Kurz eingenickt, die Zweite

Wie gestern schon angedeutet, muss sich Ernst Middendorp nach seinem kurzem Nickerchen auf der B68 in Halle in Westfalen wohl keine Sorgen um seine Anstellung bei Arminia Bielefeld machen. Hans-Hermann Schwick, Rechtsanwalt und Präsident der Arminia, hat angekündigt, den 48-jährigen im Amt zu belassen und seine Verteidgung im anstehenden Verfahren zu übernehmen. Die Aussagen des obersten Arminen lesen sich jedoch weniger als nachsichtige Reinwaschung. Vielmehr scheint er die sportliche gegen die moralische Seite abzuwägen. So ließ er gestern verlauten:

"Wir werden aber sicher nicht zur Freude der Konkurrenz den Trainer ablösen“

und:

"Ich glaube nicht, dass Herr Middendorp mit einschneidenden Konsequenzen rechnen muss. Ich bin mir aber sicher, dass er diesen Vorfall sehr bedauert"

Middendorp ist bereits der dritte Arminentrainer dieser Saison, die Ablösungen von Thomas von Heesen und Frank Geideck gingen mit einigem Lärm über die Bühne. Nebengeräusche, die sich der Club vier Spieltage vor Schluss nicht erlauben will: Der Abstieg droht, zwar belegt die Mannschaft derzeit den rettenden Platz 15, doch ist mit 33 Punkten gleichauf mit dem 16. Alemannia Aachen. So bleibt Middendorp im Amt, Ruhe dürfte dadurch vorerst trotzdem nicht  wiedereinkehren.

Der Trainer selbst kommentierte seinen ungewöhnlichen Schlafplatz bisher so:

„Ich kann mich nicht erinnern, wie ich dahin gekommen bin.“

Diese Angabe ist auf der einen Seite ratsam. Andernfalls müsse man ihm nämlich unterstellen, sich seines fahruntüchtigen Zustands bewusst auf die Fahrt von Bielefeld nach Halle begeben zu haben, was schweriegendere Folgen hätte, als sich selbst das Gedächtnis abzusprechen. Andererseits lässt diese Aussage natürlich einen unschönen Schluss auf Middendorp Zustand an diesem Aben zu, denn: Wessen Zustand es nicht zulässt, dass er sich am nächsten Morgen erinnern kann, wie er von A nach B gekommen ist, dem hätten wohl auch folgenschwerere Taten unterlaufen können, als seinen Wagen halbseitig auf der falschen Fahrspur zu parken und über dem Steuer einzuschlafen. So ist auch die vorsichtige Rechtfertigung Schwicks mit einem Nachgeschmack versehen:

"Der Klub wird zunächst das Ergebnis der Ermittlungen abwarten, geht aber gegenwärtig davon aus, dass niemand zu Schaden gekommen ist"

Heißt das: Wären andere Personen zu Schaden gekommen, wäre Middendorp entlassen worden? Das klingt nach der Einstufung als Kavaliersdelikt. Schwick jedenfalls beschwor die Mannschaft, sich von dem Vorfall nicht weiter beeinflussen zu lassen, sondern sich voll und ganz auf das wichtige Spiel gegen Bremen am kommenden Spieltag zu konzentrieren. Der Trainer, der das Trainingsgelände an der Friedrich-Hagemann-Straße heute morgen als Beifahrer von Co-Trainer Frank Eulberg erreichte, richtete sich sogleich an die Mannschaft. Die gibt sich, repräsentiert von Kapitän Matthias Hain, bibelfest und willig zur Vergebung:

"Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein."

Da niemand der umstehenden Journalisten warf, holte Hain gleich noch ein historisches Bildnis hervor: Er wolle den Trainer nicht an den Pranger stellen, man hab schließlich

"Wichtigeres zu tun."

Was konkret, das ließ er offen. Aber zum Bibelkreis werden sie sich bei der Arminia in den kommenden Tagen voraussichtlich nicht verabreden.

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