Mein Freund, die Phrase

Er wusste es zu schätzen, mit wenigen Worten viel zu sagen. Flugs(blatt) 95 Thesen veröffentlicht und die Welt verändert, so ging das damals – und so stellt sich so mancher Texter sein Ideal vor, was ja, je nach Ansinnen, nicht das Schlechteste ist. Aber warum machen sie es dann nicht? Warum verkomplizieren immer mehr Texter mit immer mehr Worten immer banalere Ideen? Um von der Banalität abzulenken? Warum? Kann doch sein, dass das Banale in dem Fall genau das Richtige ist.  Es ist schlimm, dass sich die Kreation dem Sprachgebrauch der Kundenberatung anpasst. Luther empfahl dem Volk aufs Maul zu schauen, nicht ihm nach selbigem zu schwätzen. Ein durchschnittlicher Kundenberater neigt dazu, ohne Befähigung zu bemerken: „Das kann man so nicht sagen.“ – Nun, wenn er wüsste, wie, warum ist er dann nicht Texter?

Ich hätte gerne, dass

a) jede Präsentation von einem fähigen Texter (und damit meine ich keine Poesiealbumpoeten) redigiert wird.

b) jede Präsentation vor der Putze des Hauses stattfindet. Wenn Sie es versteht, ist es sehr wahrscheinlich, dass es auch alle anderen auf Kundenseite verstehen.  Umgekehrt kann das nicht garantiert werden. Es gibt keinen besseren Bullshit-Detecor.

Deshalb habe ich ja auf meiner Site mein Motto Besser werben mit Phrasen und, als Beweis, dass ich mit meinem Ansinnen nicht allein bin, Scholz & Friends dazu ja auch Lore’s Law – Das Gesetzbuch des gesunden Menschenverstandes  veröffentlicht. Überhaupt scheinen sich Agenturen Sorgen um den Realitätsbezug nicht Ihrer Klientel, sondern Ihrer Lohnempfänger zu machen, dabei vor allem den der Kreation, weshalb Jung von Matt in Hamburg ja schon vor Jahren Deutschlands häufigstes Wohnzimmer eingerichtet – und damit, was mich am meisten wundert, einen Goldenen Nagel vom ADC Deutschland erhalten.

Wenn Sie also das nächste Mal die Nase wegen einer vermeintlichen Phrase rümpfen, achten Sie mal weniger auf die Form, denn, wie eine alte Phrase sagt, hat nur zu folgen…

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Eine Meinung

  1. Luther hatte aber auch große Vorteile – er wußte ziemlich genau was er sagen wollte. Klingt nicht originell, aber heute scheint es mir sehr schwierig, einen eigenen Standpunkt zu haben. Wenn man den nicht hat, fällt einem oft nicht viel sinnvolles ein. Es argumentiert sich schlecht, wenn man keine richtige Mitte hat.Scholz & Friends pflegen wirklich eine sehr einfache und trotzdem kreative Sprache. Man versteht sie sehr gut. Zum Beispiel die FAZ-Kampagne „Gehen Sie in Führung“ ist phantastisch. Und das Beste ist: Man erkennt diese Werbesprache sehr oft auch in anderen Kampagnen von ihnen wieder. das ist Markenwerbung, die schon selbst zur Marke geworden ist.

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