Unternehmen Sprache


Fälschlicherweise wird oft das „Denglishe“ als das Problem gesehen, dabei sind es die Unternehmen. Dort ist längst der gute alte „Geschäftsführer“ zum hochbedeutenden CEO mutiert, zu einem „Häuptling Exekutions-Offizier“, so wie sich Karlchen Klawuttke diesen Chief Executive Officer mit Hilfe eines Wörterbuchs hilfsweise übersetzen würde. Die „Kommunikationsbeauftragte“ heißt neudeutsch nur noch Spokeswoman, was früher ein „Leser“ war, das hoppelt als gehirnamputierter User durchs Unterholz der Marketing Areas und vor die Flinten des Information Targeting. Jede pupsige „Pressekonferenz“ wächst sich aus zum Event, ein „Text“ enthält Meinung und Form nur noch in homöopathischen Dosen, er ist zum Content mutiert, einer seltsamen neudeutschen Kunstspeise voller Keywords, die durch Viral Communications und Buzz Marketing die nötige Brand Celebrity für Pumps oder Pizza generieren soll. Der Konsument fühlt sich in Deutschlands Unternehmen so zu Hause wie in Timbuktu.

Selbst aus den scheinbar privaten Reservaten der Blogs piepst und quengelt uns immer öfter google-orientierter Keyword-Content, der reizwortübersäte Sprachmüll mit seinen Non-Messages entgegen, bei dem wohl niemand ein Hirn als Absender vermuten würde. User aber mit etwas mehr als einem Hauptschulabschluss hören wohl kaum auf Klingelton-Argumentationen dieses Kalibers. Die Vorstellung, die hinter diesem Verfahren steckt, ist blanker „Pawlow“: Nenne ihm ein Reizwort – oops «key word» natürlich! – und dieser triebgesteuerte Leser beginnt zu sabbern. Kurzum: Unternehmen haben nicht nur massive Sprachprobleme, manche haben ein noch massiveres Problem mit ihrem verachtungsvollen Menschenbild.Wie kommt’s? Ein Hauptgrund in meinen Augen dürfte – neben der Art der in jener Ökonomie verwendeten Drogen – das erforderliche Studium sein. Wer hierzulande Linguistik oder Kommunikationswissenschaften studiert, weil auf dieser Basis später die lukrativen Jobs in den PR- und Content-Agenturen erblühen, der hat zum Thema «Sprache» vielleicht noch gelernt, dass es keine richtige oder falsche Sprache gebe, sondern nur die Sprache(n) der jeweiligen Zielgruppe. Diese Sprachen aber auch zu sprechen, das hat er eben nicht mehr gelernt. Lassen Sie zur Probe die Tanja-Anja aus Ihrer Presseabteilung doch einfach mal so sprechen wie ein Hiphopper, wie ein Nerd, oder auch nur so wie die türkische Putzfrau von der Reinigungsfirma. Nichts käme da.

Das Consumer Benefit- und Content-Gesabbel dagegen, das uns aus allen Kanälen entgegenschwappt, das ist nicht mehr als eine karriereförderliche Anpassung an den verkommenen Sprachgebrauch in den Marketing-Etagen Deutschlands. Ein „Stil“, der aus Faulheit oder Unfähigkeit selbst dann nicht abgelegt wird, wenn man für ganz andere Zielgruppen als die Chefetagen schreibt.

Ein echtes Paradox auf allen Ebenen: Wie der sprichwörtliche Schuster, der immer die schlechtesten Schuhe trägt, schreiben die ausbildenden Linguisten und Journalismus-Theoretiker, die doch als gute Hirten die Sprache hüten sollten, cum grano salis wohl den defizitärsten Stil im universitären Vergleich. Da es Fehler und Fehlentwicklungen in der Sprache nicht gibt, weil alle Neuerungen, die sich durchsetzen, stets einem allgemeinen Bedürfnis entsprechen sollen, darf der Ideologie zufolge natürlich auch der Sprachwissenschaftler so verknotet daherschreiben, wie es seinem Sondersprachbereich entspricht: „Hauptsache, mein Prof versteht mich!“ Laissez-faire regiert, Unverständlichkeit ist die Folge, Stillosigkeit das Prinzip. Egal ist aber noch nicht egalitär.

Wo schließlich steht, dass jemand Reiten können muss, der übers Reiten redet? Für die Lehre von Sprache und Kommunikation, das konstatieren wir ohne schlechtes Gewissen, fühlen sich vorzugsweise Menschen kompetent, denen der Stil und das Schreibenkönnen sicher nicht in die Wiege gelegt wurden. Ein junger Mensch dort kennt am Ende sogar die konstruktivistische Medientheorie, er hat Wörter wie Kognition, Interaktion, Image-Bildung und Massenkommunikation schon einmal gehört. Einen geraden, wirkungsvollen Satz aber so zu schreiben, dass er Folgen hat, einen profilierten Stil zu entwickeln, mit seinen Texten und Argumenten einer Zielgruppe im Gedächtnis zu bleiben, das muss er sich später im Selbststudium erarbeiten. Was die meisten nicht tun. Denn Unternehmen stellen die Absolventen ja ein, BEVOR diese in der Praxis ein Problembewusstsein für die Sprachlichkeit ihres Handelns entwickeln konnten. Erst mit dem Anstellungsvertrag in der Tasche heißt es plötzlich: „Hic Rhodos, hic salta!„.

Mit anderen Worten: Die entscheidenden beruflichen Fähigkeiten für eine Karriere im unternehmens-sprachlichen Bereich erwirbt sich immer noch jeder selbst. Oder auch nicht. Daran ändern die bisherigen Mühen um ein Corporate Wording oder um ein Communicative Benchmarking wenig. Wirkliche Medizin muss her, Unternehmen müssen artikulationsfähig werden: Eine Influenza lässt sich nicht heilen, indem man die Kranken ins Kühlhaus legt, um das Fieber zu senken.

6 Meinungen

  1. Horst-Christian Weisser

    Was ich an diesem langen Text vermisse: Welche bittere Medizin muss der Vorstandsvorsitzende (vormals: CEO) denn nun gegen sprachliche Diarrhoe oder auch einflusslose Influenza schlucken? Was sollen die Unternehmen denn nun unternehmen? Wo bleibt die Schlussfolgerung?

  2. Na, ich drücke mich bei hartnäckiger Verständnis-Obstipation am besten durch die Blume aus: Wenn das Unternehmen ein richtig tolles neues Verwaltungsgebäude haben will, dann engagiert es – ganz klar! – einen Star-Architekten. Will es ein super-tolles Auto im Programmm haben, dann kommt der italienische Star-Designer. Wenn das Unternehmen aber eine ganz tolle Sprache führen will, dann engagiert es [Unzutreffendes jetzt bitte durchstreichen] einen Kommunikationsberater, einen PR-Menschen, den schreibbegabten Herrn XYZ aus dem Marketing, einen redaktionsmüden Journalisten, oder aber die Tanja-Anja aus dem Praktikum. Deutsche Unternehmen (auch staatliche Stellen) waren schon mal weiter: Damals engagierten sie einen Erich Kästner oder einen Joseph Roth für die Werbung, sogar Bert Brecht hat nach meiner Erinnerung mal Schuhcreme (oder so etwas) besungen, auch ein Kurt Tucholsky – jaja! – arbeitete erfolgreich als PR-Fritze für das Bankhaus Simon in Berlin, als Durchhalte-Redakteur für Frontzeitungen im 1. Weltkrieg oder auch für das deutsche Außenministerium als intellektueller Kopf der „Polen-Propaganda“, die dafür zu sorgen hatte, dass die Volksabstimmungen in Oberschlesien „deutsch“ ausgingen. Was bekanntlich recht erfolgreich ausging. Und Thomas Mann führte mit anderen Schriftstellern die BBC-Deutschland-PR. Übrigens auch nicht umsonst. Kurzum: Wer gute Texte wollte, ging in den PEN-Club – und auch heute bestehen solche Verbindungen unverändert fort: Frank Schätzing („Der Schwarm“) ist so ganz nebenbei ein richtig guter Werbetexter. Cordt Schnibben, heute Starschreiber der Journalistenzunft, kommt – richtig! – auch aus der Werbung. Nur zwei von vielen. Anders ausgedrückt: Achten Sie bei Ihren Mitarbeitern doch zur Abwechslung mal auf „literarische Qualitäten“, das machen sie in den USA und in Frankreich (Houllebecq) doch auch. Und nicht ohne Grund …

  3. Horst-Christian Weisser

    Na bitte. Geht doch, Dottore :-))

  4. Beim ZDF muss sich die Redaktion von Nichtskönnern im Forum der Johannes B. Kerner Show auf’s Billigste beleidigen lassen.Brauchen die das für Zuschauer-Profil?Soviel Voll-Idi**** ,das ist hier verboten!(Reimt sich)!!!Um zu erreichen,dass mein Beitrag gelesen wird ,und um solche Schreiberlinge zu provozieren,die sich wie folgt ausdrücken“….Schmeißt die Wiener raus,Lichter,Du gehst uns auf die Nerven,JBK soll zuhören…“ ,habe ich dort folgendes Thread mit..“Lichter kann nichts,Wiener soll raus,Mälzer soll bleiben,JBK“kocht“ 4X“….. eröffnet.Und tatsächlich es wurde angeklickt,weil sich dort alle Dilettanten bestätigt fühlen,die unter einer Verschiebung ihrer Wahrnehmung leiden,indem sie tatsächlich der Ansicht sind,dass sie im Besitz eines Mitspracherechts sind,was die STAR-Besetzungen beim ZDF angehen.Dieser blog wurde heute geschlossen, mit der Begründung,dass die Teilnehmer sich NICHT an die Regeln halten. Mein Eintrag um 12:31 Uhr dazu wurde zuerst moderiert und dann veröffentlicht. Getretene Hunde bellen angeblich,denn ich kann nur vermuten,dass dannausschließlich persöniche Beleidgungen gepostet wurden.Für alle,die daran interessiert sind,wie mein letzter Beitrag,den die Redaktion frei geschaltet hat ,aussah,gibt es ihn jetzt als Straf-Arbeit und Nachsitzen:“Werte XY & CO…Wenn ich mich in ein Forum wage,das auch gelesen wird und weder die Zeichensetzung richtig beherrsche,noch einwandfrei mit der Groß-und Kleinschreibung der deutschen RS zurechtkomme,dann ist es unklug,jemanden zu unterstellen,dass sie das Gehirneinschalten unterlässt,wenn sie mit diesem Thread provozieren will.Ich zitiere:“kausale zusammenhänge zu erfassen(Komma!)ist(Komma!)scheint nicht ihr ding zu sein(Punkt)“ „….,das(s)sich fast jeder..“Leute,die es vorziehen,über Sarah Wieners misslungene SHOW herzuziehen,interessiert es einen Kericht,ob in den USA die Menschenrechte verletzt,und Unschuldige getötet werden.Diese Kochsendung ist nur ein FAKE,weil Frau Wiener tatsächlich NICHT läuft und auch NICHT im üblichen Sinne „kocht“.Beschimpfungen wie:“Schmeißt die Wiener (Würstchen?) raus;…JBK…moderiert alles und zwar schlecht…“ sind soweit von konstruktiver Kritik entfernt,wie unsere Regierung von einer vernüftigen Gesundheitsreform.Sie rufen Teilnehmer aufs Parkett,die anstatt gemeinsam mit der Enkeltochter in einer realen Küche eine leckere Mahlzeit zuzubereiten,sich der Quälerei unterziehen,sich eine schlecht gemachte JBK-Koch-SHOW reinzuziehen.Andere machen sich noch die Mühe und haben das nötige Klein-Geld dazu,sich so ein KOCH-THEATER live anzuschauen.Ein Freund meines Dad brachte gestern zum Party-Buffet selbstgemachte „Hackbällchen á la Bollywood,gelegt an MINZE-DIP“,mit.Echt supi cool!!!!Der versteht etwas vom KOCHEN und schwört auf die Rezepte von Biolek.

  5. Hallo Herr Jarchow,Wörter/Sprachen ordnen die Welt, ja das ganze Universum. Die Atome, Elemente, Moleküle, Zellen usw. kommunizieren miteinander. Die Sprache und Katalogisierung allen Lebens der Menschen entscheidet über Tod oder Überleben, über Recht und Unrecht, über Liebe und Hass, über Reich oder Arm und Sie wollen die allumfassende Kommunikation „Sprache“ in einen ökonomischen Begriff zwingen? Wie klein geistig und (entschuldigen Sie) dumm. Als „Fast food Literat“ möchten Sie mit Ihrer Schulsprache dem Terror der Ökonomie etwas entgegensetzen? Wie einfallslos und fade. Wörter entfesselten die Welt und Wörter entscheiden in welches Inferno unser Leben in Zukunft münden wird und anstatt sich über den Sprachgebrauch zu mokieren aus Mangel von Literatur in seinen eigenen Wänden sollte man seine Gedanken und Gefühle in ehrliche Wörter fassen. Sie werden sich wundern wie aggressiv Ihr Umfeld plötzlich reagieren kann – mit viel Geld oder Terror bis zum Mord. Wer allerdings das Weltgeschehen kennt, setzt sich in seinen Sessel faltet die Hände und schweigt. Das ist, glaube ich, von Tucholsky. Gegenwartssprache/Wörter sind die Fährte in die Zukunft, in welche auch immer, man muss sie nur lesen und deuten können. Allerdings: Hinter jedem öffentlichen Auftritt eines Politiker steht heute keine Ideologie sondern eine Konzern, jedem öffentlichen Auftritt eines Professors kaum Wissen sondern die Industrie, jedem Paffen der Klingelbeutel und jedem öffentlich Auftritt eines Gutmensch sein kleines Ego was er zum überleben auf dem Markt anbietet. Nach dieser Aufzählung eine schönen Tag.

  6. Selbst dann, Herr Vaduz, wenn die Sprache jenen großen Horizont umspannen sollte, den sie hier in fast schon mythischer Weise entrollen – und dessen Ausmaß ich nicht teile -, dann wäre es ja noch unverständlicher, weshalb unsere Unternehmen der Macht der Sprache so wenig Aufmerksamkeit zollen.

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