Der Alltag in deutschen Schulen besteht meist aus Frontalunterricht. Lernstoff wird mithilfe von Büchern vermittelt, deren Inhalte sich seit Jahrzehnten kaum verändert haben. Wenn Filme angeschaut werden, spielen Lehrer diese mithilfe von Videokassetten und Röhrenfernsehern ab. Anstelle von Beamern gibt es in 95 Prozent der Schulen noch Overheadprojektoren. Nur sieben Prozent aller Schulen verfügen über Tablet-Computer – jene elektronischen Medien, die, wie Smartphones auch, durch ihre interaktiven und virtuellen Eigenschaften zu den Neuen Medien gezählt werden können. Zusammen mit dem Internet haben sie sich im schnelllebigen Alltag längst etabliert. In den Schulen schreitet die Digitalisierung dagegen nur im Schneckentempo voran. Was können die Neuen Medien für die Schulbildung leisten?
Ideen für neue Schulformen
Der britische Bildungsforscher Sir Ken Robinson vergleicht unser derzeitiges Schulsystem mit Fließbandarbeit in der Fabrik. Als Resultat der Industrialisierung lernen alle Kinder eines Alters das Gleiche – unabhängig ob sie dazu gerade fähig oder motiviert sind. Der Lernbedarf wird nicht individuell überprüft oder angepasst. Das Lernen läuft nach einem System und töte laut Robinson Kreativität.
In den Niederlanden gibt es deshalb ein neues Schulmodell. Die Schüler müssen keine schweren Bücher mehr schleppen: Ihr gesamtes Lernmaterial steckt in ihrem eigenen Tablet-PC. Die Stundenpläne stellt sich jedes Kind selbst zusammen und kann so genau das lernen, worauf es gerade Lust hat. Der Unterricht findet nicht frontal, sondern vielmehr als Workshop statt, in dem Kinder unterschiedlichen Alters eigenständig und spielerisch lernen. Fähigkeiten und Lernfortschritt werden durch das Gerät automatisch erkannt und die Aufgaben angepasst. Regelmäßige Gespräche mit Schülern, Eltern und Lehrern dienen zur Kontrolle.
Wichtige Kenntnisse vermitteln
In Deutschland ist so etwas zur Zeit noch undenkbar. Auf den Schulgeländen sind Smartphones und Co und somit der Zugang zu unendlichem Wissen tabu. In kaum einem Unterricht spielt das Internet überhaupt eine Rolle. Für die unzähligen neuen Jobs, die es in wenigen Jahren geben wird, werden jedoch ganz neue Kenntnisse, die sogenannten „Fähigkeiten des 21. Jahrhunderts“, benötigt. Der sichere und bewusste Umgang mit dem Internet ist eine davon. Doch Schüler können keine Medienkompetenz entwickeln, wenn sie nicht die Chance bekommen, zu lernen, wie das Internet funktioniert, wie man mit der Datenflut im Internet umgeht und welche Informationen wichtig sind und welche nicht.
Internet ist Alltag
Die Möglichkeiten digitalen Lernens sind vielfältig. Das derzeitige Schulsystem wird den technischen, virtuellen und interaktiven Anforderungen momentan noch nicht gerecht, weil die Neuen Medien kaum Erwähnung finden. Das „böse“, unbeherrschbare Internet ist Alltag – umso besser, wenn in der Schule gezeigt wird, wie man damit in einer digitalisierten Welt umgeht und lernen kann.
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