Ohne Denken kein Lehren

Alleine schon der erste Elternabend 3 Monate vor der Einschulung war eine organisatorische Katastrophe.

Zunächst einmal begrüßt ein Mann, der es nicht nötig hat, sich vorzustellen, die Anwesenden. Wer ihn nicht kennt kann nur raten, dass es der Direktor ist. Dann stellen sich die beiden Lehrerinnen für Lebenskunde und Religion vor, damit man für sein Kind wählen kann, welches Fach es belegt. Nachdem beide Damen vorgetragen haben habe ich den dringenden Wunsch, dass Mareike keines dieser Fächer belegt. Was nicht an den Fächern liegt.
Dann erfolgt die Verteilung der Eltern in die zukünftigen Klassenräume. Alleine, für unsere Lerngruppe war kein Raum angegeben. Nach einigem Umherirren wird uns erklärt, dass noch nicht klar ist, in welchem Raum die Lerngruppe im nächsten Jahr unterrichtet wird. Auch ist die zukünftige Lehrerin nicht da, sondern nur die bisherige, die allerdings völlig desillusioniert ist und die Schule verlassen wird. Später erfährt man, dass aus der entsprechenden Lerngruppe 4 Erstklässler sitzen bleiben sollten (auch wenn es heuer nicht mehr so heißt, faktisch ist es doch das gleiche), die Eltern aber bis kurz vor Toresschluss nicht die blasseste Ahnung davon hatten.

Zunächst einmal ist es doch wohl ein völliges Armutszeugnis, dass die Hälfte der Erstklässler in Stufe 1 bleiben soll. Dass aber die Eltern nichts davon erfahren ist absolut unbegreiflich. Welche Motivation bringen Pädagogen mit, die so etwas zu verantworten haben?

Hier deutet sich schon an, warum es am Ende nicht um Professionalität gehen wird.

Inzwischen läuft das Schuljahr, die Kinder lernen und spielen. Beim Spielen auf dem Hof sind sie durch eine Hofaufsicht beobachtet. Sind sie?
Eine Erstklässlerin wird von 4 anderen Mädchen bedrängt, geschubst und als sie am Boden liegt halten die ihr die Stiefel an den Kopf. Die Hofaufsicht sitzt da wo sie immer sitzt, von wo sie nicht den ganzen Hof überblicken kann und unterhält sich.
Ein Erstklässler bricht sich in der Hofpause den Arm. Ein komplizierter offener Bruch. Die Schule informiert den Vater. Und nichts weiter. Erst als der Vater nach einer halben Stunde eintrifft holt dieser einen Arzt. Der versetzt den Jungen sofort ins Koma. Die Schule kam überhaupt nicht auf die Idee, bei einem offenen Bruch einen Arzt zu holen.

Nach meinem Verständnis soll die Schule den Kindern helfen, selbständig denken zu lernen.
Besonders gut klappt dass, wenn die Schule selbst effizient organisiert ist, also professionell arbeitet. Professionalität setzt Denken voraus.
Ich kann aber gar nicht erst über mangelnde Professionalität reden, wenn es bereits am Denken, am Mitdenken, fehlt.
Wenn Lehrer und Erzieher es an allem fehlen lassen, was Pädagogik ausmacht. Wenn Hortnerinnen sich den Hintern breitsitzen und sich nicht dafür interessieren, wie es den ihnen verantworteten Kindern ergeht.

Welchen Sinn hat es, über Bildung zu reden, über Konzepte, Ideen und Methoden, wenn in der Praxis nichts ankommt?
Wenn die verantwortlichen Lehrer und Erzieher nur ihrer Pensionierung entgegenfiebern und alles andere auf dem Weg dahin nur als notwendiges Übel ansehen?

5 Meinungen

  1. schon in erwägung gezogen schulämter anzuschreiben?denke die sollten mal wieder was zu tun haben…

  2. Das ist erst der Anfang. Dieses Bildungssystem ist nur noch ein Scherbenhaufen. Konzerne nehmen Einfluss auf Lerninhalte. Lehrer beherrschen die Rechtschreibung und Grammatik selbst nicht.

  3. Friedrich Baumann

    Ich habe 4 Kinder durch alle Schultypen und durch 3 Universitäten begleitet und habe denselben Eindruck gewonnen. Die Anzahl der Lehrkräfte und Professoren, die für ihren Beruf berufen, fachlich und pädagogisch kompetent sind, über ein ihrer Aufgabe entsprechendes Verantwortungsbewusstsein und eine natürliche Autorität verfügen, schätze ich auf maximal 10 %. Der Vorwurf geht aber nicht an die Lehrer (jeder Mensch ist so wie er ist und keiner kann aus seiner Haut), sondern an diejenigen, die sie ausgesucht, ausgebildet und angestellt haben!

  4. @ Friedrich Baumann:
    Klar trägt das Bildungssystem eine Mitschuld, eine große sogar. Der Pädagogikteil des Lehrer-Studiums ist recht schlecht, das Referendariat viel zu spät. Wer bricht denn zu einem so späten Zeitpunkt noch sein Studium ab, wenn er endlich feststellt, dass er es mit so einer Bande Racker gar nicht aushält?
    Aber auch den Leuten selbst ist durchaus ein Vorwurf zu machen. Was ist denn das für eine Arbeitsmoral?

  5. Hier wird zu recht vom „Bildungssystem“ gesprochen und deutsche Bundesländer haben nun mal eines, dass 150 Jahre alt ist. Da soll auch keiner dran rütteln (Hamburg) Da soll auch ordentlich sparsam gewirtschaftet werden (Platz 24 OECD bei den Bildungsausgaben). Jede Veränderung und sei es nur die Anschaffung von interaktiven Tafeln statt Grün und Kreide wird als Kulturrevolution diskutiert und verdammt. Lehrer sollen keine Beamte sein, aber gegen Noten zum Verwaltungsgericht gehen möchte man schon. Ich finde, dieses Land hat genau das Bildungssystem, das es verdient und in meinem persönlichen Umfeld erlebe ich Lehrer eher noch als den engagierteren Teil wenn es um das Ausbügeln der Fehlleistungen des „Systems“ geht.

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