LEIPZIG (POP UP

Freitag: Das FrühAuf im Leipziger Südosten ist ein netter Laden, aber nicht, wenn er zu voll ist. Draußen hat es geregnet und drinnen schwitzen die Leute. Die Folge: Amazonas-Luftfeuchte. Zwischen Decke und Zuschauerköpfen gefühlte zehn Zentimeter, von den Bands ist in diesem Zwischenraum nicht einmal ein Haarschopf zu sehen. Anstrengend. Aber im Café Cantona nebenan kann man Luft holen. In größerem Rahmen garantiert beeindruckend gewesen wären: Gogogo Airheart (vier Songs zum Download bei MySpace), Diario (ausgezeichnete Leipziger Instrumentalband, drei Songs bei MySpace) und Ostinato (keine Downloads, aber vier Stücke zum Hören).

Samstag: Der eigentliche Messetag. Seitenscheitel und Umhängetaschen schieben sich durch die Gänge zwischen den Ständen. Cityslang verschenkt alte Bandposter, die Floss Bros. verkaufen 2,5 Milliarden Buttons pro Stunde, draußen gibt es Würstchen und Bier unterm Dach, denn aus unerfindlichen Gründen regnet es schon wieder. Das erste von drei Diskussionsforen verspricht spannend zu werden: „Blog Party“ der total originelle Titel, auf dem Podium Sascha Kösch (De:Bug), Johnny Häusler (Spreeblick), Kai Pahl (Dogfood/Blogbar), Nils Mammen von der Uni Leipzig und Moritz Sauer (phlow), Moderation Axel Rahmlow vom Uniradio mephisto 97.6 (jetzt bekomme ich wieder Prügel – „Lokalradio der Universität Leipzig“ ist die offizielle Sprachregelung).

Um das Verhältnis von klassischem Musikjournalismus und Weblogs soll es gehen. Daraus wird dann leider sehr wenig, stattdessen wird das Phänomen Weblogs im Allgemeinen hin- und hergerollt, inklusive Abstecher zu „Blogs vs. Journalismus“. Alles nicht unspannend, aber interessante Fragen von da aus kommen nicht dran: Ob – wenn schon nicht die klassischen Medien insgesamt – der Musikjournalismus in seiner Printform dem in Musikblogs (bzw. Internet generell) nicht völlig unterlegen ist? Letzterer ist schließlich schneller (Stichwort Hypes, Stichwort Veröffentlichungstermine vs. Monatsmagazin) und kann direkt die Datei zum Anhören bieten; vielleicht kommen wir hier nochmal darauf zurück. Stattdessen muß auf dem Podium zunächst geklärt werden, was eigentlich das Besondere an der Blogosphäre ist. So tief ist das Thema also doch noch nicht gesickert.

Johnny Häusler hat über seine Messe-Eindrücke geschrieben, Kai Pahl ebenfalls.

Wirklich gewaltig in die Hose geht dann aber das dritte Forum des Tages: „I bet you look good on our coverstory“. Moderator Donis hat – man sagt: grandios – bis um sieben Uhr morgens in der Ilse Platten aufgelegt und ist entsprechend dérangiert. Ein roter Faden ist nicht zu erkennen, so wenig, daß irgendwann Podiumsgast Roger Behrens (testcard) die Gesprächsführung mehr oder weniger selbst in die Hände nimmt. Meine Notizen beschränken sich auf die Namen der Teilnehmer. Vielleicht war aber auch schon das Thema zu breiig: „Die Frage ist also, ob eine unabhängige Popkultur möglich ist, was sie leisten kann und wie sie innerhalb der Gesellschaft zu verorten ist“ – so der Programm-Reader zur Messe.

Später am Abend ist all das dann auch egal. In Leipzigs Wohnzimmer „Ilses Erika“ feiert die Familie sich selbst und das Leben und nebenbei auch Amusement Parks On Fire. Und draußen regnet‘s ab und zu.

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