Der Beipackzettel – Nicht nur für Hypochonder eine interessante Lektüre

(Foto:PixelQuelle.de/viocat)
Mit dem Charme einer Bedienungsanleitung für chinesische Dosenöffner werden wir in medizinischem Fachchinesisch über das Zeug in der Pilledose aufgeklärt. Struktur und Inhalt des Beilegers sind selbstredend genau durch das Arzneimittelgesetz definiert, auch die verwendeten Begriffe haben eine interpretationsfreie Bedeutung. Verständlicherweise sind selbst Doktorand und Doktorierte, während morgendlicher Kopfschmerzattacken nicht Willens oder überhaupt in der Lage, das Zettelchen angemessen zu würdigen. Damit wir auf die nächste Krise vorbereitet sind, schaue ich jetzt einfachmal bevor es weh tut in den Beipackzettel.
 
– Die „Zusammensetzung“ beschreibt, welche Stoffe das Medikament in welcher Menge enthält. Auch die  Darreichungsform, also ob es sich um Tabletten, Zäpfchen oder Tropfen handelt wird erklärt. Tatsächlich sind die Patienten, die eine Pille nicht mehr von einem Zäpfchen (Analgetikum???) unterscheiden können, entweder bereits Hirntod oder Analphabeten. Beide Zustände machen eine schriftliche Erläuterung überflüssig, vielleicht könnte aber eine Grafik der zweiten Gruppe helfen?
 
– Das „Anwendungsgebiet“ gibt weder über den geographischen noch anatomischen Ort der vorgesehenen Verwendung Auskunft, sonder nennt die Leiden zu deren Behandlung das Medikament geeignet und von den Behörden zugelassen ist.
 
– Die „Gegenanzeigen“ warnen uns vor Krankheiten und Zuständen die den Einsatz des Medikamentes ausschließen, auch Anzeigen gegen den Hersteller werden gerne mit Gegenanzeigen gekontert.
 
– Die „Nebenwirkungen“ Das ist selbstredend unser aller Lieblingsrubrik, wer schaut nicht zuerst nach den Nebenwirkungen (Von Profipatienten kurz „Newis“ genannt)? In aller Regel gehören auch die Symptome der aktuellen Erkrankung zu den „Newis“. Ein Medikament ist also niemals wirkungslos, es verursacht lediglich der Krankheit verblüffend ähnliche Symptome bei der Genesung. Werden Angaben über die Wahrscheinlichkeit möglicher „Newis“ gemacht, so bedeutet: Häufig: in mehr als 10 % aller Fälle; Gelegentlich: in 1% bis 10 % aller Fälle und Selten: in weniger als 1 % der Fälle. Warum haben ausgerechnet Sie und ich immer die seltenen „Newis“? Genau, wir sind eben besonders empfindsame Zeitgenossen!
 
Die „Wechselwirkungen“ An dieser Stelle werden alle Substanzen genannt, die bei gleichzeitiger Einnahme mit dem Präparat veränderte Wirkungen hervorrufen können. Auf Deutsch bedeutet dies, dass Sie ihren Alkoholkonsum kurzfristig unterbrechen sollen, aber das wussten Sie ja eh.
 
– Die „Dosierungsanleitung“ informiert über Menge und zeitliche Abstände, in denen das Medikament eingenommen werden muss. Die Einhaltung dieser Angaben ist obligatorisch, es sei denn, der Arzt hat eine andere Dosierung empfohlen. Dies bedeutet, die alte Regel „Viel hilft viel!“ findet hier keine Anwendung!
 
– Die „Art und Dauer der Anwendung“ sagt eigentlich nur, wie sie das Pharmazeutikum einnehmen sollen. Ob zerkaut, mit/ohne Flüssigkeit (Kein Alkohol!) und zu welcher Tageszeit die Arznei zu konsumieren ist, wird unter diesem letzten Punkt beschrieben.
 
Soweit die Theorie, in der Praxis werden Schmerzmittel gerne bis zum Verschwinden des Schmerzzustandes genommen, bzw. bis zum Eintritt der Bewusstlosigkeit, was in der Konsequenz das Gleiche ist. Zu den Antibiotika greift der zu Recht unmündige Patient nur solange, bis die Beschwerden nachlassen, was den armen Mikroorganismen die Gelegenheit gibt, ordentliche Resistenzen gegen das Präparat zu entwickeln. Antidepressiva und Schlafmittel schließlich, werden bevorzugt mit Weizenkornbrand oder Eau de Cologne runtergespült, weil doch alles so traurig ist und das bleibt es dann ja auch.
Lesetip:   Tabletten, Tropfen und Tinkturen



Also Prosit (Lat.: Wohlsein)!
Die Chefarztfrau

 

Keine Meinungen

  1. Zitat, PSYCHOLOGIE HEUTE“Der Erfolg dieses Konzepts ist inzwischen nicht nur für psychosomatische Krankheiten, sondern auch für psychische Störungen wie Depressionen oder Borderline-Erkrankungen belegt.“Aber was sind psychosomatische Krankheiten? Gehören Krebs, Aids und Bluthochdruck denn dazu? Solche Erkrankungen führen sicherlich zu psychischen Verletzungen, aber doch nicht umgekehrt oder kann man/frau Aids auch durch psychische Probs. in sich produzieren?Fragende GrüßeChefarztfrau

Schreiben Sie Ihre Meinung

Ihre Email-Adresse wird Mehrere Felder wurden markiert *

*