Bundeswehr-Jahresbericht: Die frustrierte Truppe

Der Jahresbericht des Wehrbeauftragten zeigt: Bei der Bundeswehr sind Enttäuschung und Verunsicherung groß. Trotz gesunkener Truppenstärke ist die Zahl der Beschwerden so hoch wie seit Jahren nicht.

Hellmut Königshaus schlägt Alarm. Für die 184.012 Soldatinnen und Soldaten seien die „Grenzen des Hinnehmbaren“ erreicht, poltert der Wehrbeauftragte in seinem Wehrbericht 2013. Für das 100-Seiten-Paper hat der FDP-Politiker zahlreiche Besuche bei der Truppe absolviert, Gespräche geführt und die insgesamt 4842 Eingaben analysiert, die Angehörige der Streitkräfte im vergangenen Jahr bei ihm eingereicht haben. Die Beschwerdequote bei der sich im Umbau befindlichen Truppe ist damit hoch wie nie, sie liegt bei fast 28 pro 1000 Soldaten. 2012 lag sie lediglich bei knapp 22.

Die wichtigsten Krisenherde:

Vereinbarkeit von Dienst und Familie: Gemäß dem Wehrbeauftragen leidet das Privatleben vieler Bundeswehrangehörigen, weit mehr als 50 Prozent müssten zwischen Dienst- und Wohnort hin- und herpendeln. Ein besonders drastisches Beispiel: Ein 42-jähriger Berufssoldat schrieb Königshaus, das er „psychisch und physisch am Limit angelangt“ sei. Grund: In 22 Monaten habe er seine Familie einschließlich Wochenenden und Urlaub insgesamt nur sechs Monate lang gesehen.

Auslandseinsätze: Fast 5000 Soldaten schieben Dienst im Ausland, die neue Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen will die militärische Präsenz Deutschlands sogar noch ausweiten. Doch schon jetzt steht die Truppe laut Königshaus „an den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit.“ Zahlreiche Soldaten würden zu häufige Auslandeinsätze und zu kurze Erholungszeiten beklagen.

Psychische Erkrankungen: Mit verstärktem militärischen Engagement im Ausland steigt auch die Zahl der psychisch erkrankten Rückkehrer. Nach internen Bundeswehrschätzungen ist die Zahl der posttraumatischen Belastungsstörungen im vergangenen Jahr um 200 auf mehr als 1500 Fälle gestiegen. Die tatsächliche Zahl dürfte deutlich höher sein, so Königshaus.

Umgangsformen und sexuelle Übergriffe: Laut dem Wehrbeauftragten haben viele Vorgesetze Defizite beim Umgang mit weiblichen Soldaten, rund 18.500 Frauen sind bei der Bundeswehr tätig. Eine „besondere Form der Diskriminierung“ sei es etwa, Soldatinnen lediglich mit dem Namen und nicht mit dem Dienstgrad anzureden. Zudem spricht Königshaus von „beunruhigenden Meldungen über sexuelle Übergriffe“, 64 solche Fälle seien 2013 offiziell gemeldet wurden. Viele Betroffene hätten Hemmungen, Übergriffe zu melden, da sie berufliche Nachteile befürchten würden.

Ausrüstung hat sich verbessert

Königshaus, der im Mai 2010 für fünf Jahre als Wehrbeauftragter des Bundestages vereidigt worden ist, nennt aber auch Positives: „Inzwischen hat die Ausrüstung im Einsatz ein hohes und von den Soldaten zu Recht geschätztes Niveau erreicht“, lobt der Wehrbeauftragte. Nun gelte es, den Blick „wieder verstärkt auf die Situation in der Heimat“ zu richten.

Fotocredit: Thinkstock, iStock, Dragunov1981

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