Georg Schramm – einer der bedeutendsten deutschen Kabarettisten

Georg Schramm – der Mensch

Georg Schramm ist 1949 in Hessen geboren worden. Als Psychologe erwarb er offenbar sehr vielschichtige Einblicke in menschliche Rollen, Komplexe und Sorgen.

Als Kabarettist ist er seit über 20 Jahren aktiv, wenngleich seine Karriere anfangs steinig war. Durch Auftritte beim SFB und norddeutschen Engagements wurde er immer berühmter. Heute gilt er vielen als Inbegriff des kritischen, gesellschaftlich hoch gebildeten Kabarettisten, der glanzvoll im „Scheibenwischer“ und in „Neues aus der Anstalt“ zeigte, wie man beinahe chirurgisch Themen auseinander nimmt.

Nach dem Ausstieg aus der „Anstalt“ 2010 übernahm Frank-Markus Barwasser (Pelzig) seine Position, wobei sich Pelzig in längere Auftritte noch einarbeiten muss.

Kabarett auf Champions League-Niveau

Sprachlich spielt Schramm seit Jahren durch seine genaue Vorbereitung, Knappheit und Präzision mit Volker Pispers und Hagen Rether sozusagen in der Champions League der Kabarett-Szene. Vor allem die größeren Gesamtzusammenhänge von Themen schafft Schramm auf den Punkt genau zu verknüpfen.

Er hat praktisch alle der wichtigsten Preise gewonnen, auch in der Schweiz und in Österreich.

Vielleicht noch extremer als alle anderen verkörpert Schramm den Kabarettisten, der fast nichts erklärt, sondern nur Fakten – natürlich tiefgründig sinnvoll – aneinander reiht. Dabei jedoch legt fast niemand die Latte des notwendigen Vorwissens für das Publikum derart hoch.

Dadurch schränkt er sein Publikum gewollt ein, und es ist erklärbar, dass z. B. Volker Pispers teilweise „bekannter und beliebter“ ist, weil er eine verständlichere Sprache wählt.
[youtube M5ZlX3U6osw]

Charaktere von Schramm auf der Bühne

Georg Schramm ist einem breiten Publikum besonders bekannt durch seine Figuren. Die von ihm geschaffenen Charaktere sind:

Der nörgelnde Rentner Lothar Dombrowski:

– der meist zur aktuellen Gesellschaftslage wetternde Herr mit hartem preußischen „R“, im Sakko und mit Nickelbrille, hat nicht selten alt-humanistisches Wortwissen der Römer und Griechen parat und wendet oft antike Phänomene spaß- und kraftvoll auf aktuelle Debatten an.

Der einsame SPD Wähler August:

– der in oft beiger Mütze und Jacke auftretende August ist für Schramm das Alter Ego seines reellen Vaters, aus dessen Arbeiterkind-Fittichen er als einziger seiner Schulklasse das Gymnasium schaffte. Die August-Auftritte sind eine liebevolle, im hessischen Dialekt vorgetragene Hommage an den „Kleinen Mann“, der gut sein will und beinahe wie bei Brecht an den herrschenden Bedingungen verzweifelt, weit über seine Hass-Liebe zur SPD hinaus.

Der witzelnde Oberstleutnant Sanftleben

– immer adrett in Uniform, aber manchmal bierselig und geschwätzig, kommt Sanftleben als Überbringer der Stimmung in der Truppe daher. Aber auch jenseits von Afghanistan-Kritik hilft die Figur Sanftleben dem Publikum, zwischen politischen Aussagen und realer Taktik im Ausland zu unterscheiden und genau hinzuhören.

Beinahe programmatisch prägte Schramm die Distanz zum Publikum und zu gekrampften Lachern á la Mario Barth in diesem Zitat:

„Ja, Ihnen muss es ja nicht gefallen, mir muss es gefallen.“

Einen der für ihn bahnbrechenden, wenn auch absichtlich polarisierenden Auftritte hatte Schramm am Ende des „Scheibenwischers“ 2003 im Tipi nahe des Bundestages, wo er unter den Augen von Renate Künast und Wolfgang Thierse weitreichend Kritik verstreute, geballt u. a. in diesem Zitat:

„Es gibt kein Interesse an Inhalten. Was Thema ist, entscheidet Glotze und BILD-Zeitung – Originalzitat Bundeskanzler (Schröder), meine Damen und Herren. Die Politik, die wird woanders gemacht. Interessenverbände, die machen die Politik, die ziehen die Fäden, und an denen hängen politische Hampelmänner, die dann auf der Berliner Puppenkiste uns Demokratie vorspielen dürfen.“

Einen weiteren legendären Auftritt gab es beim Kabarett-Fest im September 2008 vom BR. Dort gab er weitere wahnsinnige zehn Minuten zum Thema Volksverblödung zum Besten:

„Möglicherweise ist dieses Desaster, der Zusammenbruch unseres Bildungssystems, keine Fahrlässigkeit, vielleicht steckt ein tieferer Sinn dahinter – so müssen Sie die Situation in unserem Land betrachten. Alles, was Sie für Fehlleistungen von Politikern halten, das sind vielleicht gar keine. Die sind vielleicht immer nützlich für irgendwelche Gruppen der Bevölkerung, nur Sie sind nicht dabei. […] Wählen Sie nicht „nach uns die Sintflut“. Wann, wenn nicht jetzt nehmen Sie die Verantwortung an und sagen „wir müssen einen Wechsel versuchen“. „Nach uns die Sintflut“ stimmt nämlich gar nicht, sie ist schon da, wir, wir sind die Sintflut.“
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So sind viele seiner Auftritte bis heute Gesprächsstoff, bis zum kleinen Eklat im März 2011 im Europa-Park in Baden-Württemberg, wo er anwesende CDU-Anhänger mit dem Thema Stuttgart 21 kritisierte.

Schramm ist im Laufe der Jahre leider immer scheuer geworden, so dass er Normalsterblichen „unterhalb“ von FAZ und „Süddeutsche“ praktisch nie Interviews gibt.

Derzeit ist er mit dem Programm „Meister Yodas Ende“ unterwegs.

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