Lasst die Kinder spielen 2

So, nachdem mein Internet wieder ordentlich funktioniert konnte ich mir die Antworten auf meinen letzten Artikel auch endlich anschauen und bemerkte – da analysiere ich ja messerscharf -, daß ich wohl neben den Überlegungen, ob und wie man mit den Inhalten der Spiele umgeht, die Kinder spielen, eine grundsätzliche Komponente gar nicht genannt hatte: Die Dauer.

Tatsächlich ist es auch bei mir zu Hause so, daß beide Kinder nicht aufhören, bevor man es ihnen sagt. Wenn man da mal nicht so drauf achtet, können sie auch drei Stunden durchdaddeln, allerdings trügt der sich daraus eventuell kurzfristige Vorteil, daß man ja dann auch mal eine Weile Ruhe gewonnen hat.  Die Passantin schreibt in ihrem Kommentar über die Auswirkung:

Das einzige, was ich sehe, ist, dass ihm unkontrollierter Spielekonsum nicht gut tut und er danach launisch und unausgeglichen ist.

Das stimmt, und zwar grundsätzlich. Grund ist Bewegungsmangel und zu lange Konzentration auf den Bildschirm – ob nun Fernseher oder Computer ist wohl egal. Die kurzfristigen Auswirkungen sind schlechte Laune, die langfristigen sind allerdings unangenehmer. Man scheint inzwischen als Ursache für Übergewicht bei Kindern einen direkteren Zusammenhang mit Fernseh- und Computerspielkonsum zu sehen als mit einseitiger Ernährung.

Das bedeutet: Auch hier muss man genau schauen, was gut für die Kids ist, denn sie selbst achten nicht drauf. Ein paar grundsätzliche Empfehlungen dazu gibts ja und sind eigentlich bekannt: Kein Fernseher im Kinderzimmer ist die wichtigste, denn was reglementiert werden muss, darf nicht ausgerechnet dort landen, wo Regeln am unproblematischsten ignoriert werden können. Schwierig wirds mit der Zeitbeschränkung und deren Durchsetzung bzw. Einhaltung. Zu schnell sind Regeln aufgeweicht, wenn die Kinder es schaffen, Ausnahmen schleichend zur Gewohnheit zu machen. Die eigene Bequemlichkeit spielt einem da schnell einen Streich. Allerdings rächt sich der schnelle Vorteil langfristig und man hat die zigfache Arbeit, wenn Kind irgendwann dick, faul und dauerlaunisch ist.

Andererseits finde ich, daß viele Empfehlungen übers Ziel hinausschießen. Daß Kinder unter drei Jahren gar nicht Fernsehen sollen lässt sich m.E. gar nicht durchsetzen und zu strenge Regeln aufzustellen, die man selbst gar nicht einzuhalten oder einzufordern imstande ist (z.B. wenn das Kind nach der Schule noch eine Weile alleine zu Hause ist) sorgt auf beiden Seiten für ein dauerndes schlechtes Gewissen, das keine Vorraussetzung für einen normalen Umgang mit Medien und miteinander ist.

Es gibt Studien, die weniger die Gefahren als die Chancen betrachten, die im Umgang mit Medien liegen, denn die werden mir doch viel zu oft übergangen. Das Deutsche Jugendinstitut hat zum Beispiel mal eine Analyse der Medienerfahrungen von Jugendlichen in der Familie gemacht und fasst zusammen:

Die visuellen Medien und die Musikmedien spielen im Alltagsleben heutiger Familien eine zentrale Rolle. Medien sind Lebensbegleiter. Im alltäglichen Umgang mit Medien entstehen bei Jugendlichen und Erwachsenen medien-biographische Erfahrungen. Die Jugendlichen suchen das breite Spektrum der Medienangebote (Filme, Sendungen, Musik, Bücher, Zeitschriften, Computer) nach ihren Themen ab; sie wählen „für sich“ entsprechende Inhalte aus, die für ihre aktuellen Themen bedeutsam sind, z.B. Arbeit am Selbstbild, Ablösung von den Eltern, Abgrenzung gegenüber den Geschmackskulturen der Eltern, Vater-Suche sowie Freundschaftsbeziehungen. Bei dieser Auswahl ist eine geschlechtsspezifische Themen-Suche festzustellen.

Das hört sich weit weniger bedrohlich an, als man es in reisserischen Artikeln der Boulevardpresse oder pseudosachlichen Fernsehformaten liest und hört (Akte irgendwas zum Beispiel ist da mein persönliches rotes Tuch in Sachen Bedienung von Ressentiments statt korrekter Darstellung von Sachverhalten). Im Prinzip bedeutet es, es ist wichtig, zusammen mit den Kindern Medien zu erleben. Sprich: Erst wenn die Medien für die Kinder eine Fluchtmöglichkeit bieten, also dafür genutzt wird, die Familiensituation zu verlassen, wirds unangenehm.

5 Meinungen

  1. Wie sagte schon Erich Kästner: Erziehung ist sinnlos, die Kinder machen einem ja doch alles nach! :)..und das stimmt ja auch: die Art und Weise, wie, wann (aber interessanterweise auch wie lange) sie eines der elektronischen Medien nutzt ähnelt sehr der Art wie ich es nutze. Na ja, zumindest wenn sie wach ist, hehe.Wir haben zb „feste“ Fernsehzeiten, i.d.R. so ab 19.00 bis Bett-gehen. Was uns nicht daran hindert, hin und wieder diese Regeln zu verwässern oder gar mal zu brechen. Ich hatte aber noch nie den Eindruck, dass sie in diesem Augenblich NICHT weiß, dass diese Regelverletzung jetzt nicht zum Standard wird.

  2. Interessant Ihre Erwähnung der Gefahr des Übergwichtes. Kann leichte Tendenzen auch bei uns feststellen. Andererseits tröste ich mich dann immer mit seinen schulischen Spitzensportleistungen. Er gehört wohl einfach zu der Sorte, die trotz „stabilen“ Körperbaus diesbezüglich auch noch etwas hinbekommt …“oder einzufordern imstande ist (z.B. wenn das Kind nach der Schule noch eine Weile alleine zu Hause ist) sorgt auf beiden Seiten für ein dauerndes schlechtes Gewissen, das keine Vorraussetzung für einen normalen Umgang mit Medien und miteinander ist.“ Verstehe ich Sie da richtig, dass mir gar keine Alternative bleibt als zu sagen: Keine Regeln oder Schluss mit dem Arbeitsalltag, damit ich auf die Einhaltung der Regeln, die ich aufstelle, auch achten kann.

  3. Übergewicht: Leichte Tendenzen auch hier obwohl die Dauer der Mediennutzung m.E. in einem passablen Rahmen ist. Da ist wohl auch Faulheit, etwas ausgleichendes zu tun, dabei. Auch beim Lesen bewegt er sich ja nunmal nicht.Keine Regeln oder Schluss mit dem Arbeitsalltag: Ach je, da muss man sicherlich nicht gleich in Extremen „entweder-oder“ denken 🙂 Ich bin da kein Experte, aber würde halt versuchen, eine Regelung zu finden, die einhaltbar ist. Wichtig ist mir bei dem Satz nicht, daß die Umstände zu ändern sind, das geht ja meist nicht, sondern daß man vermeiden muss, daß einer oder beide ein schlechtes Gewissen bekommen. Wovon man versuchen müsste, weg zu kommen wäre wohl der unterschwellige Vorwurf „Du hängst ja eh nur vor der Glotze wenn ich weg bin“ und der unterschwellige Gegenvorwurf „Du bist ja immer weg, wenn ich zu Hause bin“.Vielleicht entschlackt man Vorwurf eins mit sowas wie: Wenn die Hausaufgaben gemacht sind, bedeutet das, er hat nicht nur vor der Glotze gesessen und darf an dem Tag länger (z.B. 90 Min.), ansonsten eben kürzer (z.B. 45 Min.). Und Vorwurf zwei damit, mehr Aufmerksamkeit für die Dinge zu entwickeln, die ihn interessieren. Kinder freuen sich wie Bolle, wenn sie ihren Eltern die Dinge erklären können, die sie cool finden.

  4. Das ist richtig. Danke

  5. ich denke, dass kinder computer games spielen dürfen, was es ihre Ausdrucksfähigkeit und Auffassungsgabe verbessern. Es gibt sehr gute Spiele, die speziell für Kinfer entwickelt geworden waren. Virtuelles Tiere sind ein gutes Beispiel weil sie Kinder zeigen, wie ein Tier pflegen, wie und warum man muss sparen, usw…Gute Spiele : de.poneyvallee.com und http://www.haustierstall.de

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