Doping!

Jan Ullrich, unser Held, der kleine dicke Junge aus dem Osten, er sitzt Zuhause und versteht die Welt nicht mehr. Er darf nicht mehr mitspielen, weil er beim bescheißen erwischt worden ist. Dabei hat er uns und seinen Bossen doch seit vielen Jahren so viel Freude bereitet. Freilich – nicht nur Freude. Gelegentlich musste Rudys Sohn von Papa von der Polizeiwache abgeholt werden: Ein verbeulter Fahrradständer am Freiburger Bahnhof und Ecstasy in der Disko. Und dann hat er auch noch Frau und Kind sitzen lassen. Egal, solange die Inszenierung stimmt, vergibt das Publikum fast alles. Das ist jetzt vorbei! Seit kurzem ist Ulle arbeitslos. Die gerechte Strafe hat ihn ereilt.
 
Ich liebe den Radsport, immer noch. Eigentlich wollte ich in diesem Jahr nichts mehr von der Tour wissen, aber es geht nicht. Ich war enttäusch, gekränkt und verletzt, nachdem herauskam, dass das halbe Peloton Geschäfte mit diesem spanischen Giftmischer macht und dass auch Ulle dazugehört hat. Das Armstrong nicht sauber war, dass musste man ja schon unterstellen, allein schon, weil er aufgrund seiner kalten Gier so unsympathisch war. Aber all die anderen – nein!
 
Radsport ist wie das Leben: Es gibt Sieger und Verlierer. Es gibt große Qualen, es gibt große Heldentaten, Glück und Pech. Manchmal lohnt sich die größte Anstrengung, ein anderes Mal wird der tüchtige Bestraft. Schön finde ich, dass auch die Kleinen eine Chance haben auf Etappengewinne, dass die Großen ihnen gelegentlich etwas übrig lassen – außer Lance natürlich und Eddy Merx. Es gibt Gerechtigkeit und es gibt auch Betrug – alles irgendwie in der Balance. Bis jetzt war das so, und deshalb war Radsport so schön. Und dazu ließt Herbert Watterot, die Stimme des Radsports, bei der Übertragung irgendeiner Überführungsetappe aus dem Baedecker vor.
 
Aber jetzt ist alles versaut! Bisher hatten nur einige wenige an den verbotenen Früchten geknabbert. Die konnte man leicht aussortieren. Nun aber scheint es so, als hätten alle, aber auch wirklich alle, die Jahresernte der Paradiesäpfel unter sich aufgeteilt und kollektiv aufgefressen – ohne sich dafür zu schämen. Erik Zabel sagte neulich, er kenne nur einen einzigen Rennfahrer, der sauber ist, und das sei sein 12-järiger Sohn. Floyd Landis bricht auf der vorletzten Bergetappe ein, kommt aber am nächsten Tag zurück und gewinnt schließlich die Tour. Ging das mit rechten Dingen zu – hat ihm nicht vielleicht doch eine „spanische Blutdusche dabei geholfen? Andreas Klöden, bisher nur die Nummer zwei bei T-Mobil, streckt die Hand nach dem Toursieg aus und wir schließlich durch eine starke Leistung dritter. Kann das sein, immerhin ist seine Mannschaft auch nicht mehr so ganz ohne Makel.
 
Überall ist jetzt der Wurm drin. Die Freude ist getrübt, immer hat man im Hinterkopf den Verdacht, da könnte was nicht stimmen. Der Sport, mein Lieblingssport, hat durch den Beschiss seine Unschuld verloren. Es wird schwer, ihm die Treue zu halten.

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5 Meinungen

  1. Hat man Ihnen die Illusion geraubt, den Glauben an die Ehrlichkeit einer Institution und deren Vertreter? Fallen Sie nicht mehr auf den schönen Schein herein? Kalte Geldgier und Erfolg um jeden Preis, egal, was das Publikum empfindet, wenn es hinter die aufgedeckten Kulissen blicken muss? Das ist denen scheißegal, denn die wissen, es geht ja trotzdem immer weiter, weil es genügend Leute gibt, die sich dennoch halbwegs begeistert zeigen und zuschauen, hinlaufen und zahlen, weil diese es sich persönlich, ohne das, was ihnen bisher so viel gegeben hat, nicht vorstellen können, und sie daher keine deutlichen Konsequenzen zu ziehen und dem Ganzen eine deutliche Absage zu erteilen in der Lage sind. Und weil die Institutionen wissen, wie schnell die Betrogenen vergessen, wird sich nichts ändern, nicht in der Politik, nicht im Sport, nicht in der Kirchengeschichte. Sehen Sie, genau so ging es mir eben mit der Institution Kirche, ihrer Geschichte, ihren Vertretern und ihrem äußeren Schein. Pfui Teufel, wenn man hinter die Kulissen blickt und nur nackte Gier auf Macht, Geld und Einfluss in eigener Sache übrigbleibt.Willkommen in der nüchternen Realität, Herr Conrads, aber ich glaube kaum, dass ein Mann sich ganz von selbst den Schleier vom Gesicht ziehen kann, der allen Ernstes sagt, der Glaube erhebe den Anspruch, die Welt und ihre Zusammenhänge widerspruchsfrei erklären zu können. Diesen Schleier, ach, was sage ich, dieser dicke Schafspelz muss Ihnen wahrscheinlich schon gewaltsam vom Gesicht gerissen werden bei so viel hartnäckiger Verdrängung und Festhalten an der Glaubensillusion eines personifizierten guten Gottes. Aber ich bin ja auch noch da, gell !!

  2. Focus online hat letztes Jahr einen Bericht des Statistischen Bundesamts veröffentlicht, wonach Verheiratete besonders häufig übergewichtig sind. Am schlanksten seien ledige Frauen (… ich, zum Beispiel). Doch so lange die überflüssigen Pfunde gesundheitlich vertretbar sind, würde ich sagen: Schwamm drüber! Wenn den Partnern die Ehe so gut schmeckt, dann ist das doch wichtiger als eine Wespentaille, oder? Von Christian Morgenstern stammt das Zitat: Alles, was man mit Liebe betrachtet, ist schön! Recht hat der Mann. Also, vergesst das Statistische Bundesamt, genießt das leckere, gemeinsame Essen und seid weiterhin nett zueinander.

  3. Hallo Maria,da kann ich nur sagen: Recht hast Du. Danke. Christina

  4. Zwei Dinge noch: 1. Liebe geht nicht durch den Magen. Sprich: wenn keiner den anderen mit vorzüglichen Gerichten verwöhnt, schmälert es nicht den Wurf. Ich oder wir sind ein lebendiges Beispiel dafür. Niemand von uns kocht gerne (ich bekomme richtig schlechte Laune davon …) und ich behaupte sogar, dass wir soweit gehen, es aus Liebe nicht von dem anderen zu verlangen. Man kann ja auch Essen gehen oder sich ein Brot machen ;-)2. Ich habe neulich mal gelesen, dass sich Singlefrauen in der Regel gesünder ernähren als Singlemänner. Trifft die eine nun auf den anderen, übernimmt der Mann viel von ihren Essgewohnheiten und sie viel von seinen. Am Ende nimmt sie in einer Beziehung zu und er ab.

  5. Gut gut, dann geht Liebe eben nicht IMMER durch den Magen. Und wenn sich zwei treffen und lieben lernen, die mit kochen und/oder Essen nichts am Hut haben, umso besser. Für mich ist Essen und Kochen beidermaßen Lustgewinn. Natürlich mache ich mir auch manchmal ein Sojasprossenbrot oder gehe essen ;-). Greetz, Christina

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