Roger Boyes: My dear Krauts

Es ist nicht das erste Mal, dass der Brite sich über Eigenheiten des deutschen Volkes auslässt. Sein Leben in Berlin verführte ihn auch in der Vergangenheit immer wieder zu spöttischen Kommentaren über uns und unsere manchmal äußerst seltsam anmutenden Gepflogenheiten. Da sind die Engländer nicht besser, darüber ist sich Boyes völlig im Klaren und genau dieses Spannungsverhältnis versucht er in „My dear Krauts" einzufangen. Da sind seine englischen Kumpels mit ihren Wahnsinns-Ratschlägen, da sind die deutschen Frauen, die so ganz und gar anders sind als die englischen, da ist aber auch sein Vater, ehemaliger Bomberpilot der Royal Airforce im Zweiten Weltkrieg, stur, unbelehrbar und mit einem Freund versehen, der noch heute am liebsten alle Deutschen eliminieren würde. Und da ist er, mittendrin in diesem Kreuzfeuer der Vorurteile. Und begehrt von gleich zwei Frauen.

„Die Selbstachtung eines englischen Gentlemans beruht auf seiner teuren, traditionellen Erziehung, die sich aus Jahren voller Schikanen und Prügel, Heimweh, emotionaler Verwahrlosung und brutaler Athletik zusammensetzt. Sofern er die Schulzeit überlebt hat, wähnt sich der Engländer als unbesiegbar. Nichts, so gut wie nichts, kann seiner Selbstzufriedenheit, dem Gefühl, einer der Herren des Universums zu sein, einen Dämpfer verpassen. Aber man nehme zwei deutsche Frauen und lasse sie auf ein nichtsahnendes englisches Opfer los – und schon ist davon nichts mehr übrig."

Das Buch ist stellenweise witzig, zugegeben. Aber trotzdem: ein bisschen mehr des berühmten britischen trockenen Humors hatte ich erwartet. Gerade bei einem Autor, der für seine spitze Zunge und seine guten Analysen bekannt ist. Manche Passagen sind mir zu platt, manche Schicksalswendungen zu weit hergeholt, einige Personen viel zu überzeichnet. Diese wechseln sich allerdings ab mit durchaus gelungenen Karikaturen des typischen Deutschen. Was hier rüberkommt, genügt meines Erachtens nach trotzdem nicht für ein wirklich gutes Buch. Ich hatte mehr erwartet, denn schließlich hätte es ja durchaus amüsant sein können, sich selbst mal durch die Brille eines anderen zu sehen. Wie gesagt: hätte sein können – war es aber nicht!

Roger Boyes: My dear Krauts – Wie ich die Deutschen entdeckte, erschienen als Taschenbuch bei Ullstein für 9,00 €. Aus dem Englischen von Axel Henrici.

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