Ein Hörbuch für Jugendliche: ‚Lieber Matz, Dein Papa hat ’ne Meise‘ – gelesen von Andreas Fröhlich

Eines Tages ging's nicht mehr

Bereits in frühen Jahren wurde Sebastian Schlösser als genialer Theaterregisseur gefeiert und wie bei so vielen manisch-depressiven Menschen, die in kreativen Berufen tätig sind, fällt seinem Umfeld gar nicht auf, dass er krank ist.

Bis die Krankheit – heute bipolare Störung genannt – absurde Formen annimmt und er sich selbst in die Psychiatrie einweist.

In der Klinik macht er Notizen, um sich zu ordnen und erst fünf Jahre später bringt er therapeutische Ordnung in das Chaos, in Form von Briefen an seinen Sohn. Hier versucht er, schwierige Zusammenhänge einfach zu erklären.

Sein Buch, und durch die direkte Ansprache noch stärker das entsprechende Hörbuch, erzählt von einer Zeit, in der es im wahrsten Sinne des Wortes auf- und ab ging. Sich private und berufliche Höhenflüge in rasantem Tempo mit Todessehnsüchten, Verzweiflung und Selbstzweifeln abwechselten. Die Briefe, der er an seinen Sohn verfasst hat und in denen er nicht nur die Vergangenheit, sondern auch die Gegenwart auf einer psychiatrischen Station beschreibt, gehen nah und tun doch nicht weh. Was vor allem daran liegt, dass Sebastian Schlösser ein genialer Erzähler ist, der ungeschminkt Tatsachen beleuchtet und wenn er doch mal etwas schön schminkt, dieses gleich wieder auf charmante Weise entlarvt.

Ein Hörbuch für Kinder? Nein. Ein Hörbuch für Jugendliche? Nicht nur!

Schlössers Sohn war übrigens zu dem Zeitpunkt, als die Krankheit ihren Höhepunkt erreichte, erst eineinhalb Jahre alt. Da die Wahrscheinlichkeit aber bei immerhin 15 Prozent liegt, dass er die Krankheit ebenfalls geerbt hat, wird er sie zu lesen bekommen. Wenn er alt genug dafür ist. Das Buch aber entstand aus dem Kontakt mit einer Therapeutin heraus, die mit Kindern arbeitet, deren Eltern manisch-depressiv sind und die – diesbezüglich auf der emotionalen Achterbahn – oftmals traumatisiert sind.

„Lieber Matz Dein Papa hat „ne Meise“ ist in der gesprochenen Fassung, vertont von Andreas Fröhlich (bekannt als Bob Andrews von den drei Fragezeichen) sicher kein Hörbuch für Kinder und ganz und gar nicht nur ein Hörbuch für Jugendliche. Es ist aber auch keines für Menschen, die wirklich mehr über die Krankheit an sich erfahren wollen, bzw. darüber, wie man sie bezwingen kann, die „Meise“. Für alle anderen aber ist es außergewöhnlich hörenswert, die dreieinhalb Stunden vergehen wie im Flug.

Heute hat Sebastian Schlösser übrigens seinen Job an den Nagel gehängt, ist bereits zum zweiten Mal Vater, nimmt Medikamente und studiert Jura, um später Anwalt zu werden. Und um noch mehr Struktur in sein Leben zu bekommen.

„Lieber Matz, Dein Papa hat „ne Meise – Ein Vater schreibt Briefe über seine Zeit in der Psychiatrie“, ein Hörbuch für Jugendliche und alle anderen Erwachsenen, erschienen bei Hörbuch Hamburg im September 2011 zu einem Preis von rund 20 Euro.

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