Wann darf man laut Festnahmerecht jemanden selbst festnehmen?
Zunächst einmal nicht willkürlich oder nur auf bloßen Verdacht, sondern aufgrund einer „frischen Tat“, d.h. auch im Rahmen einer Verfolgung. Die Straftat muss nach geltender herrschender Auffassung auch tatsächlich begangen worden sein.
Ein „dringender Tatverdacht“ genügt im Festnahmerecht demnach nicht, allerdings genügt dieser um die Voraussetzungen der Festnahme zu bejahen.
Es ist generell sinnvoll, so schnell wie möglich die Polizei zu rufen bzw. den entsprechenden Sicherheitsdienst, der verantwortlich ist.
Wenn man z. B. kein Telefon zur Verfügung hat, dann sollte der Festgenommene am besten zur nächsten Polizeidienststelle gebracht werden, sofern dies nicht gefährlich ist. Fesselungen an Armen und Beinen sind erlaubt, soweit sie notwendig sind. Notwendig wären sie z.B., wenn der Täter aggressiv ist, flüchten will, Widerstand leistet etc.
Auch das Abnehmen von Schlüssel, Fahrrad etc. ist (verhältnismäßig) erlaubt, soweit dies dem Ziel dient, die Flucht zu vereiteln.
Dem Festgenommenen ist der Grund bekannt zu geben, wenn es ein Ausländer ist, reicht das aber auch auf Deutsch, ein Dolmetscher muss deswegen erst mal nicht hinzugezogen werden. Der Tatverdächtige darf nur so lange festgehalten werden, wie es notwendig und erforderlich ist, also bis die Polizei eintrifft.
Wer den Straftäter persönlich kennt und weiß wie er heißt, bzw. wo er sicher zu finden ist und seine Personalausweisdaten hat, der darf ihn nicht einfach festnehmen, da der Festnehmende anderenfalls Ermittlungsverfahren wegen Nötigung, Körperverletzung oder Freiheitsberaubung etc. riskiert. Ausnahme ist natürlich, wenn die ernsthafte Gefahr besteht, dass der Täter flüchtet oder untertaucht.
Das Festnahmerecht ist kein Mittel zur Selbstjustiz
Die Festnahme selbst muss auch angemessen, d.h. verhältnismäßig sein und ablaufen. Die Festnahme darf also nicht bei den geringsten Vergehen zu einer erheblichen Verletzung des Täters führen. Das heißt, man darf keinen Dieb erschießen, weil er versucht wegzulaufen (vgl. BGH NStZ-RR 1998, 50).
Überschreitet der Festnehmende die angemessenen Grenzen, weil er z.B. den Täter festnehmen will ohne ihn auf frischer Tat ertappt zu haben oder z.B. brutale Gewalt anwendet obwohl der Festgenommene „nur“ flüchten will oder handelt er so darf der vermeintliche Täter wiederum auf eine Notwehrsituation berufen und sich dementsprechende wehren, um die Festnahme abzuwehren. Selbstjustiz ist also nicht gedeckt.
Wenn der Täter jedoch Straftäter nach § 126 Absatz 1 StPO ist, sich vehement wehrt und auch versucht den Festnehmenden anzugreifen, so besagt das Festnahmerecht, dass der Festnehmende sich wieder im Rahmen der Notwehrsituation schützen darf. D.h. es ist ist für ihn erlaubt „härter zuzupacken“ bzw. seinerseits Gewalt anzuwenden.