Violeta Parra (2012): Leinwand frei für eine außergewöhnliche Liedpoetin

Mit der berührenden DokumentationVioleta Went To Heaven“ (Filmstart 29.11.2012) erzählt der Filmemacher Andrés Wood, der in Deutschland bereits 2004 mit „Machuca, mein Freund“ auf sich aufmerksam machte, die erstaunliche Lebensgeschichte der chilenischen Songwriterin Violeta Parra. Der Film ist eine bildschöne Hommage an das bemerkenswerte, facettenreiche Lebenswerk einer Ausnahmekünstlerin, die leider früh gestorben ist.

Das Lebenswerk der Violeta Parra

Sie gilt als eine der bedeutendsten Songwriterinnen Südamerikas. Doch ganz Künstlerin, war sie niemals bereit, die eigene Muse auf die Komposition von Musik zu beschränken. Stattdessen drückte die Liedpoetin sich selbst in unermüdlicher Manier aus, auf verschiedenen kreativen Kanälen, mit einer schier endlosen Vielfalt an künstlerischen und poetischen Mitteln: etwa als Kunsthanderwerkin, bildende Künstlerin und Botschafterin. Auf einen Schlag berühmt wurde sie, als sie sich in beispiellos patenter Eigeninitiative eine Ausstellung im Pariser Louvre organisierte. Und immer dichtete sie, sie malte, stickte, webte, formte und schrieb Musikgeschichte, als sie sich in den Sechziger Jahren auf die ihr unermessliche Schönheit der alten chilenischen Volkslieder besann: Sie begab sich auf eine musikalische Reise durch das eigene Land und in die Vergangenheit, und verschaffte damit dem lateinamerikanischen Folklore weltweit Anklang.

Das neue chilenische Lied und seine (Er-)Finderin

Die Schönheit der jahrhundertealten chilenischen Volksweisen wollte Parra nicht nur für sich selbst erforschen und entdecken, stattdessen drängte es sie danach, ihr ein Denkmahl setzen. Was ihr fraglos gelang: Seit sie mit ihrer Gitarre quer durch Chile reiste, um überall den Menschen zu lauschen und deren alte Weisen endlich aufzuschreiben, gilt sie nicht nur als (Er-)Finderin des Genres der „Neuen Chilenischen Lieder“. Ihre Songs haben darüber hinaus weltweite Popularität erlangt, u. a. durch Neuinterpretationen von Joan Baez und Mercedes Sosa. Eines ihrer bekanntesten und am häufigsten gecoverten Songs ist wohl „Gracias a la Vida“ (Dank an das Leben). Wie absurd und traurig und doppelbödig ist es da doch, dass die Liedpoetin kaum ein halbes Jahr vor ihrem fünfzigsten Geburtstag Suizid beging.

Violeta Parra: Großartig dargestellt von Francisca Gavilán

Die Schauspielerin Francisca Gavilán trägt diesen Film; sie verkörpert die virtuose und tragische Person der Violeta Parra mit Bravour und, ja, Leichtigkeit. Gavilán ist zweifellos in dieser Rolle aufgegangen, das ist unübersehbar. Erstaunlich auch der unkonventionelle Erzählstil des Filmemachers Andrés Wood, der ohne strenge Chronologie auskommt. Es lässt sich, spätestens im Rückblick, dankbar feststellen, dass gerade jenes intuitive Zusammensetzen von Erinnerungssequenzen, in einer Art Montagetechnik als Gedankenstrom aus der Retrospektive heraus, die eigentliche Stärke und Spannung des Filmes überhaupt erst ausmacht. So wird nicht nur der Ambivalenz und dem Facettenreichtum der Künstlerin würdig Rechnung getragen. Auch die Stärke von Parras Kompositionen kommt in der szenisch zum Klang- und Bilderteppich verwebten Liederfolge besonders trefflich zur Geltung. Es ist zugleich eine kluge Erzählform, mit der Andrés Wood der Filmbiographie genau die subjektive Wahrheit verleiht, die sie am Ende erst glaubwürdig macht.

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Fazit: Unbedingt ansehen!

Wer sich für lateinamerikanische Musik interessiert und anspruchsvolle Filmbiographien schätzt, wird an „Violeta Goes To Heaven“ seine Freude haben. Mit der gefühlvollen und klugen Dokumentation ist dem Chilenen Andrés Wood ein kleines Kunststück gelungen: Endlich einmal wieder eine Biographie, die dem Filmgenre gerecht wird. Gracias a ta Vida, Violeta, und man darf dankbar sein für diesen Film.

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