Es sind oft gerade die allzu bezaubernd klingenden Wörter wie „blümerant“ oder „Gabelfrühstück“, die kaum noch benutzt werden in unserer Alltagssprache. Oder wussten Sie, dass das Gabelfrühstück laut Duden ein „bei besonderen [festlichen] Anlässen eingenommenes zweites Frühstück am späten Vormittag, bei dem zu alkoholischen Getränken pikant zubereitete kalte Speisen gereicht werden“ bezeichnet? Also schlicht und einfach den „Brunch“ in prä-anglophilen Zeiten beschrieb. Nun gut, Brunch ist kürzer, aber Gabelfrühstück klingt charmant – oder besser ausgedrückt, um auch gleich mal all diese französischen Einflüsse etwas einzudämmen, es klingt goldig, ja fast herzig.
Verschiedene Projekte im Gange
Um genau all diese liebreizenden Wörter nicht in absolute Vergessenheit geraten zu lassen, gab es in den letzten Jahren einige Bemühungen von unterschiedlichen Personen und Organisationen, die deutsche Sprache in all ihrer Vielfalt darzustellen und vielleicht sogar für eine Renaissance (eine Wiedergeburt natürlich) des ein oder anderen „bedrohten Wortes“ zu sorgen. Was die verschiedenen Wettbewerbe, Bücher und Homepages allerdings auch können, ist einfach nur mal wieder auf nette Weise hervorrufen, was es denn nicht alles für bedrohte Wörter gibt, welch Ausdrücke man schon lange nicht mehr gehört hat und das eventuelle Wiederaufnehmen des ein oder anderen fast vergessenen Wortes in seinen Wortschatz. Wir stellen einige Projekte, inklusive einiger Wörter vor.
Bücher: Rettungsversuche, Lexika, Liebeserklärungen
Bereits im Jahr 2005 veröffentlichte Bodo Mrozek sein „Lexikon der bedrohten Wörter“. Im Folgejhar erschien der Fortsetzungsband. Mrozek selbst bezeichnet sich nicht als Sprachwissenschaftler, sondern als „Wörtersammler“, der eher im feuilletonistischen Stil humorvolle Geschichten über vergessene Wörter erzählt. Mehr als 600 Wörter hat er dabei zusammengesammelt, darunter das eingangs beschriebene Gabelfrühstück. Weitere bedrohte Wörter, die wahre Leckerbissen sind: der „Hagestolz“, heute weitestgehend als Single bekannt, vergessene Jugendsprache vergangener Jahrzehnte wie dufte oder knorke oder auch zeitpolitisch und zeitaktuell gebundene Wörter mit Verfallsdatum wie der gute, alte Problembär oder der Elchtest. Das Buch avancierte zum Überraschungserfolg und hat heute sogar in vielen Schulen einen festen Platz im Unterricht.
Auch das von Professor Dr. Jutta Limbach herausgegebene Buch „Das schönste deutsche Wort„ setzt dort an, wo für viele die deutsche Sprache schon aufhört. Die aus einem Wettbewerb, der das schönste deutsche Wort suchte, hervorgegangen Einsendungen, werden in Form von „Liebeserklärungen“ vorgestellt und beschrieben. Gewonnen hat den Wettbewerb übrigens das Wort Habseligkeiten, das vielleicht noch nicht vollständig bedroht ist, jedoch auch immer seltener wird. Die Kinder wählten das Wort Libelle als ihren persönlichen Favoriten unter all den vorhandenen deutschen Wörtern. Der daraus resultierende Wettbewerb der bedrohten Wörter (siehe weiter unten) brachte allerdings die wahren Goldschätze hervor.
Nabil Osmans „Kleines Lexikon untergegangener Wörter“ überzeugt schon mit seinem Untertitel mit einer reichen und feinen Liste bedrohter Wörter. Denn eine Auflistung „von Afterkind bis Zungenheld“ verspricht so manch überraschendes Wortgut aus vergessenen Zeiten. Er nimmt dabei Rücksicht auf alle Wörter, die seit dem Ende des 18. Jahrhunderts seltener oder vergessener wurden.
Bedrohte Wörter: Die Homepage
Aus Mrozeks Buch heraus entwickelte sich alsbald eine Plattform im Internet, die nun auf einer „Roten Liste“ alle möglichen bedrohten Wörter sammelt. Besucher auf der Homepage können dort Wörter melden, die Sie vom Aussterben bedroht vermuten, und im Forum über all die wunderbaren Wörter „schnacken“. Und was da nicht alles für bedrohte Wörter, Dialektreste und längst vergessene Kosenamen zu finden sind. Es frohlocken Eumel und Firlefanz, die Kaltmamsell darf über Gummiadler keppeln und Käseigel piesacken – die Auswahl ist groß, und das Wiederentdecken und Neuerlernen eine wahre Augenweide.
Wettbewerb zum „Schönsten bedrohten Wort“
Einige der Retter der deutschen Sprache, darunter eben auch die oben genannten Mrozek und Limbach, haben in einem großen Wettberwerb mittlerweile auch das „schönste bedrohte Wort“ gekürt. Aus mehr als 2000 Einsendungen kürten die Jury, der unter anderem auch Eva Menasse und Jakob Hein beiwohnten, das schönste der bedrohten Wörter aus. Das im Moment sehr beliebte blümerant schaffte es dabei immerhin auf den zweiten Platz, der Schlüpfer rundete die Top 10 ab. Laut Jury ist das aller, allerschönste der bedrohten Wörter jedoch eines, dass schon seine Besonderheit, Schönheit und Persönlichkeit in seiner Bedeutung trägt: Das Kleinod ist der Gewinner – und sollte unbedingt geschützt werden.
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