Zum Ende der EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands hat Bundeskanzlerin Merkel mit letzter Kompromissbereitschaft den Weg zu einem EU-Grundlagenvertrag geebnet. Zuvor war sie es, die vom frischgewählten, konservativen französischen Präsidenten Sarkozy als erstes Regierungsoberhaupt besucht wurde. In Berlin hat ihre CDU/CSU vor kurzem den von der deutschen Bevölkerung überwiegend befürworteten Mindestlohn der SPD verhindern können. Da frage ich mich, ob bei so viel außenpolitischer, supranationaler sowie innenpolitischer Eingebundenheit noch Zeit für eine wegweisende Politik für die Jugend Deutschlands bleibt?
BAföG-Erhöhung bleibt aus
Bei näherer Betrachtung jugendspezifischer Politik muss ich jedoch zunächst konsterniert feststellen, dass gerade für die Studenten in zweierlei Maß keine Verbesserung der Rahmenbedingungen für das Studium geschaffen wurde. Dazu hätte es bei seit Jahren steigenden Lebenshaltungskosten zunächst wenigstens einer BAföG-Erhöhung bedurft. Der Regelhöchstsatz von 585 € wurde von den jeweiligen Regierungen seit 2001 nicht mehr verändert. Dieses Jahr wurde die erneute Null-Runde mit dem Argument der Erreichung des höchsten Staatsziels, der Haushaltssanierung, ad acta gelegt. Die jüngste Forderung von SPD-Fraktionschef Peter Struck, das BAföG um 10 %, statt wie geplant ab 2008 um 5 % zu erhöhen, erscheint da wie ein letzter Versuch der SPD, sich in der Koalition nicht umgesetzte Ziele zumindest alibitechnisch auf die Brust zu schreiben.Was jedoch zählt sind Taten.
Zusätzlich zur erneut ausbleibenden BaföG-Erhöhung kam und kommt es in einigen Bundesländern zu einer Einführung von Studiengebühren, deren Verwendung umstritten ist, die jedoch die Studenten zusätzlich finanziell belasten. Momentan gibt es Studiengebühren vor allem in CDU-geführten Bundesländern, wie Niedersachsen und Baden-Württemberg. Speziell die neuen Bundesländer haben momentan größtenteils außer Gebühren für Langzeitstudenten noch keine Studiengebühren eingeführt, um in erster Linie die Studenten nicht an die westdeutschen Universitäten zu verlieren. Doch auch in Thüringen oder in Berlin wird bereits über eine Einführung des „Studentenschrecks" diskutiert. Ganz aktuell hat der thüringische CDU-Ministerpräsident Althaus jedoch eine Studiengebühreneinführung vor 2009 ausgeschlossen, aber seit diesem Semester wurde mit einem zusätzlichen Betrag von 50 € – bezeichnet als Verwaltungsgebühren – ein Anfang der Studiengebühren durch die Hintertür durchgesetzt.
Studiengebühren finanzieren durch Studienkredite
Annette Schavan, Bundesbildungsministerin, verweist derweil auf die guten Konditionen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Die Bundesregierung richtet den Fokus somit auf Kredite; ein Auslaufen des BAföG-Modells scheint jedoch mittelfristig nicht wahrscheinlich und wäre auch auf das Vehementeste abzulehnen.
Schavan: Unverbindliche Preisempfehlung der Leistungen der Kreditanstalt für Wiederaufbau
Eine langfristige Entwicklung hinzu einem ausnahmslos kreditfinanzierten Modell, wie es in den Vereinigten Staaten größtenteils bereits existiert, würde die sinkende Anzahl potentieller Studenten – vor allem derer aus den sozial schwächeren Schichten – weiter forcieren.
Ausbildungspakt als nachhaltige Jugendpolitik
Etwas zukunftsgerichteter gestaltet sich die Politik bezüglich der Schaffung von Ausbildungsplätzen. 2004 beschlossen die Bundesregierung und die Wirtschaft mit dem sogenannten Ausbildungspakt, die Ausbildungsplätze für ausbildungswillige und -fähige Jugendliche in enger Zusammenarbeit mit den Ländern zu erhöhen, um diesen einen Einstieg ins Berufsleben zu ermöglichen. Auch Jugendliche mit eingeschränkten Vermittlungschancen sollen durch dieses Engagement bessere Perspektiven geschaffen werden.
Traum Ausbildung. Kann die Zahl der Ausbildungsverträge wirklich essentiell erhöht werden?
Für die Jahre 2004 – 2006 wurde mit jeweils über 60.000 neu eingeworbenen Ausbildungsplätzen die Zielsetzung erfüllt. Jedoch konnte auch diese kooperative Zusammenarbeit nicht verhindern, dass im Jahre 2005/06 ca. 49.500 Bewerber keinen Ausbildungsplatz erhielten. Dennoch wurde im März dieses Jahres der „Nationale Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs" für weitere drei Jahre bis 2010 verlängert.
Liegt es da nicht eigentlich auf der Hand, eine Art „Studiumspakt" abzuschließen, der die Finanzierung der Universitäten absichert – jedoch nicht durch ihrenStudenten? Gerade ostdeutschen Universitäten fehlt es an externen Investitionsgeldern und somit auch an guter Forschung und Ausstattung, was dazu führt, dass immer mehr Studenten an westdeutsche Universitäten gehen. Ein Teufelskreis, der diejenigen von der Bildung exkludiert, die die Finanzen für ein Studium nicht aufbringen können, auch wenn sie durch die Aufnahmeprüfungen sogenannter Elite-Universitäten kommen.
Wenn schon die Bildung der Jugend gewährleistet werden soll, dann doch bitte konsequent! Immerhin liegt in der Jugend die Zukunft der Volkswirtschafts Deutschlands. Grund genug also.
Schauen Sie nach Großbritannien. Hier wird wenig für die Jugend getan und alles geht den Bach hinunter. Ein Studiumspakt fände ich sehr gut und wichtig.Annette Strauch, M.A. (Europäische Ethnologie Göttingen)