"Ein Mensch wurde glücklich geboren, sah die Sonne wie in Träumen und erfreute sich ungedanklich. Dann hat die Welt ihn unglücklich gemacht!" Weil das Blog, aus dem diese Ein-Mensch-Kurzprosa in der Nachfolge Eugen Roths stammt, unter dem Namen der ‚Literarischen Zukunft Deutschlands‘ firmiert, nehme ich einfach mal an, dass es sich gemäß aufgepapptem Etikett auch um Literatur handeln soll. Ganz sicher aber kann man sich da heute nirgends mehr sein …
Worauf ich hier hinaus will, ist Folgendes: Jeder Text muss anschlussfähig sein, er muss mit den Begriffswelt des Lesers zunächst korrespondieren, auch wenn der Autor kurz darauf mit ihm nach Never-Never-Land entflieht. Es sei denn, es handelt sich um die Weissagungen des Nostradamus. Das aber ist hier wohl nicht der Fall.
"Ein Mensch wird also glücklich geboren" – hmmm: Ist es nicht eher so, dass der Mensch regelhaft lauthals schreit, wenn ihm der Dottore an die Nabelschnur geht? Weiter: Er sah als Neugeborener "die Sonne in Träumen" – hmmhmmhmm: Sagt uns nicht die Neurophysiologie, dass sich die Gehirnzellen in den ersten Lebensmonaten erst zu einem kognitionsfähigen Gebilde ‚verschalten‘ müssen, dass also der Säugling bestimmt keine ‚Sonne‘ sieht und dass er sie deshalb nicht träumen kann, auch, weil er bisher nur dunkel blubberndes Uterus-Fruchtwasser zu Gesicht bekam. Und gar einen Begriff für ‚Sonne‘ dürfte das vegetative Gebilde erst recht noch nicht haben. Kurzum – das ist ‚Hirnf…k‘, wie mein Freund Uwe so etwas gern nennt.
Schließlich soll sich das arme Neugeborene "ungedanklich erfreuen". Mal abgesehen vom Zweifel an der Denkkraft so eines Nackedeis – beruht diese Ansicht nicht auf dem guten alten Irrtum des Descartes, wonach sich Vernunft und Gefühl in einem ganz und gar elektrochemischen System wie dem menschlichen Nervenkostüm trennen lassen sollen, dass es also ein ‚Erfreuen‘ ohne gedankliche Anteile geben könne. Das aber ist falsch, weil wir aus physiologischer Notwendigkeit immer ‚Denkfühler‘ und ‚Fühldenker‘ sind, selbst dann, wenn wir Integrale knacken oder die Steuererklärung ausfüllen, wie jeder unschwer an seinem Genervtsein dann erkennt.
Kurzum: Wir rechnen diesen Text mal zum großen new-agigen Ommm, das aus den Ritzen der Gedankenfäule quillt, aber nicht zur Literatur. Und das, was ich hier gemacht habe, das ist auch gar keine Korinthenkackerei: Es handelt sich um das höchst notwendige Geschäft des Ausmistens, wie es jeder Bauer kennt.
Quod erat demonstrandum …