Spree8 oder: Die Werbetrommel rühren

Nichtsdestotrotz muss man neidlos anerkennen, dass Spreeblick zu den meistgelesenen, der ohnehin insgesamt wenig gelesenen deutschen Blogs gehört. Wundern braucht man sich indes darüber auch nicht, schließlich ist Haeusler einer der wenigen, die das Bloggen zum Beruf gemacht haben. Insofern hat er schon ein Vielfaches der zeitlichen Ressourcen eines Otto Normalbloggers, der nach Feierabend seine Leidensgeschichte des Tages niederschreibt, zur Verfügung.

Vor kurzem hat Haeusler gemeinsam mit einem anderen Bloggerkollegen, der in der Szene allerdings wohl nicht ganz unumstritten ist, ein Werbenetzwerk für Blogs mit dem schönen Namen adical geschaffen, was zu ziemlich radical statements aus der übrigen Blogosphäre geführt hat.

Jetzt springt Haeusler auf den nächsten Zug auf, der allerdings seit gestern vor dem Zaun in Heiligendamm halten muss, und versucht einen Hype zu erzeugen, indem er den G8-Demonstranten eine Blog-Plattform unter dem Namen Spree8 bietet. Dort kann man per SMS kurze Lagestatements "von vorm Zaun" absondern. Das Ganze hat gewisse Ähnlichkeit mit dem unnützen Dienst Twitter. Kurze Textnachrichten mit wenig Hand und Fuß, ähnlich den eingeritzten Statements in öffentlichen Bedürfnisanstalten, bloß weniger dauerhaft und viel mehr. Mit den bisherigen beiden Meldungen liegt Spree8 jedenfalls bereits voll im selbstgewählten Trend.

Sicherlich wird der Verlag Spreeblick mit den G8-Gegnern sympathisieren. Wer tut das nicht? Wer ist nicht der Meinung, dass man auf diese sauteure und nutzlose Veranstaltung ohne jedwede völkerrechtliche Legitimation besser jetzt als später verzichten sollte? Ich glaube aber, dass diese Sympathie nur einen Teil der Motivation darstellt.

Die Spreeblickenden werden festgestellt haben, dass Bloggen aus lauter Freude weder Rechnungen bezahlt, noch für opulente Mahlzeiten zu sorgen imstande ist. Also muss getrommelt werden. Mehr Bekanntheit, mehr Besucher, mehr Werbewert. Für mich ein völlig normaler und nachvollziehbarer Vorgang. Nicht nachvollziehbar ist für mich allerdings, dass Spreeblick dabei so vorgeht, als sei es nicht so. Adical als Werbenetzwerk zum Kohle verdienen, "wirbt" beispielsweise damit, dass Blogger die Werbetreibenden nicht brauchen, (aber die Kohle dann doch gerne hätten). Der Spree8-Blog ist auch nicht eben eine Sympathieveranstaltung gegenüber dem politischen Mainstream der wirtschaftsorientiert Denkenden.

Ob es sich auf Dauer auszahlen wird, ständig zu versuchen, die Hand zu beißen, die einen füttern soll, wird sich noch herausstellen. Ich fände es ehrlicher, wenn man zum Erfordernis Geld zu verdienen stehen und sich entsprechend marktorientiert verhalten würde. Auch wenn es sich sicherlich irgendwie sexy anfühlt, sich für einen Rebellen zu halten.

(Foto: www.pixelio.de / Fotograf: Maren Beßler)

4 Meinungen

  1. Kolumnistenschwein

    Rebellen sexy? Ich war noch nie, was Opportunismus und Angepasstheit betrifft, besonders pflegeleicht, glaube aber dennoch, nicht mehr gefickt zu haben als der Durchschnitt… . Ansonsten bleibt zu bemerken, dass für wirklich Profit abwerfende Blogs der Zug anscheinend in Deutschland noch nicht eingefahren ist, um auf ihn aufzuspringen.

  2. Dieter Petereit

    .Dass Rebellen sexy sind, habe ich nie behauptet. Ebenso habe ich nicht behauptet, dass die Spreeblickenden Rebellen sind. Und was die dem Zeugen zugrundeliegende Tätigkeit betrifft, habe ich mich schon gar nicht geäußert. Und überhaupt: Bist Du Spreeblicker?.Ansonsten hast Du Recht!.

  3. Kolumnistenschwein

    Wenn ich so meinen kleinen Spaziergang durch Kleinbloggersdorf mache, kehre ich auch ab und an im Spreeblick ein. Wobei ich natürlich zustimmen muss: so groß ist es nun auch wieder nicht. Habe weiß Gott schon bessere Texte, neuere Neuigkeiten usw., usw. anderswo gelesen. Und das mit dem Zeugen: das war ja der Seehofer. Habe ich wohl irgendwie verwechselt…

  4. Dieter Petereit

    Kann ja mal passieren. Neid muss man gegenüber dem Seehofer allerdings wahrlich nicht entwickeln. Man braucht sich bloß anzuschauen, wen er sich da zu einschlägigen Zwecken „erobert“ hat.

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