Corona-Krise zeigt Reformbedarf im Gesundheitswesen auf

Die Corona-Pandemie hält Deutschland und die Welt in Atem. Nach steigenden Infektionszahlen sahen die Bundesregierung und die Landesregierungen keine andere Wahl, als einen neuen harten Lockdown zu beschließen. Experten glauben, dass die strengen Beschränkungen die Pandemie kurzfristig eindämmen werden. Viele Wissenschaftler blicken aber über die aktuellen Maßnahmen hinaus und fordern Strukturreformen im Gesundheitswesen. Die Corona-Krise hat ihrer Auffassung einen enormen Reformbedarf vor Augen geführt.

Experten sind sich einig: Strukturreformen im Gesundheitssystem dringend erforderlich

Viele Mitarbeiter in medizinischen Einrichtungen und in Gesundheitsbehörden leisten momentan außergewöhnliche Arbeit. Sie verhindern noch größere Schäden und höhere Todeszahlen durch das Coronavirus. Mit einem reformierten Gesundheitswesen könnten sie die Pandemie aber effizienter bekämpfen, davon sind zahlreiche Fachleute überzeugt. So haben Wissenschaftler im Auftrag der Krankenkasse Barmer, der Robert-Bosch-Stiftung, der Bertelsmann-Stiftung und dem Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung in einem umfangreichen Thesenpapier zahlreiche Vorschläge unterbreitet. Viele Experten, die sich unter anderem in den Medien äußern, haben in den letzten Wochen ähnliche Forderungen aufgestellt. Es kristallisieren sich mehrere Bereiche mit drängendem Reformbedarf heraus:

  • Stärkung der Gesundheitsbehörden
  • schnellere Digitalisierung im Gesundheitssystem
  • Zentralisierung bei der ambulanten Versorgung und den Kliniken
  • mehr Personal

Bessere Ausstattung des öffentlichen Gesundheitsdienstes notwendig

Lange Zeit führten Gesundheitsämter ein Nischen-Dasein: In der medialen Diskussion kamen sie kaum vor, die verantwortlichen Landesregierungen und Kommunen haben bei diesen Behörden kräftig gespart. Das rächt sich nun. In der Corona-Pandemie wird allen deutlich, welche wichtige Funktion die Ämter erfüllen. Konkret sind sie für die Kontaktnachverfolgung und Quarantäne-Anordnungen zuständig. Die Behörden können diese Arbeit kaum leisten, spätestens bei einer lokalen 7-Tage-Inzidenz über 50 sind sie überfordert. Es fehlt an Personal, auch die Unterstützung durch Soldaten, Medizinstudenten und Freiwillige reicht vielerorts nichts aus. Zudem mangelt es an einer modernen technischen Ausstattung. Experten appellieren eindringlich, den öffentlichen Gesundheitssystems zu stärken. Mehr Personal und eine zeitgemäße Ausstattung mit Software sind die zentralen Forderungen.

Digitalisierung im Gesundheitswesen forcieren

Deutschland weist bei der Digitalisierung erhebliche Defizite auf, das Gesundheitssystem bildet keine Ausnahme. Fehlende Software und Verknüpfung von Datenbanken behindern die Gesundheitsbehörden. Beides erschwert die Kontaktnachverfolgung sowie die Meldung der Infektionsfälle an das Robert-Koch-Institut. Auch bei der Koordination von Maßnahmen zwischen den Gesundheitsämtern und medizinischen Einrichtungen sowie Pflegeheimen gibt es Verbesserungsbedarf. Die Berichte aus den Behörden sind erschreckend: Mitarbeiter benutzen für die Kontaktnachverfolgung und Meldungen zum Beispiel Faxgeräte und verlieren Zeit mit Telefonaten sowie manuellen Eingaben am PC. Mit Digitalisierung und Automatisierung würde das öffentliche Gesundheitssystem an Effizienz gewinnen.

Weniger ist mehr: Konzentration auf Versorgungszentren und große Kliniken

Die Corona-Pandemie beweist in mehreren Dimensionen eindrücklich, dass es bei der ambulanten und stationären Versorgung Reformen bedarf. Die meisten Experten sprechen sich für eine stärkere Zentralisierung aus. Im ambulanten Bereich ziehen sie medizinische Versorgungszentren Einzelpraxen vor. Bei den Krankenhäusern wünschen sie sich die Fokussierung auf große und leistungsstarke Einrichtungen. Ihrer Meinung nach können wenige gut ausgestattete Krankenhäuser wie Unikliniken solche Gesundheitskrisen besser meistern als viele kleine Häuser. Die Big Player am Markt bündeln Expertise und halten für komplexe medizinische Behandlungen die erforderlichen Geräte vor. Fachleute sehen diese Kliniken bei der momentanen Krankenhausfinanzierung benachteiligt. Statt Fallpauschalen plädieren sie für umfangreiche Kostenübernahmen für die Vorhaltung von Technik und Personal.

Mehr Personal in vielen Bereichen des Gesundheitssystems

Mittlerweile dürfte es jeder wissen: In den Kliniken fehlt genauso wie in den Gesundheitsbehörden qualifiziertes Personal. So gibt es mittlerweile ausreichend Betten auf den Intensivstationen. Es mangelt aber an Ärzten und Intensivpflegern, welche die Patienten behandeln und betreuen. Auch Gesundheitsämter sollten laut Wissenschaftlern mehr Ärztestellen und Stellen für Verwaltungsangestellte ausschreiben. Die meisten Gesundheitsämter beschäftigen nur einen Arzt, der medizinisch relevante Entscheidungen treffen darf. Experten ist das zu wenig. Sie halten mehr Ärzte für erforderlich, damit die Behörden in Bereichen wie Prävention und Gesundheitsfürsorge künftig eine größere Rolle spielen können.

Bild: pixabay.com, Excellentcc, 5169689

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