Forecasting und die Innensicht

Forecasting hat seinen Ursprung in den strategischen Planungssystemen der Unternehmen. Gerade von den 60ern bis in die frühen 80er Jahre waren die Tools des strategischen Managements sehr auf objektive, quantitative Fakten aus. Ein Unternehmen wurde geplant wie eine Fertigungsstraße. Ebenso das unternehmerische Umfeld: es wurde analytisch zerpflückt und dann konnte zweifelsfrei die richtige Positionierung des Unternehmens geklärt werden. Trotzdem war unsere turbulente Welt in der Regel schneller und überraschender und wer sich zu viel mit Planung und zu wenig mit Kreativität beschäftigt hatte konnte dabei schnell über Bord gehen.

Das Forecasting trägt diese planerische Idee in die Zukunft. Aber es gibt zwei „philosophische" Richtungen: die „Inside"- und die „Outside"-Orientierung (so z.B. bei Kahneman and Tversky). Eine Inside-Betrachtung konzentriert sich auf den konkreten Fall, auf die beteiligten Menschen, auf die berührten Werte, auf individuelle, einmalige Perspektiven. Die Outside-Betrachtung ignoriert das Detail, sucht die allgemeine Entwicklung, den „Trend" und die Variablen hinter dem Gesamtszenario.

Kein Wunder, dass bei Forschern und Konzernen im allgemeinen die Outside-Perspektive geschätzt wird. Sie wirkt objektiv und rational, vielseitig verwendbar, zeigt, „wie die Sachen wirklich sind", im Vergleich zum anekdotischen und subjektiven Charakter der individuellen Sicht. Aber ich glaube, dass dies eine Illusion ist. So oft zeigte sich bei kreativen Menschen und Entwicklungen, dass die Beteiligten eine verzerrte Sicht der Realität hatten, nach anderen Spielregeln und Visionen vorgingen als ihre Umwelt (siehe mein Buch „Der kreative Imperativ"). Mit der entsprechenden Sturheit und Überzeugungskraft machten sie dann manchmal ihre individuelle Realität zur allgemeinen Wahrheit und verursachten damit die Strukturbrüche, Wildcards oder Innovationen, die das Forecasting dann verzweifelt in die strenge, objektive Systematik einzuordnen sucht. Wieso gehen wir es nicht mehr andersherum an, nehmen das Individuum, die Details und die Kreativität als Basis unserer Zukunftswelten?

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