Philosophie? Oder doch dummes Geschwätz ?

Persönlich finde ich es eine Beleidigung von Plato bis Hegel, von Sartre bis Sloterdijk. Aber keine Webseite (also so gut wie keine) von Unternehmen, die was auf sich halten, kommt ohne den Terminus/Button „Philosophie“ aus.

Aber prägt wirklich die „Liebe zur Weisheit“, was ja Philosophie wörtlich bedeutet, die Unternehmen unserer Zeit? Ich höre meist nur von der „Notwendigkeit der Anpassung“ (mehr zum Thema Herdentrieb hier).

Wie dem auch sei, für mich ist es nur ein dekorativer Begriff und völlig falsch platziert, ähnlich der 46jährigen Tante, die sich ein Arschgeweih-Tattoofake auf ihr Dekolletee klebt.

Verständlich ist es natürlich, dass sich die Unternehmenslenker gerne in der Aura wahrer Denker aalen möchten, aber ich denke, der Werkschutz würde einem Rezitieren des Kant’schen Aufklärungsaufruf in der Kantine ein so schnelles wie jähes Ende bereiten – und die Arbeitsgerichte würde dies dann voll- und „in gegenseitigem Einvernehmen“ beenden.

Gemeint ist also höchstens so was wie Unternehmenskultur. Dann würde aber ebenfalls ein Satz reichen: „Wir machen das hier so.“ Kürzer wäre „Das wollen wir.“ (im Sinne von  „Das wären wir gern.“), was aber dann eher ein Leitsatz wäre. Je nach Motivations- bzw. Hysteriegrad könnte so ein  Leitsatz aber auch auf eine schwere Es-Störung nach Freud hinweisen.

Im Internet fand ich folgende

Ausführliche Begriffsbeschreibung „Unternehmensphilosophie“

Die Unternehmensphilosophie kann als zentrale übergeordnete Konzeption für die Führung eines Unternehmens und seine Langfrist-Ausrichtung am Markt verstanden werden. Aus ihr werden Kultur, Leitbild und Strategie des Unternehmens abgeleitet. Sie besteht aus den explizit in den Führungsgrundsätzen dokumentierten und aus den implizit verfolgten Grundeinstellungen der Eigentümer oder der Geschäftsführer eines Betriebes in Bezug auf die unternehmensexterne Umwelt – Kunden, Lieferanten, Wettbewerber, aber auch die Gesellschaft allgemein – ebenso wie unternehmensintern gegenüber den Mitarbeitern. Teilweise wird der Begriff Unternehmensleitbild auch synonym zu Unternehmensphilosophie verwendet, wobei aber eine definitorisch sehr weite Abgrenzung des Leitbilds unter Einschluss der Außenwirkung und der Gestaltung der Beziehungen zur Umwelt verwendet wird.

Das geht da noch länger (schwammig) weiter. Wenn Wirtschaftsstudenten so Begriffe lernen, dann ist es kein Wunder, denn wer so lehrt, öffnet Missverständnissen und Phrasengedresche Tür und Tor. Beispiel: Der Einstiegsatz der Definition, also ihr Fundament, mit Modalverb, also: wacklig, danach Vollverben. Das Problem ist nur: Was kann, kann auch nicht. Aber das scheint egal zu sein. Hauptsache, es hört sich gut an. Bullshit! Und genau das ist Philosophie nicht. Philosophie ist eine Wissenschaft, die Wissen schafft. Unternehmen/-rInnen, die die Begriffe nicht begreifen, schaffen mich. Aber das hatten wir hier auch schon …

Wünsche eine erfolgreiche Woche:

„Nicht die Erkenntnis gehört zum Wesen der Dinge, sondern der Irrtum.“ (Nietzsche)

Auch ’ne Erkenntnis …

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6 Meinungen

  1. Unternehmer sollen Bruttosozialprodukt schaffen, nicht aber Sprechblasen erschaffen. Schon gar nicht unter der Rubrik „Unternehmensphilosophie“.

  2. Ja, sollten sie, aber sie tun es nicht. Warum auch? In dem Begriff „Philosophie“ kann man sich aalen, keiner widerspricht und es klingt gut. Was ich gestern vergaß: Philosophie impliziert auch Konsequenz, Stringenz und Langfristigkeit. Und ich möchte nicht in Abrede stellen, dass es durchaus Unternehmer gibt, deren Arbeit eine gewisse Philosophie (im Sinne von Grundüberlegung) zugrunde liegt, z. B. Wolfgang Grupp oder die sich größere Gedanken machen, also nicht nur in den Grenzen der Gemarkung der Firmenzenrale agieren, z.B. Götz Werner. Interessanterweise werden aber beide von der Masse wie dem eigenen Stall, sagen wir mal: belächelt.Aber wie steht es schon in der Bibel:“Der Prophet gilt nichts im eigenen Land.“

  3. Hi, ich war beruflich ebenfalls mehrfach mit dem Phaenomen der Unternehmensphilosophie konfrontiert und kann dem Artikel weitgehend zustimmen.in ueber 90% der Faelle get es bei der Unternehmensphilosophie lediglich darum, dass sich – mit Verlaub – die Geschaeftsleitungsebene an ihrer eigenen Wichtigkeit aufgeilt, weil sie so schoen Phrasen dreschen koennen.Doch grundsaetzlich sehe ich eine Daseinsberechtigung fuer die Unternehmensphilosophie; vorwiegend jedoch innerbetrieblich.Sie ist ein Leitfaden, an dem sich Mitarbeiter orientieren koennen, wie weit ihre eigenen Ziele von denen des Unternehmens abweichen oder in Deckung gebracht werden koennen. Manchmal auch gut als Argumentationshilfe gegenueber Vorgesetzten. Z. Bsp. war ich fuer eine Firma taetig, bei der es (sinngemaess) hiess: „Mitarbeiter koennen zwar die Ziele des Unternehmens nicht veraendern, aber das Unternehmen kann die Umgebungsparameter veraendern, damit die Mitarbeiter diese Ziele effizienter erreichen koennen.“Nach einem klaerenden Gespraech mit meinem Chef hat sich herausgestellt, dass er nicht Willens war die Umgebungsparameter so zu aendern, dass (aus Arbeitnehmersicht in unserer Abteilung) ein sinnvolles Arbeiten moeglich war, und die Folge war dann das (inkl. mir) vier Mitarbeiter – guten Gewissens! – gekuendigt haben; was in diesem Fall fuer alle Beteiligten die beste Loesung war.m*sh

  4. Es gibt auch andere verwirrende Bezeichnungen für Unternehmensphilosophie gerade im anglophilen Raum. Da werden lateinische Worte untergejubelt, mit dem Anspruch Mitarbeiterverwirrung und Kundenzufriedenheit zustiften. Gerade im medizinischen Bereich haben Moralverantwortung und Heilsbringung einen diabolische Allianz geschlossen. Siehe ICH GLAUBE

  5. Erinnert mich an sie 🙂

  6. Wie hoch sind die Zinsen auf Bildung? Geisteswissenschaften erklären geistiges Kapital.www.zugeistreich.de

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