Dürresommer und Schädlinge haben dem deutschen Baumbestand in den letzten Jahren schwer zugesetzt. Einige vertraute Baumarten werden gegen Ende dieses Jahrhunderts wohl nicht mehr existieren.
Neue Baumarten sollen helfen
Eine aktuelle in der Fachzeitschrift „Nature Climate Change“ erschienene Studie bringt es an den Tag: Aufgrund des anhaltenden Waldsterbens ist es mittlerweile ratsam, neue Baumarten aus Regionen anzupflanzen, die sich besser ans künftige Klima anpassen können als die hiesigen Baumarten der Gegenwart. Die Studie deutet an, dass es nicht gut um den deutschen Wald steht – die heimischen Baumarten leiden zunehmend unter den Folgen des Klimawandels.
Fichtensterben im Harz
Besonders betroffen ist die Fichte, sie stirbt zurzeit von allen Arten am schnellsten ab. Die in den letzten Jahren oft als Reinbestände angepflanzten Bäume werden vor allem Opfer des Borkenkäfers. Vor allem im Harz haben die Käfer bereits ganze Arbeit geleistet – dort gibt es mittlerweile fast keine alten Fichtenwälder mehr. Die Bäume sind aufgrund der Trockenheit zu geschwächt, um den Insekten Widerstand leisten zu können.
Auch viele Eichen sind betroffen
Ähnlich ergeht es der deutschen Eiche: Sie fällt besonders dem Zweipunktigen Eichenprachtkäfer zum Opfer. Er lädt seine Larven genauso wie der Borkenkäfer unter der Rinde der Bäume ab, wo sie schwere Schäden verursachen. Dadurch kommt es besonders bei den Stiel- und Traubeneichen zu bestandsbedrohlichen Rückgängen.
Zu den weiteren Baumarten, die es zum nächsten Jahrhundertwechsel wohl nicht mehr geben wird, gehören Ahorne und Eschen. Zu den Arten, die sie ersetzen könnten, gehören Erle, die Flatterbuche und die Hainbuche.
Die Angst um den Wald ist nicht neu
Bereits in den Achtzigerjahren läuteten in Deutschland die Alarmglocken: Der Wald sterbe, hieß es, und ohne sofortiges Handeln würden binnen zwei Jahrzehnten kaum noch gesunde Bäume übrig bleiben. Medien griffen das Thema auf, und Schlagzeilen wie „Saurer Regen über Deutschland. Der Wald stirbt“ dominierten die öffentliche Debatte.
Die Ursache für das vermeintliche Waldsterben wurde hauptsächlich in der Luftverschmutzung und dem daraus resultierenden sauren Regen gesehen. Insbesondere die Emissionen von Braunkohlekraftwerken, aber auch Industrie, Privathaushalte und Verkehr standen im Fokus der Kritik.
Erste Gegenmaßnahmen in den Achtzigern
Die Folgen dieser Umweltverschmutzung schienen verheerend: In einigen Regionen, wie Teilen des Fichtel- und Erzgebirges oder im Harz, waren tatsächlich deutliche Waldschäden zu beobachten. Die Reaktion auf diese Krise war bemerkenswert. Es bildeten sich breite gesellschaftliche Bündnisse im Kampf gegen das Waldsterben. Die Politik reagierte mit umfassenden Maßnahmen: Filteranlagen für die Industrie wurden eingeführt, Katalysatoren und bleifreies Benzin für Autos vorgeschrieben. Diese Schritte führten zu einer spürbaren Verbesserung der Luftqualität und einer Reduzierung des sauren Regens.
Kurzes Aufatmen in den Neunzigerjahren
Doch die Jahre vergingen, und der befürchtete großflächige Untergang der deutschen Wälder blieb aus. 1993 veröffentlichte das Bundesforschungsministerium eine Stellungnahme, die ein Absterben ganzer Wälder in Zukunft nicht mehr befürchtete. Im Gegenteil: Studien zeigten sogar ein beschleunigtes Wachstum der europäischen Wälder. Diese Entwicklung führte zu kontroversen Diskussionen. War das Waldsterben nur Hysterie gewesen? Die Meinungen gehen bis heute auseinander. Einige Experten argumentierten nun, dass die rechtzeitigen Gegenmaßnahmen eine Katastrophe verhindert hätten. Andere sehen in der Debatte eine Überreaktion auf natürliche Schwankungen der Waldgesundheit.
Ungeachtet dieser Kontroverse hat die Waldsterbensdebatte das Umweltbewusstsein in Deutschland nachhaltig geprägt. Sie gilt als einer der Gründe für den Aufstieg der Grünen und hatte erhebliche politische und gesellschaftliche Auswirkungen.
Der Klimawandel als neue Bedrohung
Die regelmäßigen Waldzustandsberichte der Bundesregierung zeigen, dass die Gesundheit der Wälder weiterhin Anlass zur Sorge gibt. Die Jahre 2018 und 2019 haben deutlich gemacht, dass der Klimawandel im deutschen Wald angekommen ist. Die Geschichte des Waldsterbens in Deutschland ist somit eine Geschichte des Wandels – von akuter Krise zu langfristiger Herausforderung.
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