Modewahnsinn Frühjahr/Sommer 2007

Manche Mode-Designer müssen tief in ihrem Inneren Frauenhasser sein, denn sonst würden sie nicht zulassen, dass halb verhungerte Kindfrauen für ihre fragwürdigen Visionen einer perfekten Frau Gesundheit und Leben riskieren. Zwei aktuelle Fotos haben mich besonders erschreckt, das einer ausgemergelten jungen Frau mit Bleistift-dünnen Ärmchen, die den aktuellen Glitzer & Glamour-Trend vorstellt, und ein Gruppenbild mit Models, die u.a. Miniröcke und kurze Hosen tragen. Sind diese Fotos wirklich dazu geeignet, Frauen Lust auf die neue Frühjahr/Sommer-Mode 2007 zu machen? Mich stimmen diese Bilder einfach nur traurig. Damit wir uns richtig verstehen, das ist nicht das Lamento eines gefrusteten Pummelchens. Ich selbst trage Größe 34/36, doch das Gezeigte verstört und stört mich gleichermaßen, denn Attraktivität oder eine gesunde Ausstrahlung kann ich für meinen Teil nicht erkennen. Weit schlimmer ist jedoch die nonverbale Botschaft dieser Fotos: So muss eine Frau aussehen, wenn sie en vogue, attraktiv und letztenendes geliebt werden will. Vor allem Teenager und junge Frauen, die ihr Ich noch nicht gefunden haben, können sich unter Umständen die falschen Vorbilder aussuchen.

Mir fallen auch einige Interviews in Zusammenhang mit der Mager-Model-Diskussion ein. Ein paar namhafte Designer taten das Thema ab, schoben die Schuld auf die Models oder sahen in einem Verbot von Magermodels nach spanischem Vorbild gar einen Angriff auf ihre künstlerische Freiheit. Mit dieser Haltung werden Frauen zu Wunscherfüllern der meist männlichen Modefantasien degradiert. Größe 36 kann und darf nicht das Maß für Attraktivität und Modetauglichkeit sein. Und selbst, wenn Frau sich erfolgreich auf diese Kleidergröße herunterhungert, so muss sie deshalb nicht gleich toll aussehen, denn es gibt nun mal Kleidungsstücke, die auch an Frauen mit Modelmaßen total bescheuert aussehen.

Ich persönlich bin froh darüber, nicht mehr ganz jung zu sein. Ich weiß, was mir steht und ich stehe zu meinen Formen. Ich will auch nicht trendy sein. Vielmehr trage ich, was mir gefällt. Wenn es zufällig gerade modisch ist, dann OK – wenn nicht, dann kann ich auch damit leben. Mode sollte generell nicht überbewertet werden. Natürlich machen Kleider Leute. Doch Leute machen auch Kleider. Und wenn die nicht passen wollen, dann sind die Anbieter schuld und nicht die Frauen. Betrachten wir Mode deshalb eher als eine Art textiles Buffet. Man sucht sich heraus, was einem schmeckt, der Rest bleibt einfach liegen. Vielleicht erleben wir es ja auch, dass zumindest ein paar Modemacher wieder verstärkt Klamotten für nomale Frauen machen, was natürlich viel schwieriger ist als Bohnenstangen zu bekleiden. Ich träume davon, dass Millionen Frauen in aller Welt den Modezaren einfach ihren alltagsuntauglichen Krempel nicht mehr abkaufen und sich so lange verweigern, bis sie wieder Mode angeboten bekommen, die sie so respektiert, wie sie sind. Ob nun Kleidergröße 36 oder 46. Noch nie waren vor allem die Frauen in der westlichen Welt so frei wie heute. Die Unterordnung unter ein Mode- bzw. Größendiktat ist meiner Meinung nach eine gesellschaftspolitische Rückwärtsrolle, die wir nun wirklich nicht mitmachen sollten. Schönheit und Attraktivität hat doch viele Gesichter. Sie reicht von der grazilen Audrey Hepburn bis zum "Vollweib" Christine Neubauer. Wir wären uncool – um nicht zu sagen dämlich, wenn wir uns diese ästhetische Bandbreite von ein paar überbewerteten Stoffheinis wegnehmen ließen, oder?

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