Billigwasser killt Brunnenbetreiber

Die Verpackungsverordnung treibt seltsame Blüten. Um den Mehrwegmarkt zu stärken und damit die Umwelt zu entlasten, rang sich die Politik nach
zähen Verhandlungen und heftigen Protesten dazu durch, Einwegverpackungen im Getränkebereich mit einem hohen Pfand, bekannt als Dosenpfand zu belegen. 25 Cent müssen Verbraucher seither für jede Dose auf den Tisch des Hauses legen. Im Laufe der Zeit wurde das Einwegpfand auch auf Plastikflaschen ausgedehnt. Eine Ausnahme stellen lediglich einwegverpackte Fruchtsäfte dar. Auf diese wird kein "Dosenpfand" erhoben.

Es wird doch wohl keiner 25 Cent Pfand für eine Getränkeverpackung hinterlegen, wenn er beim Mehrwegsystem mit 8 Cent auskommt, dachten sich die Politiker wahrscheinlich. Und in den ersten Jahren schien die Überlegung aufzugehen und Mehrwegsysteme gewannen verlorene Marktanteile zurück. Zeitweise verschwanden zumindest Dosen komplett aus den Regalen. Dann jedoch traten zwei das Einwegsystem begünstigende Umstände ein bzw. zu Tage.

Zum einen wurde der Handel gesetzlich verpflichtet, auch Getränkeverpackungen, die woanders gekauft worden waren, zurück zu nehmen, sodass man heutzutage seine Einwegverpackungen gegen Pfanderstattung nahezu überall abgeben kann. Ein Zustand, der einem Mehrwegsystem gefährlich ähnlich ist.

Zum anderen stellte der Handel fest, dass es zu massivem Pfandschlupf kommt. Unter Pfandschlupf oder -schwund versteht man den Gewinn, der dadurch entsteht, dass man erhobenen Pfand nicht wieder auszahlen muss, weil die Verpackung eben nicht wieder zurück gegeben wird. Dieser Pfandschlupf beläuft sich auf geschätzte 10 % des Gesamtpfandvolumens und beziffert sich auf jährlich rund 125 Millionen Euro. Eine stolze Summe, die insbesondere die Discounter teilweise dazu nutzen, Mineralwässer quer zu subventionieren.

So liegt heute im Discount der Liter Mineralwasser bei etwa 13 Cent, im Mehrwegsystem beginnen die Preise ungefähr beim doppelten Betrag. Im Schnitt kosten Mineralwässer im Mehrwegsystem gar 50 Cent pro Liter. Nachvollziehbar, dass die Kunden bei diesen extremen Preisunterschieden lieber zu Einweg greifen, zumal das Handling für den Verbraucher, wie bereits erwähnt, mehrwegähnlich ist.

So verlagert sich immer mehr Umsatz in Richtung Discount und der Anteil der Mehrwegsysteme nimmt stetig ab. Im Fruchtsaftbereich scheint das System sogar bereits jetzt kurz vor dem Aus zu stehen. Es liegt nur noch bei einer Quote von knapp über 30 Prozent. Rutscht ein solches System unter eine Quote von 40 Prozent ist es nach Meinung von Experten nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben. Die Gesamtquote über alle Mehrwegsysteme liegt in Deutschland derzeit bei nur noch ungefähr 50 Prozent.

Ursprünglich sollte die Verpackungsverordnung auch einen Schutzraum für wiederbefüllbare Verpackungen bilden. Eine Mehrwegquote von über 70 Prozent war angestrebt. Der Einwegpfand sollte die Discounter letztlich zwingen, "ökologisch vorteilhafte Verpackungen", sinnvollerweise Mehrwegflaschen zu verwenden.

Für das Jahr 2010 hat die Politik eine Überprüfung angekündigt. Sind bis zu diesem Zeitpunkt nicht 80 Prozent aller Getränke in ökologisch vorteilhaften Verpackungen abgefüllt, wird es wohl Korrekturen geben. Fraglich ist aber, ob die Mehrwegsysteme noch solange überleben werden. Wahrscheinlicher scheint eine Entwicklung zu sein, die vollständig in Richtung Einwegsysteme läuft.

So etwas passiert, wenn Politik und Betriebswirtschaft aufeinander prallen.

(Foto: www.pixelquelle.de / Fotograf: Claudia Hautumm)

4 Meinungen

  1. Hallo,dem Artikel ist vorbehaltlos zuzustimmen.Nur – der letzte Satz bringt mich ins grübeln: Ist nicht die Politik eines Landes Ausdruck der jeweilig betriebenen Betriebswirschaft?Gibt es nicht in dieser „freiheitlichen, rechtsstaatlichen, demokratischen“ BRD so etwas wie eine sog. „Lobby“?Sind denn die Politiker nicht von Fachleuten umgeben, die diese umfassend beraten?Finden sich nicht vor jeder Entscheidung in den Medien Scharen von „Fachleuten“ ein, die dem gemeinen Volke die Richtigkeit und Alternativlosigkeit und Notwendigkeit der Entscheidung wissenschaftlich begründen?Ein Schelm, der arges dabei denkt – vieleicht haben gerade das die „Betriebswirtschaftler“ den Politikern ins Ohr geblasen – weil bis 2010 die Discounter schon einen neuen Schachzug haben, um dem gemeinen Volk noch mehr Geld aus den Taschen zu ziehen. Immerhin zählen ja die Gebr. ALDI zu den geldgeilsten Personen unter der Sonne.Schöne Ostern

  2. Hallo,dem Artikel ist vorbehaltlos zuzustimmen.Nur – der letzte Satz bringt mich ins grübeln: Ist nicht die Politik eines Landes Ausdruck der jeweilig betriebenen Betriebswirschaft?Gibt es nicht in dieser „freiheitlichen, rechtsstaatlichen, demokratischen“ BRD so etwas wie eine sog. „Lobby“?Sind denn die Politiker nicht von Fachleuten umgeben, die diese umfassend beraten?Finden sich nicht vor jeder Entscheidung in den Medien Scharen von „Fachleuten“ ein, die dem gemeinen Volke die Richtigkeit und Alternativlosigkeit und Notwendigkeit der Entscheidung wissenschaftlich begründen?Ein Schelm, der arges dabei denkt – vieleicht haben gerade das die „Betriebswirtschaftler“ den Politikern ins Ohr geblasen – weil bis 2010 die Discounter schon einen neuen Schachzug haben, um dem gemeinen Volk noch mehr Geld aus den Taschen zu ziehen. Immerhin zählen ja die Gebr. ALDI zu den geldgeilsten Personen unter der Sonne.Schöne Ostern

  3. Dieter Petereit

    .Derlei Schelmenhaftigkeit liegt mir fern. :-).

  4. es ist in deutschland doch sowieso so dass das leitungswasser strengeren kontrollen unterliegt als das wasser aus dem supermarkt … insofern brauchen wir die ganzen mineralwasser gar nicht

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