Der 1921 in Wien geborene Ernst Haas (1921 – 1986) entdeckte schon früh als Kind die Fotografie für sich. Als er dann auch noch den Kodachrome-Film entdeckte, machte ihn dass zu einem der einflussreichsten und bekanntesten Farbfotografen des 20. Jahrhunderts.
Erste Anerkennung in der Nachkriegszeit
Seine ersten Meriten verdiente sich Haas, der nach einem abgebrochenen Medizinstudium Fotografie an der graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien studierte, als freier Bildjournalist im Nachkriegsösterreich. Mit einer Fotoreportage über heimkehrende Kriegsgefangene erregt er die Aufmerksamkeit des LIFE Magazins. Ein Angebot, für das Magazin als festangestellter Fotoreporter zu arbeiten, lehnte Haas ab, um weiterhin frei arbeiten zu können. Stattdessen wurde er nach einer Einladung des Gründungsmitglieds Robert Capa 1949 Mitglied bei Magnum, der berühmten Bildagentur, wo er auch die bereits in der Szene bekannten Fotografen Henri-Cartier-Bresson und Werner Bischoff kennenlernte.
Von Schwarzweiß zur Farbe
Kurz nach seinem Umzug in die USA fing Ernst Haas 1951 an, mit dem Kodachrome-Farbdiafilm zu experimentieren, dessen Eigenschaften zusammen mit den Optiken seiner Leica-Kameras wesentlich zur Ästhetik seiner Bilder beitragen sollten. Der im Auftrag von Kodak von den beiden Musikern Leopold Mannes und Leopold Godowsky kreierte Dreifarbenfilm (eigentlich ein dreischichtiger Schwarzweißfilm, der im Kodak-eigenen K-14-Prozess entwickelt wurde), war seit 1935 auf dem Markt und zeichnete sich durch hohe Schärfe, Feinkörnigkeit und Farbintensität aus. Allerdings war seine niedrige Farbempfindlichkeit (zuerst 10, später 25 beziehungsweise 64 ASA; ab den Achtzigern Jahren auch 200 ASA) für viele ein Manko, da Sie Aufnahmen bei wenig Licht oder weit geschlossener Blende schwierig oder gar fast unmöglich machten.
Aus diesem Nachteil machte Haas eine Tugend: Er nutzte es, um durch die daraus resultierenden langen Verschlusszeiten fließende, wischende Effekte zu erzielen; Das visuelle Ergebnis sieht einem Ölgemälde manchmal nicht unähnlich, und sich bewegende Motive erhalten auf diese Weise eine ganz eigene Ästhetik der Darstellung. Berühmte mit dieser Technik von Haas fotografierte Motive sind Stierkämpfe, Gondoliere in Venedig und Autorennen.
Zahlreiche Reportagen und Publikationen
Ernst Haas 1953 erschienene Farbreportage – „Images of a Magic City (New York)“ – definierte eine ganz neue Ästhetik der Wahrnehmung und des Bildaufbaus in der Farbfotografie. Sie sollte in den nächsten Jahren seinen Ruhm und seinen Einfluss auf die Farbfotografie seiner Zeit begründen – bereits zehn Jahre später hatte er im „Museum of Modern Art“ seine erste Werkretrospektive. Haas fotografierte in den Sechzigern und Siebzigern als Still-Fotograf an vielen Film-Sets (unter anderem für die Filme „The Misfits“, mit Marylin Monroe und Clark Gable, „Die Bibel“ von John Huston und „Die letzte Nacht des Boris Gruschenko“ von Woody Allen) und machte auch Aufnahmen für Werbekampagnen („Marlboro“), um sich so seine freien Arbeiten finanzieren zu können, für die er die ganze Welt bereiste. Sie resultierten in zahlreichen Publikationen und Buchprojekten, von denen das 1971 erschiene Buch „Die Schöpfung“ wohl das bekannteste ist. Weitere Bücher, unter anderem „In Amerika“ (1975) sowie „In Deutschland“ (1978) folgten.
Gegen Ende seines Lebens wandte sich Ernst Haas Themen aus dem tibetischen und asiatischen Kulturkreisen zu.
Er starb im September 1986 in New York plötzlich an den Folgen eines Schlaganfalls, nur 65-jährig. Er hatte gerade eine multimediale Bilderschau mit dem Titel „Abstracts“ fertiggestellt.
Artikelbild: Screenshot von ernst-haas.com