Der Chef der Drogeriemarktkette "dm" Götz W. Werner hat vor kurzem mal wieder die Diskussion über ein Grundeinkommen entfacht. Er differenziert dabei zwischen Arbeitsplatz und Einkommensplatz des Arbeitnehmers, was soviel bedeutet wie, die Menschen arbeiten meist unzufrieden und unkreativ vor sich hin, um mit Ihrem Einkommen einen gewissen Lebensstandard zu halten. Das Beste aus sich selbst holt man jedoch heraus, das wissen wir doch alle, wenn man das tut, wobei wir Spaß haben und was unseren wirklichen Talenten und Fähigkeiten entspricht.
Wenn man sich nun als Künstler berufen fühlt, bedeutet das die Konzentration auf die eigene Arbeit. Ein Bürgergeld, das ein einigermaßen würdevolles Dasein auch ohne drei Aushilfsjobs nebenbei ermöglicht, könnte a. die Zukunftsängste der Künstler minimieren, damit mehr Künstler auf den Plan rufen und b. die Kreativität steigern und somit auch die Qualität des Outputs. Das Würde natürlich auch die Konkurrenz steigern, aber die belebt ja bekanntlich das Geschäft.
Interessant am Modell Bürgergeld ist, dass es die Grundsatzfrage des Künstlers trifft. Muss ich mit meiner Tätigkeit Geld verdienen? Die Freiheit, sich so eine Frage stellen zu dürfen, ist wenn überhaupt ja nur dem Künstler gestattet. Mit dem Grundeinkommen allerdings, könnte sich jeder Bürger diesen Freiraum in seinem selbst gesteckten Aufgabengebiet nehmen. Dort könnte sich, abgekoppelt vom ständigen Gedanken an das liebe Geld, eine enorme Kreativität breit machen.
Bei solchen Aussichten bekomme ich ja glatt seherische Fähigkeiten. Ich sehe eine Gesellschaft, in der Eltern wieder mit ihren Kindern spielen, Familienmitglieder sich gerne um ihre Alten kümmern, ohne auf die Erbschaft zu geiern, Menschen reden wieder miteinander, ohne ständig auf die Uhr zu schauen. Machen wir uns nichts vor, ob nun Künstler und nicht, im Kleinen sind wir alle Opfer und Täter unserer tollen Marktwirtschaft (Selbstversklavung). Hier kommen wir nur raus, wenn wir etwas Mut aufbringen, und uns komplett auf neue Schienen stellen. (Politik der neuen Schienen)
Ich weiß, das hört sich alles utopisch an, aber über den Tellerrand hinaus zu sehen, kann ja auch nicht schaden. Jedenfalls glaube ich nicht, dass mit einer Einführung des Bürgergelds, plötzlich alle erst um halb eins aufstehen, und danach vor der Glotze hängen.
Hi Lars Roth!Ich bin ein Internetspaziergänger und bin mittels google unter „Grundeinkommen“ auf Deinen Artikel gestoßen. Die Wahl der Qual des Anclickens hatte ich bei zur Zeit 517.000 Suchergebnissen. Ich hab mich für Seite 10, den 452. Eintrag entschieden…Vor 1,5 Jahren gab es zu diesem Thema nur 700 Einträge.Deinem Artikel möchte ich nur etwas ergänzen. Zunächst einmal ist es interessant, daß außer Werner Götz noch sehr viele andere „BGE“ (bedingungsloses Grundeinkommen)-Fans gibt. Das politische Spektrum reicht hier von links bis rechts. Man findet entsprechende Menschen bei den Grünen, PDS, SPD, CDU (ganz ganz früher z.B. Biedenkopf), FDP (Götz Werner) sowie bei Anarchisten und in Arbeitslosen-Inis.Zunächst etwas über die Widerstände im „linken“ Lager. Im „linken“ Lager tut man sich allerdings sehr schwer mit so einem Grundeinkommen. Wer z.B. fest daran glaubt, daß „wir“ (noch) in der Epoche des Kapitalismus leben, versteht die Welt nicht mehr, wenn mitten in diesem ohne rollende Köpfe sowas „urkommunistisches“ wie das Grundeinkommen „eingeführt“ würde. „Kommunismus“ im Sinne von „jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen“.Haben sich etwa die alten „Kommunisten“ (Marx, Engels, Mao, Luxemburg, Zetkin, Lenin, Bebel….) geirrt?Dazu kommt noch, daß viele „linke“ ja unsren „Herrschenden“ unterstellen und verübeln, daß sie ohne Arbeit „Geld“ bekommen. Wer nicht arbeitet soll auch nicht essen, so spukt es in vielen Köpfen.Ein Grundeinkommen würde die „revolutionären“ Kräfte lähmen. Bekanntlich sind menschen besonders „revolutionär“, wenn sie kurz vorm Verhungern stehn. Wer schafft dann den Kapitalismus ab?Natürlich ist niemand gezwungen unsere heutige Gesellschaft als „kapitalistisch“ zu interpretieren. Man kann sie auch als „sozialistisch“ mißverstehen. Es ist eh schwierig in unsrer Gesellschaft eine „Klassengesellschaft“ zu „sehen“. Ein „klassenloser“ Kapitalismus ist jedoch auch etwas seltsam. Wie auch immer, mit diesem Grundeinkommen müßte viele ihr liebgewonnenes Weltbild komplett umwerfen.Ähnliches Widerstände findet man unter Anarchisten. Ein Grundeinkommen in „Geld“ läuft auf der Erhalt des „Staates“ hinaus und wenn „alle“ Geld kriegen, fehlt auch hier der soziale Zündstoff um den lieben Staat zu zerschlagen…Auch die Gewerkschaftsfreunde wittern hier ihre eventuelle Überflüssigkeit. Wenn man grundversorgt ist, kann man sogar „umsonst“ arbeiten.Eine weitere Frage lautet: würde Nulltarif auf Existenzsachen (essen, wohnen, fahren, kleiden, surfen) nicht ein ähnliches Ergebnis bringen, wie Grundeinkommen. Klar, das eine schließt das andere nicht aus?Zur Frage „Utopie“ vielleicht noch was: der BRD-Staat gibt bereits im Durchschnitt pro Bürger 700 Euro/Monat aus (Arbeitslosengeld, Bafög, Rente, Krankengeld, Wohngeld…). Würde man alle Transferleistungen zusammenlegen und automatisch an jeden Bürger ein Grundeinkommen auszahlen, spart man sich einen ins unermeßliche wachsenden Kontroll-, Schikane- und Verteilungsapparat. „Bedürftige“ gäbe es dann nicht mehr. „Finanziell“ betrachtet wäre so ein BGE sogar ein „plus“-Geschäft. Zur erinnerung: teilt man die EU-Landwirtschafts-Subventionen durch die Anzahl der Bauern, kommen ebenfalls gigantische Bauern-Gehälter heraus, die aber kaum ein Bauer jemals sieht. Bei der Kontrolle und Verteilung versickert der meiste Zaster. Folgerichtig sind die EU-Landwirtschafts-Komissare auf den Gedanken gekommen, die Kohle an jeden Bauern ohne Kontrolle, d.h. bedingungslos, auszuzahlen, dabei spart man Geld. (Was immer „Geld“ auch sein mag).Noch mehr Licht in diese düstere Angelegenheit erhält man wenn man die Erwerbstätigen-Statistik studiert. Von schlappen 80 Mio Bundesbürgern sind überhaupt nur 38 Mio erwerbstätig. Mehr als die Hälfte existiert also ohne „eigene“ Erwerbsarbeit, diese Menschen sind von irgendwas und irgendwen abhängig (Eltern, Staat usw).Das „eigentliche“ utopische an dem BGE ist also nicht der auszuzahlende Zaster für jeden, sondern die Frage, ob man die Kontroll- und Schikanemechanismen bei der schon realen Auszahlung in kleinen oder großen Schritten auf Null zurückfährt. Na dies ein paar weiterführende Gedanken!SelamlarPerestroika
Vielen dank für deinen langen Kommentar. Natürlich hast du recht mit dem was du sagst. Es ist ja meistens so, dass die Projekte nicht an den äusseren Dingen scheitern , sondern im Kopf und da kommt man mit Argumentation nur dran, wenn eine gewisse Offenheit beim Gegenüber da ist. Die ist leider bei vielen nicht vorhanden, aus Gründen die du gut beschreibst
Gab es zu dieser Thematik nicht irgendwie mal ein Spielgel einen sehr schönen Artikel? Ich werd mich mal auf die suche machen, der war wirklich sehr interessant … bis später
Online Umfrage GrundeinkommenAuf http://www.zukunft-grundsicherung.de steht ab sofort ein Fragebogen zum Thema „Grundeinkommen“ online.An der Meinungserhebung können alle Personen teilnehmen, welche Interesse haben, die Forschungsarbeit zu unterstützen.Der empirische Fragebogen steht im Zentrum der Master-Thesis des MBA ISMOS Lehrganges Sozialmanagement der Wirtschaftsuniversität Wien zum Thema „Grundeinkommen und die Frage der sozialen Gerechtigkeit“.Die zentralen Anliegen der Meinungserhebung sind:Einstellung gegenüber dem bedingungslosen GrundeinkommenGerechtigkeitsvorstellungen in Bezug auf das bedingungslose GrundeinkommenDer Link zur Online Umfrage:http://www.zukunft-grundsicherung.de/umfrage/