Sebel ‚Wie Deutsch kann man sein‘: Rotzig und (Wort)witzig

Unter dem Pseudonym Sebel van de Nijhoff trat er schon als Support für die Bands Luxuslärm und Stoppok auf. Zuletzt konnte man ihn auf dem Greenville Festival 2012 bei Berlin hören.

Sebels Debüt: Wie Deutsch kann man sein

Jetzt hat Sebel sein Debütalbum veröffentlicht. Hilfe hatte er dabei von Thumb/ Alternative-Allstars Frontmann und Produzent Claus Grabke.
Sebel spielt Gitarrenrock, der proletenhaft und irgendwie rotzig klingt- vollkommen Ruhrpott eben. So kommt er auch daher: angeranztes T-Shirt, olle Hose und die guten alten Chucks, die bei keinem Rocker fehlen dürfen. Seine Songs lassen viel Wortwitz erkennen und er bringt die Dinge, die schon längst mal gesagt werden mussten, auf den Punkt. Völlig ohne Schnickschnack.

Schon der erste Song der Platte bleibt in Erinnerung. Und während man hier vielleicht einen Liebesschnulzensong der aller ersten Güte erwartet, rechnet Sebel mit einer Verflossenen ab, die mit einem „Engel“ möglicherweise nur die blonden Locken gemeinsam gehabt haben könnte. Wer schon einmal richtig sauer auf eine Frau war, der wird den Song mögen. Wenn die Frau nämlich ein Engel war, dann sieht Sebel sich selbst als Jesus, der auf dem Wasser gehen kann. Beim Hören merkt man, dass in den Texten sehr viel Persönliches von Sebel steckt.

Persönliches Songwriting von Sebastian Niehoff

Einige andere Songs liefern dem Hörer auch etwas ganz Anderes, als er zunächst vom Titel erwartet hatte. So denkt man, beim Lied „Wie Deutsch kann man sein“ daran, dass der Sänger nun sämtliche altbekannten Klischees über die Deutschen abarbeiten wird. Stattdessen kommt eine Geschichte darüber, dass Sebel sich erst über den deutschen Kleingeist in seiner näheren Umgebung aufregt, nur um dann später festzustellen, dass ihm doch einiges daran fehlt. Die Melodie und der Refrain gehen übrigens ins Ohr. Und so passiert es schnell, dass man bei der Liedzeile „Wie Deutsch kann man sein“ mit dem Fuß mitwippt und innerlich den Refrain trällert. Wenn man allein ist, dann sollte man es laut tun, das macht Spaß!

Beim Lesen des Songtitels „Wer soll das alles Ficken“, fragt man sich, was der gute Sebel beim Schreiben da wohl dachte. Dem Song nach zu urteilen, hatte er anscheinend sehr viel Mitleid mit der Damenwelt, wie sie sich herausputzt und im Club darauf wartet von Männern glücklich gemacht zu werden. Ob sich für diese ganzen tollen Frauen auch genügend Kerle finden, ist die Frage. Natürlich bietet sich Sebel gleich an. Man kann vermuten, dass es sich um einen Traum handelt, wenn er besingt, wie 50 schöne Frauen mit ihm in seiner Wohnung eine kleine Party feiern.

Das Lied „Tag am Meer“ ist ihm wirklich gut gelungen und man hört gern zu. Der Song ist verträumt und eingängig. Es ist ein Lied um die Seele baumeln zu lassen. Es wird generationenübergreifend Anhänger finden und ist eigentlich auch ein viel schöneres Sommerlied als all der Ballermannpop, der sonst immer so den Weg in unsere heimischen Gefilde findet.

[youtube _83BtbKr3n8]

Seele aus dem Ruhrpott

So richtig hängen geblieben, ist mir auch der letzte Song. Den Text von “ Coka, Kebap und Kippen“ bringt Sebel gesanglich auch gleich so rüber, als wäre er tatsächlich total blau und könnte kaum noch stehen, geschweige denn einen anständigen Satz zu Ende bringen. Das kaufe ich ihm ab. Er singt nicht nur drüber, als Ruhrpottproll hat er das bestimmt auch schon öfter gemacht. Und jeder der den berühmt-berüchtigten nächtlichen Döner im betrunkenen Zustand gegessen hat, wird beim Hören ins Schmunzeln geraten.
Ansonsten bietet die Platte vor allem bodenständigen Rock, der an einigen Stellen sehr witzige Texte anbringt und den man sich anhören kann. Als „arschgeil“ werden ihn aber wohl die wenigsten bezeichnen. Sebel versucht das, was schon viele vor ihm probiert haben- mit Gitarrensound untermalte Komik. Entwicklungspotenzial hat er auf jeden Fall. Seine Stimme überzeugt und es wäre schön, mehr von ihm zu hören.

Solides Debüt für Radiotauglichkeit

Wer auf Pottproleten steht, die das Herz am richtigen Fleck haben und neben deutlichen Worten auch mal ihre romantische Seite zeigen, dem wird Sebels Platte gefallen. Die Musik bleibt im Kopf. Leider ist die musikalische Untermalung seiner Songs manchmal etwas eintönig und der verwöhntere Hörer wünscht sich mehr Tiefe bei den Texten. Fürs Radio ist die Musik auf jeden Fall geeignet. Sie hat Wiedererkennungswert und wird mit Sicherheit auch auf der einen oder anderen Party gespielt werden. Ich selbst werde einige Lieder meiner persönlichen Playlist hinzufügen. Das Hören von Sebels Debütalbum ist definitiv keine Zeitverschwendung.

[youtube VVe79G2KyAM]
Werbung

Schreiben Sie Ihre Meinung

Ihre Email-Adresse wird Mehrere Felder wurden markiert *

*