?Tatort“ von Klischees erschlagen

Ja, da haben die Autoren dieses Bremer „Tatorts" Recht, die braune Gefahr sollte uns hin und wieder ins Bewusstsein gerufen werden. Aber wenn das Problem um eine so seltsame, alberne und konstruierte Geschichte um ein Rock-Sternchen herumgeschustert wird, habe ich doch einige Mühe, den ambitionierten Kram ernst zu nehmen.

Zum Beispiel dieses Rock-gegen-Rechts-Konzert, das da veranstaltet wurde, das war doch recht eigenartig. So bin ich etwa beim Mitzählen der teilnehmenden Acts auf sieben gekommen und habe bestimmt längst nicht alle Künstler mitbekommen. Ganz schön langes Konzert. Und eine äußerst bunte Mischung, die uns und den virtuellen Fans in der großen Bremer Veranstaltungshalle da präsentiert wurde. Alle total gut drauf und total gegen rechts, ob nun Rockröhren, Soulsisters oder Jazzonkels. Ich würd mal sagen, das war eher „The Dome" als „Band Aid".

Einigen Spaß hat mir allerdings der Auftritt von Bo und seiner B-Wegung gemacht. Im Gegenteil zu der Szene, in der die versammelte Musikantenschar Michael Jacksons „They Don't Care About Us" anstimmte, wahrscheinlich nur, weil die Strophe mit „Skinhead" anfängt.. Und überhaupt, die Autoren stellen sich den Backstage-Bereich bei einem solchen Event vor wie die Wartehalle bei DSDS, wo alle irgendwie eine Familie sind und sich mit gemeinsamem Singen die Aufregung zu nehmen versuchen.

Aufgeregt sind die Jungs von „Revolverheld" sicher nicht mehr so oft. Schließlich haben sie reichlich Popkurserfahrung und schon ne Menge Platten verkauft. Und um noch ein paar mehr zu verkaufen kann es auch nicht schaden, wenn man einmal für die „Tatort"-Kameras aus der Stretch-Limo steigt und in der DSDS-Wartehalle einen auf Lagerfeuer macht, da singen ja eh alle immer. Schön für „Revolverheld", dass sie sich um einiges keine Sorgen mehr machen müssen, zum Beispiel um ihre Credibility.

Aber genug über richtige Musiker gemeckert, jetzt ist Jeanette dran. Die hat ja, abgesehen von der Nazi-Geschichte, auch nur sich selbst gespielt. Und – bei allem Respekt vor ihrer Musikalität – nicht mal das kann sie. Passend auch, dass ihre Figur sich „Dana" nannte, womit eines der großen Vorbilder für das Rock-Image, dass sie sich vor einiger Zeit plötzlich überstülpte, nun endlich zumindest klanglich eine kleine Hommage verpasst bekam.

Mehr Bände spricht da die niedliche PR-Story, die vor der Ausstrahlung des „Tatorts" durch die Presse ging. Dass nämlich die Nazis in dem Film von Linken gespielt wurden, weil Verantwortliche schon einmal bei der Bearbeitung eines rechtsrelevanten Stoffs schlechte Erfahrungen mit echten Idioten gemacht hatten.

Und so bleibt nach diesem Filmchen auch nicht viel mehr übrig als eine noch kritischere Einstellung gegenüber der Darstellung vom Musikantendasein im Fernsehen und das Gefühl, dass die Erkenntnis, die wahre Gefahr stellten nicht die rechten Schläger, sondern die unauffälligen Hintermänner – ja Führer-Figuren – dar, selbst zum Klischee zu verkommen droht. Nein, dieser „Tatort" war wirklich nicht erhellend. Nicht, was die braune Gefahr betrifft, höchstens vielleicht bezüglich der schauspielerischen Fähigkeiten von Frau Biedermann.

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2 Meinungen

  1. Schrecklich, dieser Tatort. Vor allem im Vergleich zum letzten (Schwerin, dunkler Sommer …), der trotz der einfachen Geschichte unglaublich gut umgesetzt war: schöne Bilder, sehr stimmungsvoll …

  2. „Mehr Bände spricht da die niedliche PR-Story, die vor der Ausstrahlung des „Tatorts“ durch die Presse ging. Dass nämlich die Nazis in dem Film von Linken gespielt wurden“Äh, was für Bände spricht das denn? Die Film-Nazis waren ja tatsächlich eher „Linke“ im echten Leben, von denen ich zumindest zwei persönlich kenne. Dass Radio-Bremen (bzw. jetzt bremedia) sich keine „echten“ Faschos ans Set holt, kann man ihnen ja wohl kaum verübeln. Naja, den „Nazi-tatort“ hab ich noch nicht gesehen und irgendwie hält mich Jaenette (und Revolverheld lockt mich mindestens genau so wenig hinterm Ofen hervor) auch davon ab 🙂 Der nächste Bremer Tatort, der im Herbst ins TV kommt, wird besser!

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