Der Stress mit der Stressvermeidung…..

(Foto: PixelQuelle.de/Karin Schmidt)
Der Wörtchen Stress ist ein vielbenutzter Begriff. Die Vokabel „stress“ (engl.: Druck, Anspannung) stammt ursprünglich nicht aus der Psychologie oder Medizin, sondern aus der Werkstoffkunde und bezeichnet den Zug oder Druck auf ein Material. 1936 entlehnte der Zoologe Hans Selye den Begriff dann, um ihn auf das Menschenmaterial  anzuwenden und so unspezifische Reaktionen des Körpers auf jegliche Anforderung zu benennen.
 
Seitdem ist das unangenehm klingende Wort regelrecht zum Synonym unserer Zeit geworden. Um das Unwort des letzten Jahrhunderts zu vermeiden, sprechen wir heute statt von Menschenmaterial lieber von  Humankapital. Unglücklicherweise bleibt aber auch dieses Kapital nicht vom Stress verschont.
 
Biologisch/zoologisch wird das unangenehme Phänomen so definiert: Beim Auftreten einer akuten Gefahrensituation, zum Beispiel der Begegnung mit einem Fressfeind oder einem innerartlichen Aggressor, wird das Humankapital in maximale Handlungsbereitschaft versetzt. Zu diesem Zweck wird der Körper mit dem Nebennierenhormon Adrenalin überschwemmt. Die Muskelspannung erhöht sich, der Hautwiederstand nimmt zu und der Blutdruck steigt. Alles Voraussetzungen für erfolgreiche Gegenaggression oder schnelle Flucht. Aber der Alarmzustand beschränkt sich nicht nur auf das vegetative System, denn die relativ langsame Informationserarbeitung des Großhirns wird in ihrem Einfluss zurückgedrängt damit schematische Entscheidungsmuster des Stammhirns schnellstmögliche Reaktion gewährleisten. Dies geschieht durch veränderte Ausschüttungsmuster von dämpfendem Serotonin und anregendem Noradrenalin in den betreffenden Gehirnteilen.
 
Zum Glück sind Fressfeinde zumindest in unserer Wohlstandsgesellschaft ziemlich selten.


(Foto: Mein persönlicher Fressfeind von nebenan) Der will nur spielen…..mit meinem Unterschenkel!


Da aber selbst der Pitbull des Nachbarn mittlerweile satt und bemaulkorbt in seinem Zwinger döst, macht das Abarbeiten der stressbedingten Körperreaktionen einige Mühe. Diese Mühen lassen sich am sinnvollsten in körperliche Betätigungen wie Sport und Sex investieren. Hier erzielt das Humankapital einen optimalen Payback-Effekt in Form von Spaß und Fitness.
 
Schwieriger ist der Umgang mit…. ähhhhh das Management von Entscheidungen, die im Stammhirn getroffen wurden. Solche Reaktionen werden gerne als unreflektiert bezeichnet und können ziemlich suboptimale Konsequenzen nachsichziehen. Wenn wir Glück haben, machen wir uns bloß lächerlich, im schlimmsten Fall brechen wir dem reklamationswütigen Kunden das Nasenbein, beißen dem hilflosen Pitbull ein Ohr ab oder verkaufen gar unsere Wertpapiere ohne Limit….


Ganz offensichtlich steigert eine erfolgreiche Stressvermeidung und Verarbeitung unsere soziale und sozioökonomische Kompetenz, da stressbedingte Verhaltensmuster nicht nur dem Körper schaden, sonder auch von der Umwelt negativ sanktioniert werden! Es ist also überlebenswichtig, Stresssituationen zu vermeiden. Hier wird die Sache nun hochnotpeinlich, die Stressvermeidung wird zum Stressfaktor. Die immerklugen Psychologen, Coaches, Trainer und Consultants liefern uns aber erfreulicher- und völlig uneigennützigerweise ein reiches Instrumentarium zur Bewältigung dieses Horrors. Mit Methoden wie Autogenem Training, Biofeedback, Neurofeedback, Mindmachine, Progressiver Muskelrelaxation (PMR) oder MBSR „Mindfulness Based Stress Reduction“ sollen wir die Stressbedrohungen abwenden.


Bloß versuchen sie mal „Mindfulness Based Stress Reduction“ zu praktizieren, wenn Ihnen bereits das Wort Stressvermeidung den Angstschweiß auf die Stirn treibt. Ich kann Ihnen keine Lösung des Dilemmas anbieten, nur soviel sei gesagt: Wenn Sie bei der Stressvermeidung versagen, sind Sie verdammt schnell erledigt – menschlich und beruflich und zu recht!


Sie sind verantwortlich für Ihren Stress und zwar eigenverantwortlich, daher sind Sie auch der Alleinschuldige, wenn Sie jetzt schon wieder versagen! Tun Sie endlich etwas, machen Sie einen Mittagsschlaf bevor es entgültig zu spät ist!



Die Chefarztfrau

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13 Meinungen

  1. Die Themengruppe soll wohl „gesundheits blog » Es darf gelacht werden…“ heißen, tatsächlich steht da aber „gesundheits blog » Es darf gelcht werden…“Oder soll es womöglich gelyncht statt gelacht heißen?

  2. Mach keinen Stress Mann……

  3. Michael Glockenmeier

    „Im Streß“ zu sein ist so eine Art Statussymbol – weil es zeigt, wie wichtig man ist. Am besten 7 Tage pro Woche 16 Stunden arbeiten, immerzu unterwegs und eingebunden in „hochwichtige“ Projekte, dann wird die eigene Bedeutung und Unentbehrlichkeit erst so richtig fühlbar. – Sind wir wirklich dafür geschaffen worden oder hat unser Dasein einen anderen „streßfreien“ Zweck?Von Aldous Huxley habe ich mir gemerkt: „Arbeite intensiv, aber nie angestrengt.“ Macht Sinn.Gruß, Michael Glockenmeier

  4. ChefarztFrauenFreund

    Zitat: …“, da stressbedingte Verhaltensmuster nicht nur dem Körper schaden“Wers glaubt.Wenn man mal vom tätig werdenden Pitbull absieht ist Stress normal. Und für den Körper eine kleine willkommene Anregung wie Treppensteigen, mit den eigenen Sprößlingen schimpfen und Ersazweise den Hund Gassi führen. Denn auch da braucts höheren Blutdruck für, Adre- und andere Nalins swie die Bereitschzaft niederer Hirnareale, da wir ja nicht 24/7 rational durch die Gegend leben.Der Beleg der Schäödlichkeit steht also logisch und empirisch aus..Zudem: Stress ist ein suuuper Krankheitserklärungsansatz. Jeder Kranke ist gerne aus Stress krank. Nicht so gerne hingegen, weil er Pech hatte oder papa und Mama ihm Scheißgene mitgegeben oder aber er stinkfaul und verfressen seinen Kreislauf ruiniert (indem Fall war Futtern natürlich eine Stressbewältigungsreaktion). Das Muster klappt bloß nicht bei Infektionskrankheiten, denn bei „ich hatte so viuelk Streß im Job, da musste ich einfach so lange rumhuren bis ich AIDS hatte“, das überzeugt nicht so ganz.Von daher ist Streß suuuperklasse, da man immer auf Mitgefühl zählen kann wenn man aus Streß – quasi wie der Kriegsversehrte mit abbem Bein – krank geworden, gar sich aufgeopfert hat im Dienste von höheren Pflichten. Und da kommen wir endlich auf den Punkt: Die Argumentation hat schließlich einige parallelen mit den motiven junger, 5 mal am Tag betender Männer (und zunehmend auch Frauen, seien wir indiskriminierend), die im Dienste von Djhad oder anderen höheren Kriegen sich selbst gänzlich bis zum bösen Ende hingeben. Was dem Selbstmordattentäter seine 70 Jungfrauen sind dem „Aus-Stress-Kranken“ die Achtung, das Mitgefühl und die Selbstachtung.Und gegen reilgiös inbrünstige Überzeugungen (Meme nach Dawkins) können auch die paar verbliebenen und aufrecht rational operierenden Normalneuronen nichts ausrichten…

  5. @ChefarztFrauenFreundAch verdammt, Du alter Nörgler…….Aber bei StreSS kommt mir gleich Frau franziska_badenschier@spiegel.de in den Sinn. Wie geht das denn nu’ weiter mit der armen Frau? Und ihrer Megawichtigen Entdeckung und überhaupt. Mir hat sie noch nicht geantwortet…….Ach ChefarztFrauenFreund, jetzt weiß hier keiner wovon ich überhaupt rede, aber das ist ja meistens so! Nun wen’s interessiert, der kann ja Franzi an-mailen, die freut sich bestimmt total!LG CAF

  6. Hallo Herr Scheer,das mit dem Enttäuschen ist ein nettes Wortspiel. Im üblichen Srachgebrauch ist „enttäuschen“ negativ besetzt, im Sinne von „Absprachen oder Versprechen werden nicht gehalten“. Eventuell sollte Ihr Junde weniger versprechen???Ich für meinen Teil werde weiterhin versuchen nicht zu enttäuschen!Viele GrüßeRolf Söder

  7. Danke Herr Söder!Das Wortspiel geht weiter, denn der Rat, dass mein Kunde weniger Versprechen sollte ist gut. Übrigens im Wort Versprechen stecken ja auch mehrere Bedeutungen…“ :-)!Schöne Grüße,Detlef Scheer

  8. Hallo Herr Scheer,Ich finde es faszinierend, was uns unsere Sprache eigentlich zu sagen hat… Sie schreiben von ent-täuschen. Viele Menschen möchten sich ja auch entwickeln. Vielleicht weil sie in ihrem Leben zu verwickelt sind… Also ent-wickelt man sich…Oder auch im Wort „VERANTWORTUNG“; steckt alles was man wissen muss: – man soll ab und zu in seinem Leben eine ORTUNG durchnehmen, und sich ANTWORTen darauf geben. Und dann muss man es umsetzen: TUN…Grüsse aus der SchweizStefan Dudas 🙂

  9. Lieber Stefan Dudas,Prima Kommenatr. Danke!Das schöne Wort Ver-Antwortung sagt uns ja noch viel mehr!Wenn jemand etwas ver-antworten kann, dann ist er in der Lage jederzeit Fragen zu dem, das er ver-antworten kann, beantworten zu können. Er hat also genug Wissen und Erfahrung, dies zu tun. Deshalb „trägt“ er auch die Verantwortung, gerne und leicht. Ein Thema, das ich als Führungskräftetrainer immer wieder in Seminaren habe!Die Führungsktäfte wollen delegieren, aber am liebsten nur die Aufgab, nicht die Verantwortung, also die dazugehörigen Kompetenzen. Daher wohl auch kommt der im Deutschen häufig missverstandene Wortsinn von „Verantwortung“ als „Schuld“ zustande. Schade eigentlich, denn so stielt sich eine ganze Gruppe (ein ganzes Volk?!) aus der Verantwortung. Niemand ist verantwortlich, also ist auch niemand in diesem Sinne „schuldig“. Wenn alle das, was sie tun auch verantworten könnten, stellte sich die Frage nach der Schuld häufig so gar nicht. Da bin ich mir ziemlich sicher. Denn der Einzelne käme dann voller Verantwortung eher auf diejenigen Antworten, die er auch verantworten könnte, moralisch. Denn das Wissen ginge immer über die eigentlioche Handluing hiansu. In der einen Richtung auf die Ursachen hin und in die andere Richtung auf die Wirkungen.Und das macht achtsam.Vielleicht nur eine schöne Utopie, aber vielleicht fehlt uns die auch gerade im Moment!Detlef Scheer

  10. Hallo Herr Scheer,ich kann nur sagen, dass ich es angenehm finde ent-täuscht zu werden. Denn nur dadurch kann man sich ent-wickeln. Zudem liegt es dann in meiner Ver-antwortung, daraus zu lernen.LG Birgit

  11. Die Ent-Täuschung ist ein schönes Wortspiel. Ich denke aber, dass wir uns vielfach gerne und willentlich im geschützen Raum der Täuschung belassen gesehen hätten. Leider ist ja nicht jede Enttäuschung produktiv zu verwerten und die (Selbst)Täuschung eine durchaus praktische Einrichtung um sich ein nicht allzu realistisches Weltbild zu erhalten. Ich spreche da aus ER-Fahrung 😉

  12. Auch wenn alle Begründungen sogar rational nachvollziehbar sind, auch wenn ent-täuschen die eigenen Entwicklung positiv fördern sollte, möchte ich lieber möglichst wenig ent-täuscht werden.Oder noch besser – erst gar nicht ge-täuscht werden fdann kann man auch nicht ent-täuscht werden.

  13. Stress ist so eine Sache. Im Leben hat man schon genug Stress, man sollte sich nicht auch noch Unnötigen machen.

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