Der rote Platz

Hier wurden erst kürzlich mit wenigen Metern Abstand zueinander Blausteine im Boden versenkt, auf denen in bronzenen Lettern die besten Sprüche Rosa Luxemburgs zu lesen sind. Die Aussagen sind dürftig, es geht schlicht gesagt um die Arbeiterklasse und die Rolle der Frau, die nicht passt, zu klein ist, zu unbedeutend, die einfach unfair behandelt wird. Schon klar, das ist sehr wichtig, aber ist es deswegen automatisch richtig?
Kein Spruch, der mich auch nur im entferntesten zu irgendetwas bewegen würde. Also, doch keine Revolution, die war gestern, heute gibt's Abendbrot.
Also wie gesagt, da ich jeden Tag an der Volksbühne vorbei gehe, habe ich mich spontan dazu entschlossen ein Blick rein zu werfen, ein Schritt weiter zu gehen. Man will ja schließlich auch überrascht werden. Jürgen Kuttner war dran und hat etwa 300 Menschen inklusive meiner Wenigkeit zwei Stunden zu erklären versucht, wer Wladímir Iljítsch Uljánow, genannt Lenin gewesen ist. Sein Stück „Lovely Lenin" handelte dann irgendwie vom Handeln und irgendwie vom Nicht- Böse -Sein bei Nichtgefallen. Höhepunkt der Show waren dann jene 4 Minuten und 33 Sekunden, in denen wir, das Publikum, uns alle dem gleichen Gefühl hingaben, in dem wir, John Cage sei Dank einfach, nun ja – schwiegen. Ich dachte am Ende, dass Lenin ein wirklich toller Typ gewesen sein muss, so wie er hier, auch als Puppe, in dem Stück dargestellt worden ist. Manpower – ohne Frage. Aber war er nicht auch ein Massenmörder? Das waren mir dann doch entschieden zu viel rote Meinung für nen Samstag Abend. Ich ging zurück über den Platz, den ich wirklich mag, auch wenn ich ihn nicht ernst nehmen kann.
Dennoch ist er eine Reise wert, allein wegen der Sprüche. Und wenn es langweilig wird… Die U- Bahn kommt alle 10 Minuten.

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