Drei New Yorker Ratingagenturen haben derzeit einen festen Platz in den internationalen Medien. Gerade muss sich der Euroraum mit beunruhigenden Einschätzungen über die Zahlungsfähigkeit schuldenbelasteter Staaten wie Griechenland, Portugal oder Irland durch Moody's, Standard&Poor's (S&P) und FitchRatings auseinandersetzen. Auch die USA geraten in ihrer national beispiellosen Haushaltskrise durch Ankündigungen einer Abwertung der Kreditwürdigkeit zusätzlich unter Druck. Aus dieser Problematik leitet sich die von politischer Seite laut werdenden Kritik über den zu großen Einfluss der Agenturen auf die globale Finanzmarktsituation ab. Doch wie funktioniert der Ratingprozess eigentlich?
Die Aufgabe einer Ratingagentur und ihre Umsetzung
Eine Ratingagentur ist ein für gewöhnlich privatwirtschaftlich operierendes Unternehmen, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Zahlungsfähigkeit anderer Unternehmen oder ganzer Staaten zu beurteilen. Die Ergebnisse dieser Beurteilung sind ein wichtiger Indikator für Investoren, die eine passende Geldanlagemöglichkeit suchen und Aufklärung über wahrscheinliche Risiken brauchen. Erhält eine Organisation eine schlechte Bewertung, wird damit in Frage gestellt, dass sie in der Lage ist, aufgenommene Kredite fristgerecht oder überhaupt zurückzuzahlen.
Kriterien für die Beurteilung der finanziellen Situation sind neben der Analyse der aktuellen und zukünftigen Zahlungsströme und Schuldenstände auch äußere Faktoren wie die konjunkturelle Lage, die Zinsentwicklung auf den betreffenden Finanzmärkten, zu erwartende staatliche Eingriffe in die Wirtschaft oder andere relevante politische Entscheidungen. Im Fall der aktuellen US-Schuldenkrise ist es beispielsweise essentiell, ob Regierung und Opposition zu einer Einigung über eine Erhöhung der Schuldenobergrenze kommen und die Vereinigten Staaten damit zahlungsfähig bleiben.
Das Ergebnis des Ratingprozesses wird schließlich in einer Buchstabenkombination dargestellt, die bei den meisten Ratingagenturen ähnlich ist. Fitch und S&P bescheinigen dabei einem ohne Einschränkungen zahlungsfähigen Unternehmen die Topbewertung „AAA“. Danach folgen „AA“, „A“, „BBB“, „BB“ usw. Feinere Abstufungen werden durch + und – dargestellt. Ab BB+ beginnt der spekulative Bereich, bei dem von einer Kreditvergabe abgeraten wird. Dieser Bereich wird als „Ramschniveau“ (Junk) bezeichnet. Die schlechteste Bewertung ist das „D“ und bedeutet nichts anderes, als dass der Organisation der Bankrott bescheinigt wird. Wer hier weiterhin investiert, kann mit hoher Wahrscheinlichkeit damit rechnen, dass der Kredit nicht zurückgezahlt wird. Aktuell haben EU-Staaten wie Deutschland, Finnland, Frankreich oder die Niederlande bei S&P die maximale Bewertung AAA. Portugal und Irland liegen dagegen nur noch bei BBB, Griechenland gar nur bei CCC und damit nicht mehr weit entfernt vom niedrigsten Wert.
Die Arbeitsweise der Ratingagenturen
Für eine umfassende Analyse der Finanzlage einer Institution reisen die Ratingexperten in Teams an und prüfen regelmäßig vor Ort alle relevanten Unterlagen. Die betreffenden Unternehmen oder Regierungen sind dabei gesetzlich verpflichtet, ihre Bücher offenzulegen und müssen die Agenturen außerdem auch selbst für ihre Arbeit bezahlen. Vor diesem Hintergrund ist es unbedingt notwendig, dass eine Ratingagentur unabhängig agiert, also dem zu bewertenden Unternehmen kein zu positives Ergebnis beschert und damit die wahre Finanzsituation verschleiert. Insbesondere in Bezug auf die Einschätzung der Zahlungsfähigkeit von Staaten muss eine Unabhängigkeit von politischen Institutionen wie den Regierungen oder Zentralbanken gewahrt sein. Diesbezüglich bestehen auch wiederum vom Gesetzgeber Regelungen, nach denen die Finanzexperten unbedingt die nach ihren Einschätzungen wahre Situation darzustellen haben.
Mithilfe welcher Rechenmodelle die Bewertung der Kreditwürdigkeit dann aber exakt bestimmt wird, ist ein gut gehütetes Geheimnis. Kritiker werfen den Agenturen daher vor, dass nicht klar ersichtlich ist, ob die Einschätzungen tatsächlich sachlich und unabhängig getroffen werden, oder ob nicht doch ein gehöriger Anteil Subjektivität mit einfließt.
Was bedeutet ein negatives Urteil für ein Unternehmen oder Staat?
Eine Herabsetzung der Kreditwürdigkeit kann, wie auch gerade im aktuellen Beispiel um die finanzschwachen EU-Staaten, massive Auswirkungen haben. Spekulanten wetten an den Börsen gegen die Aktien, Schuldtitel oder anderen Wertpapiere der betreffenden Organisation und senken damit deren Kurs. Für diese wird es dann zunächst schwierig, überhaupt neue Kredite zu erhalten. In jedem Fall aber werden deutlich höhere Zinsen anfallen. Außerdem kann es sein, dass Gläubiger ihre Schuldtitel verkaufen wollen. Laut Gesetz ist dies bei z.B. Investmentfonds sogar zwingend erforderlich, sofern das Rating auf Ramschniveau gefallen ist.
Das mit den Ratingagenturen ist so ne Sache. Finde es schade, dass heutzutage jeder seine Macht missbraucht. Ganz dem Sprichwort: „Gib Menschen Macht und du erkennst ihren wahren Charakter“. Es soll nun ja ein neues Ratingssystem geben, das Wikirating (http://www.supportnet.de/faqsthread/2398020). Ob sich das durchsetzen wird ist fraglich. Schließlich wird es angeblich per IP der Nutzer protokolliert, was ja besonders fraglich ist. Die Grundidee ist aber nicht schlecht, vieleicht sollte sich jeder, der sich anmeldet, sich mit seinem Personalausweis identifizieren.