Demokratie: Verloren im Netz?

Christopher Lasch schrieb in „The Revolt of the Elites and the Betrayal of Democracy“ über die neuen, durch globale Netzwerke und Informationstechnologie gezüchteten Eliten. Sie würden global agieren, ohne sich um das zu kümmern, was sie umgibt und damit einen wesentlichen Faktor der Demokratie ausschalten. Jemand der in der Welt der Netze und der Gleichgesinnten in Wirtschaft oder Technologie in Tokio, Alexandria oder Anchorage zuhause ist, kümmert sich nicht mehr um die regionalen Belange, er tritt in keinen politischen Diskurs. Er ignoriert das einfach und nutzt überall auf der Welt, was er gerade benötigt. Seine Heimat ist die Netz-Elite, er sorgt sich nicht mehr um einen bestimmten Ort. Und so übertrumpfen die Eliten die Politik und handeln über sie hinweg. Das Ende der demokratischen Idee und die beginnende Herrschaft der Insider globaler Zirkel.
 
Meine Erfahrung wie auch Vision ist fast das Gegenteil. Als die Internetwelle begann, war für mich eine der mitreißendsten Erlebnisse, dass es überall Gleichgesinnte für Gedanken und Interessen gibt. Lebt man in einem Dorf, kann man sich mit manchen Interessen oder Meinungen schon ziemlich alleine fühlen, aus der Idee heraus, die eigenen Ideen würden von niemandem geteilt. Und da entdeckt man im Internet, dass es Tausende von Anderen gibt, die ähnlich ticken. Die bisherige Reduktion auf die Geographie endete und die Organisation um Communities begann. Egal ob Didgeridoo spielen, Welse züchten oder Perl-Programmieren, für jede Spinnerei gibt es eine Heimat im Internet und Leute, die weiterhelfen und ermöglichen, seinen Stand gegenüber der „lokalen Gruppe“ zu behaupten.
Das Internet und die es benutzenden „Eliten“ haben für mich einen demokratisierenden Effekt. Dienste wie eBay ermöglichen dezentralisierten Austausch und Handel ohne ein leitendes Zentralgestirn, Opensource-Programmierung in globalen, locker zusammengesetzten Teams sind das Gegenmodell zentralistischer Macht oder elitärer Zirkel.
Dass Demokratie mit diesem globalen Hintergrund anders aussehen wird als unsere bisherigen Nationalstaaten und es eine Aufgabe bleibt möglichst viele Menschen am Netz teilhaben zu lassen, steht außer Frage. Aber die Basis ist vielversprechend.
 

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