Zitate der ‚Mitwettbewerber‘

Das 'mainstreamigste' – um mich auch mal zu einem Anglizismus zu versteigen – bzw. das 'gewöhnlichste' aller Zitatlexika heißt natürlich 'Geflügelte Worte', zusammengestellt von Georg Büchmann. In jedem besseren Antiquariat finden wir hiervon gleich mehrere Ausgaben zur Auswahl auf dem Grabbeltisch. Büchmanns Problem in den Augen vieler Konservativer: Er hielt die humanistische, liberale und menschenfreundliche Tradition unser Literatur zu hoch. Dem genuinen Konservativen dagegen ist die Freiheit aller Menschen ein Greuel, in seinen Augen muss die menschliche Rasselbande durch Zucht und Ordnung und Gesetz in Schach gehalten werden, damit sie nicht unversehens über den Zaun steigt und durch die Gemüsebeete des Besitz- und Bildungsbürgers latscht. Ein eigener 'Büchmann' war da nur folgerichtig. Ihn hat Hans-Joachim Schoeps verfasst.

Schoeps ist der 'preußische Jude' unter den Historikern: Deutschnational bis auf die Knochen entsetzte es ihn zu tief, als ausgerechnet er, der Kaisertreueste der Kaisertreuen, 1938 aus Deutschland nach Schweden fliehen musste. Seine Familie starb in den Konzentrationslagern. Zeit seines Lebens blieb Schoeps Monarchist, auch als er nach dem Krieg Professor für Religionsgeschichte in Erlangen wurde. Da ist es völlig klar, dass ein solcher Mann andere 'Lesefrüchte' sammeln musste, als ein Germanist, der sich durch Heine, Börne und Tucholsky pflügt. Im Jahr 1971 veröffentlichte Schoeps – natürlich in Berlin – sein Buch 'Ungeflügelte Worte', mit dem bezeichnenden Untertitel: 'Was nicht im Büchmann steht'.

Natürlich ist dieser Band etwas dünner geraten (275 Seiten) als der Büchmann, denn auf der Rechten drängeln sich nicht gerade die Menschen, die Witz und Apercus zu ihren bevorzugten Waffen zählen, einige strahlende Ausnahmen wie Otto von Bismarck immer ausgenommen. Trotzdem gibt es auch bei Schoeps vieles zu entdecken, was sich brauchen lässt – und die Gedanken sind dazu noch keine kurrente Münze, die vom vielen Gebrauch schon glattgeschliffen wäre. Ich jedenfalls blättere gern im Schoeps, denn er ist oft richtig 'böse', vor allem dann, wenn die frommen Herrn zuschlagen: «Die Diskussion ist der Name, unter dem der Tod reist, wenn er nicht erkannt werden will», schreibt bspw. der katholische Erzreaktionär Donoso Cortés, in Zeiten fruchtloser G8-Gipfel voll totgeborener Themen kein ganz unpassender Satz, während Henry Benrath, eine Figur aus dem Stefan-George-Kreis, süffisant bemerkt: «Solange die Welt besteht, pissen die Hunde an Marmorwände». Wäre das nicht ein tolles Zitat für einen heißen 'Blogwar'? – Dazu ist es noch nicht mal 'abmahnfähig', schließlich ist es ja nur ein Zitat …

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