ton. Idomeneo drohte die Absetzung, aus Angst religiöse Gefühle zu beleidigen. Doch soll nun die 1. Szene des 3. Akts aus Shakespeares Hamlet zensiert werden?

5 Meinungen

  1. Ich finde die Reaktion der Medien hierzulande auch übertrieben. Natürlich war es falsch was die Soldaten gemacht haben. Wenn aber fast zeitgleich zur Frage steht ob KSK Soldaten einen Terrorverdächtigen mit dem Kopf auf den Boden geschlagen haben, sollte man sich fragen ob hier mit zweierlei Maß gemessen wird.Totenruhe gestört schon und gut, aber Folter ist in meinen Augen ein schweres Vergehen und die Reaktion der Politik war im letzteren Fall mehr als nur bescheiden. Das Muslime verärgert über Deutsche Soldaten sind, liegt daran das die Bilder innerhalb eines Tages auf zahlreichen arabisch sprachigen Internetseiten kursierten. Selbst in Afghanistan und in Arabischen Ländern hat man das neue Medien bereits entdeckt und so kann es zum guten wie auch zum schlechten eingesetzt werden – wie bei uns.

  2. Also ehrlich, ich verstehe die Aufregung um diese Totenschädelgeschichten nicht. Um die Menschlichkeit unserer Gesellschaft muß es arg bestellt sein, wenn man sich um Totenschädel kümmert, während man lebende Mitmenschen verkommen läßt. Herr Wowereits kostenlose Kita sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein! Den meisten Politikern scheint es wurscht zu sein, wie unsere Jugend aufwächst. Solche jungen Menschen finden sich nun in einer Art Fremdenlegion wieder, obwohl sie noch gar nicht richtig erwachsen sind. Da unten in Afghanistan werden sie sich wahrscheinlich am Ende der Welt fühlen – ständig geplagt von schrecklicher Langeweile. Ich habe auch den Verdacht, daß etliche von ihnen dem vielzitierten Prekariat angehören und keine andere Berufsperspektive finden, als die Bundeswehr. Und gegen die will man jetzt „gnadenlos ermitteln“, weil ihnen das Pietätsgefühl fehlt? Wo ist denn überhaupt Pietätsgefühl in Deutschland? Wo Menschlichkeit als „Kuschelpolitik“ belächelt wird und politische Korrektheit als unkorrekt hingestellt. Wo von „Neiddebatte“ gesprochen wird, wenn jemand die Schere zwischen Arm und reich anspricht, um wenigsten eine kostenlose Kita zu einzufordern. Und jetzt will man junge Soldaten, denen offenbar noch niemand richtig erklärt, geschweige denn vorgelebt hat, was Menschlichkeit eigentlich sei, vor der Justiz fertig machen, damit die Mullahs uns nicht zürnen mögen? Hat denn unser Verteidigungsminister gar kein Herz für solche jungen Menschen? Wenn ich an den zivilen Alltag denke, wundere ich mich noch mehr. Ich finde die Berliner Idomeneo-Inszenierung unmöglich, unabhängig davon, wessen abgeschlagenen Köpfe da präsentiert werden und welche Botschaft damit präsentiert werden soll (in der Realität inszenieren Regisseure ja eh vor allem sich selbst und ihre künstlerisch ehrgeizige Eitelkeit). Wenn „Gutmenschen“ lächerlich gemacht werden, wie soll man da jungen Männern erklären, daß sie lieber nicht mit Menschenschädeln herum spielen, wenn sie keine andere Zerstreuung finden? – Vorgestern Abend fiel mir beim Anhören eines RBB-Inforadio-Kommentares die Kinnlade runter. Da stichelte der Kommentator gegen den Berliner Oberbürgermeister Wowereit in Sachen „politische Vergeßlichkeit“, indem er ihn mit einem Rinderwahnkranken verglich. Genüßlich eröffnete er seinen Kommentar mit der furchtbaren Wirkung des Rinderwahns auf das menschliche Gehirn. Wenn man sich im Radio einigermaßen vernünftig informieren will, bleibt einem in Berlin nur RBB-Info. Wo sogar dort derartige Pietätlosikkeiten vorfallen, weiß ich nicht mehr, wie ich Kindern noch Menschlichkeit erklären soll. Heute sah ich bei Lidl die BILD – mit den arrangierten Knochen und der Pistole. Ich habe mich lediglich gefragt, warum sich die Afghanen eigentlich nicht um diese Toten gekümmert haben, daß ihre Gebeine immernoch da rum liegen. Aber das Bild mit dem Soldaten und der Pistole regt mich nicht auf. Ich selbst bin keine Christin, aber mir fällt trotzdem ein gewisses Jesuswort ein, wo er dazu aufruft, sich um die Lebenden zu kümmern, um die Toten den Toten zu überlassen. Wir stören ja auch die Ruhe der alten Pharaonen und schleppen ihre Mumien in Museen. Na, dann laßt doch die Jungs in Ruhe. Erklärt ihnen, daß es eigentlich nicht so toll war und dann ist’s gut.

  3. „Nur zur Erinnerung: Im Iran bastelt ein Verrückter an einer Atombombe“. Diesen Mist kann ich nicht mehr hören. Man muß sich doch nur mal vor Augen halten, was mit den Meldungen in den Medien bezweckt wird, dazu gehören die „Skandal-Fotos“, wie auch das Märchen von einem aggressiven atombombenbauenden Iran. Die Fotos erschüttern unser Vertrauen in unsere Soldaten, wie auch unsere Marine dilletantisch hingestellt werden soll, kann sie Freund und Feind angeblich vorm Libanon nicht unterscheiden. Mir kommt es vor, als können wir demnächst mit einem größerern Zwischenfall rechnen, beim dem sich die Deutschen angeblich unkorrekt verhalten haben werden, wie jetzt schon schmuggelnde Passagierschiffe vor Polen, mysteriöse Flugzeuge vor dem Libanon und Totenschändung in Afghanistan. In der Heimat steht die Mehrheit nicht hinter Leuten von uns, die dort ihre Pflicht für ihr Land tun, auch wenn die Einsätze als solche fragwürdig sind, sind es dennoch unsere guten Leute, die dort die Birne hinhalten und gegen die jetzt die Muslime aufgehetzt werden wegen angeblicher Totenschändung. Die Übeltäter ist die Presse eher auf Befehle von irgendjemanden gehorchend, aber nicht der Wahrheit verpflichtet.Die Mär vom bösen Iran, der tatsächlich sich aber an alle internationalen Verträge hält, ist genauso eine Aufhetzung, der sogar die Autoren der Beiträge hier verfallen. Nur zur Erinnerung: Der Iran hat seit Jahrhunderten keinen Angriffskrieg geführt – jetzt auf einmal soll das anders sein? Ich glaube das Problem ist ein ganz anderes. Man braucht den Krieg und das möglichst schnell, Denunzierung, Aufhetze, Wahrheitsverdrehung werden das schon richten und ein paar bescheuerte Deutsche, die sich nicht trauen werden sich angemessen durchzusetzen, ohne Rückhalt von zu Hause, wenn Sie als Kanonenfutter im Libanon oder Afghanistan dienen sollen.

  4. Zum einen glaube ich nicht, dass Berichte über das „angebliche“ Atomprogramm des Iran Propagandameldungen sind, die einen Kriegsgrund abgeben sollen. Der Iran wird in den nächsten Jahren mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kein Kriegsziel der USA sein, dafür fehlen die militärischen Mittel und der Rückhalt des Elektorats.-„Die Mär vom bösen Iran, der tatsächlich sich aber an alle internationalen Verträge hält, ist genauso eine Aufhetzung, der sogar die Autoren der Beiträge hier verfallen.“ Dieser „Mär“ bin ich dann wohl auch verfallen. Ich dachte nämlich, dass es sich bei dem Atomwafensperrvertrag um einen internationalen Vertrag handelt, den der Iran auch unterezeichnet hat. Wenn du hier andere Informationen hast, dann bitte ich dich, mir diese mitzuteilen. -Deiner Einschätzung bezüglich des Hochkochens der Schädelfotos teile ich hingegen. Nur sehe ich einen deutlichen Unterschied zwischen den (BILD)-Berichten hierüber und der Berichterstattung über den Atomkonflikt. Der Grund liegt m.E. an der Komplexität der Ereignisse. Um den Atomkonflikt hinreichend komplex darzustellen, bräuchtest du eine ganze Reihe mehr Zeilen, als ein paar Fotos zu zeigen, und anschließend selbst die moralische Insatnz zu spielen. Und wofür würdest du dich als Redakteur entscheiden, der an seine Leser denkt?

  5. Autor und alle Kommentatoren ausnahmslos sind sogenannte „Abwiegler“, Relativisten.Es kann eine Scheiße passieren wie will, man findet immer Gründe der Entschuldigung. Nicht ohne darauf hinzuweisen, dass man das auch „nicht richtig“ findet. Im Stile von „Dudu, hat das denn sein müssen?“.Ein bisschen Abu Ghureib – angesichts der Umstände…Ein bisschen Foltern – wo es doch da so herb ist…Ein bischen Leichenfledderei – wozu haben junge Soldaten einen Penis….Ja gehts noch?Merkt ihr nicht, dass dieses faschistoide Auswüschse sind?.Oder wiegelt ihr bewußt ab, weil ihr das faktisch und tatsächlich billigt und somit noch schlimmer seid als die Soldaten?Ihr kritisiert die Kritiker. Ihr demagogisiert die Sache als aufgebauscht und die Empörung als gespielt.Meine Empörung ist echt. Die über euch.Pfui!

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