The World Tomorrow: Julian Assange nach Wikileaks

Julian Assange ist ein Name der viele Reaktionen auslösen kann. Von manchen wird er als Terrorist angesehen und von anderen als Held einer neuen Weltordnung.

Doch die Kritiken der konservativen Kräfte klingen etwas hohl. Zum einen wird nicht erläutert, wie die amerikanische Bevölkerung durch die Lüftung der Geheimnisse und „schmutzigen Wäsche“ des Militärs und der Regierung zu Schaden kommen soll und um als „Verräter“ beschimpft zu werden, sollte man vielleicht doch ein Mitglied des Staates oder der Organisation sein, die man verrät.

Auf der anderen Seite muss man jedoch zugeben, dass manche Staatsgeheimnisse unter Umständen besser solche bleiben sollten. Als die abfälligen Bemerkungen und Einstellungen mancher US-Botschafter über die Machthaber der Länder in denen sie arbeiten bekannt wurden, kann sich das nicht positiv auf die internationalen Beziehungen beider Länder ausgewirkt haben. Zudem könnte die Herausgabe von militärischen Informationen Menschenleben in den Militärs und der umliegenden zivilen Bevölkerung auslösen. Dies war zwar nicht der Fall, jedoch sollte man es nicht allein deswegen als Möglichkeit und Gefahr ausschließen.

Angriff auf Assange

Nach der Wikileaks-Affäre wurde Julian Assange von verschiedenen Parteien auf professioneller sowie privater Ebene angegriffen und musste sich vor Gericht vor verschiedenen Anklagen behaupten. Da er sich recht viele Feinde gemacht hatte, wurde es ihm nicht sehr leicht gemacht. Nachdem er dann wegen der Anklage „minder schwerer Vergewaltigung“ kurzweilig inhaftiert wurde, kam er unter strikten Auflagen wieder frei. Zum Beispiel muss er nun eine elektronische Fußfessel tragen und kann sich nicht frei bewegen.

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The World Tomorrow

Doch Julian Assange ließ sich nicht einfach von der „neuen Welt“ ausschließen, tat sich mit dem russischen Fernsehsender RT (ehemals Russia Today) zusammen und sendet nun aus seinem Wohnzimmer eine politisch aggressive Sendung. Seine Methodik und Vorgehensweise sind nicht kompliziert, doch sie gelten als kontrovers: Er macht Fokusinterviews mit Menschen, die von Regierungen als gefährlich bezeichnet und von vielen der Massenmedien verhöhnt werden. In seiner ersten Sendung lud er Sayyed Hassan Nasrallah zum Interview via Skype ein. Der Chef der als kontrovers erachteten Organisation Hezbollah hatte einige sehr interessante Dinge zu sagen und bekam, zumindest in den westlichen Medien, noch nicht viel Gelegenheit dies zu tun. Denn die Hezbollah ist keine rein terroristische oder gewalttätige Organisation und vollbringt viel Gutes im humanitären Sinne in der arabischen Welt. Die andauernden Konflikte mit Israel, die natürlich von beiden Seiten provoziert werden, sind jedoch der Grund des schlechten Rufs der Organisation. Doch jetzt, seit der Arab Spring Revolution, ist Hezbollah Teil der Lebanesischen Regierung.

Damit hat The World Tomorrow aber erst angefangen. Mittlerweile steht schon eine komplette Staffel in den Startlöchern und zahlreiche Experten und Aktivisten aus allen möglichen Konflikten und Angelegenheiten der Welt sollen sich mit Assange über die moderne Welt auseinandersetzen. So zum Beispiel interviewte er noch Slavoj Zizek, den ehemaligen Dissidenten und politischen Philosophen, der schon gegen Tito rebellierte und den konservativen amerikanischen Direktor des „Freedom Center“ David Horowitz in einer Episode, welche der ersten fast komplett ideologisch entgegengesetzt gegenüberstand.

Kritik

Dass dem „Staatsfeind“ der USA wieder mit viel Skeptizismus sowie Misstrauen begegnet wird, ist keine Überraschung. Dass er sich ausgerechnet mit dem eher nationalistischen und regierungstreuen Sender RT zusammentut, war zudem auch eher unwahrscheinlich. Der Kanal wird gerade von den Amerikanern als Propagandaapparat der russischen Regierung angesehen, welche sich zuletzt auch wieder innerhalb und außerhalb des Landes bei der Öffentlichkeit unbeliebt machte. Doch die Entscheidung, den Hezbollah-Chef einzuladen, wird in der russischen Politik genauso kontrovers diskutiert wie in der amerikanischen. Denn Hezbollah wird von beiden Ländern als gefährlich terroristische Organisation eingestuft. Zudem ist Nasrallah ein sehr gesuchter Mann und einige Geheimdienste der Welt würden ihn zu gerne zu fassen bekommen. The World Tomorrow befasst sich aber eher weniger mit den Tatsachen und Geschehnissen von gestern. Wie der Titel schon sagt, möchte Assange mehr über die Zukunft diskutieren und diese vielleicht sogar ein Stück weit positiv beeinflussen.

Seine Kritiker sehen das allerdings nicht so. Die New York Times, die sonst eher für ihren guten Journalismus bekannt ist, hat ein eher unwürdiges und schmutziges Editorial über ihn und seine neue Show geschrieben. So wurde er für seine Wahl des Senders kritisiert und als „im Bett mit dem Kreml“ beschrieben. Als Fanatiker und Verrückter wurde er zudem auch beschimpft. Doch selbst der konservative Alessandra Stanley der New York Times konnte nicht nur Negatives sagen und musste eingestehen, dass es ein sehr neutrales Interview war und Assange kein Blatt vor den Mund nahm. Am Ende wurde angedeutet, dass Assange vielleicht doch ein „echter“ Journalist werden würde und die Kardashians einladen könnte. Das wollen wir nicht hoffen. Den kompletten Artikel kann man hier lesen.

The World Tomorrow sehen

In wahrer Wikileaks-Tradition muss man nicht etwa den Sender RT einschalten oder für den Content der Show bezahlen. Assange hat jede seiner Episoden im Internet bereitgestellt, wo sie ohne Probleme per PC sogar in verschiedenen Sprachen angesehen werden können. Das Ganze ist im Internet eng mit Wikileaks verknüpft und kann unter diesem Link gefunden werden. Die Transkripte zu den Sendungen und weitere Infortmationen stehen dort ebenfalls zur Verfügung. Unabhängig davon, ob man sein früheres Projekt für richtig oder falsch hält: Assange macht einen sehr guten Eindruck als Journalist und seine Interviews strahlen eine Neutralität und Offenheit aus, von der viele andere Medien nur träumen können. Ein Beispiel wäre die New York Times. Zum Einstimmen ist an dieser Stelle die erste Episode zu sehen.

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Eine Meinung

  1. Im Großen und Ganzen hat mir dieser Beitrag gut gefallen, da er sowohl negative als auch positive Fakten nennt. Ich halte allerdings die Gewichtung teilweise für schwer vertretbar. Natürlich ist die Terrororganisation nicht das personifizierte Böse und tut für ihr Klientel auch bestimmt so einiges Gutes, aber den Satz „Die andauernden Konflikte mit Israel, die natürlich von beiden Seiten provoziert werden, sind jedoch der Grund des schlechten Rufs der Organisation.“ halte ich für fahrlässig und absolut unklug. Israel hat keinen einzigen Konflikt mit der Hisbollah „provoziert“, während die Hisbollah den Norden Israel seit Jahrzehnte mit Raketen überzieht und überfällt. Dazu sollte man auch erwähnen, dass die Terroristen von der Hisbollah auch aufs Engste mit den syrischen und iranischen Regimes verbunden sind und in deren Tradition auch gerne blutig Jagd auf Oppositionelle machen. Ansonsten hat mir der Artikel aber wie gesagt gut gefallen und ich habe Lust bekommen mir mindestens eine Folge dieser Sendung anzusehen, auch wenn ich Assange eher kritisch gegenüberstehe.

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