Die Pyramiden von Gizeh: Weltwunder bei Kairo

Das letzte erhaltene Weltwunder der Antike liegt außerhalb Kairos, in der Nähe des Ortes Gizeh. Der erste berühmte Bewunderer der Pyramiden von Gizeh war Herodot, der das Reich der Pharaonen als „Geschenk des Nils“ pries und bekannt machte. Allerdings berichtete Herodot nicht aus Spaß an der Freude über ferne Länder, sondern er versuchte, seine Leser zu unterhalten, vergleichbar mit den Entertainern heutiger Tage.

In seinen Berichten fehlt jedoch eine Erwähnung der Großen Sphinx von Gizeh und auch an anderen Stellen geht er großzügig mit der Wahrheit um (seine Darstellung des Cheops ist die eines gott- und skrupellosen Tyrannen, für die es weder Ansätze noch Nachweise gibt), daher wird angezweifelt, ob er die Grabstätten tatsächlich mit eigenen Augen gesehen hat.

Übrigens – es ist auch nur ein Gerücht, dass Napoleon ihre Nase als Übungsziel für seine Kanonen genutzt hätte; in Wahrheit hat der Bilderstürmer Mohammed Saim el-Dar sie 1378 abgeschlagen.

Aber zurück zu Herodot und den Pyramiden; ob der griechische Historiker nun gerade zu einem Zeitpunkt nach Gizeh reiste, als die Löwengestalt von Sand bedeckt war oder seine einzige „Begegnung“ mit den Pyramiden an einem feuchtfröhlichen Abend in einer phönizischen Kneipe mit einem Lapislazulihändler stattfand, sei dahingestellt. Tatsache ist, dass er von drei Pyramiden berichtet, die von Cheops, Chephren und Mykerinos erbaut worden sein sollen. Diese Zuordnung ist inzwischen anhand mehrerer „Graffiti“ auf den Blöcken der Bauten nachgewiesen worden.

Der Beginn des Pyramidenbaus

Die Vorläufer der Pyramiden waren die Mastabas (rechteckige „Pyramidenstümpfe“), die seit der Reichseinigung als Grabstätten genutzt wurden. Pharao Djoser ließ die erste Stufenpyramide in der III. Dynastie, unter Anleitung seines Baumeisters Imhotep, bauen. Die Pyramiden lösten die Mastabas als königliche Grabstätten sehr schnell ab.

Snofru, der Begründer der IV. Dynastie musste in seinem Leben wegen technischer Probleme drei Pyramiden bauen lassen, „Die Pyramide in Meidum“ sowie die „Knickpyramide“ und „Die Rote Pyramide in Daschur“. Für den Beobachter muss, in Anbetracht des Material-, Zeit- und Kostenaufwandes für die drei Pyramiden, der Eindruck einer gewissen „unfähigen Verschwendung“ entstehen, doch darf nicht vergessen werden, dass diese Versuche und Auseinandersetzungen mit den mathematischen, logistischen und geologischen Problemen die Voraussetzung waren für die Entstehung der großen Pyramiden von Gizeh.

Die Pyramide des Cheops

Cheops war vermutlich ein Sohn Snofrus und regierte vermutlich von 2580-2250 v.Chr. im Alten Reich. Berühmt wurde Cheops, neben der Erbauung der größten Pyramide der Welt, durch den Papyrus Westcar, in dem er sich von seinen Söhnen Wundergeschichten, u.a. über Zauberer, erzählen lässt.

Die Pyramide hat eine Seitenlänge von fast 230 Metern und war ursprünglich 146,50 Meter hoch aufgrund der Verwitterung in den letzten 4500 Jahren ist sie heute jedoch nur noch 138,75 Meter hoch, was ihrer Schönheit jedoch keinen Abbruch tut.

Kennzeichnend für die Substruktur des Grabmals sind die „Große Galerie“ und die drei Grabkammern, die wahrscheinlich aufgrund von Planänderungen entstanden. Zum einen gibt es die Felsenkammer, die sich unterhalb des Baus im natürlichen Gestein befindet. Vermutlich ist zu wenig Sauerstoff in diese Kammer gekommen, sodass die Bauarbeiten gestoppt werden mussten. Danach wurde eine weitere Kammer ins Innere gebaut, die aufgrund fälschlicher Annahmen als „Königinnenkammer“ bezeichnet wird. Die letzte Kammer ist die „Königskammer“, in der die Überreste eines steinernen Sarkophags zu besichtigen sind. Über dem Raum finden sich fünf Entlastungskammern, die einen Teil des Gewichts von der „Königskammer“ wegnehmen sollen. Aus diesem Grund enden sie in  einer Giebeldecke, welche den Druck in die Seiten ableitet. Zur „Königskammer“ führt die große Galerie. Des Weiteren gibt es noch diverse andere Schächte in der Pyramide, deren Funktion im Einzelnen nicht immer abschließend geklärt ist.

Die Cheopspyramide ist, ebenso wie die des Chephren und Mykerinos, im Inneren undekoriert. Die berühmten Pyramidentexte, die eine signifikante literarische Gattung des Alten Reiches sind, erscheinen erst in der Pyramide des Unas aus der V. Dynastie.

Der Pyramidenkomplex

Snofru entwickelte ein bestimmtes Schema eines Komplexes, das von seinen Nachfolgern übernommen worden ist, und dessen Überreste bei den drei Pyramiden in unterschiedlicher Qualität vorhanden sind.

Zu diesem Konstrukt gehört die im Zentrum stehende, von Mauern umrahmte, Pyramide, von der ein Aufweg zu einem Taltempel führt, der sich im Fruchtland befindet. Des Weiteren hat jede Pyramide einen Totentempel, der dem Kult des Verstorbenen dient und es befinden sich noch weitere Nebenpyramiden (Königinnengräber) in der Nähe des Grabmals.

Der Taltempel Cheops ist bisher nur teilweise erforscht, während vom Aufweg kaum Überreste erhalten geblieben sind. Die Taltempel waren vermutlich mit Schiffen zu erreichen und über den Aufweg konnten die Materialien transportiert werden.

Vom Totentempel Cheops sind nur wenige Fundamente erhalten geblieben.

Cheops hat in der Nähe seiner Pyramide drei Nebenpyramiden errichten lassen, die für weibliche Königsmitglieder bestimmt waren. Es wird angenommen, dass diese Gräber für seine Mutter Hetepheres und für seine Frauen Meritites und Henutsen gebaut worden sind, das konnte bisher jedoch nicht erwiesen werden.

Des Weiteren konnte in den 90er Jahren des vorletzten Jahrhunderts die stark beschädigte Kultpyramide des Cheops entdeckt und freigelegt werden. Bei der Pyramide wurde das zweitälteste Pyramidion der Welt gefunden. Das älteste stammt von der Roten Pyramide Snofrus in Daschur.

1954 wurde eine intakte Bootsbestattung auf dem Pyramidenkomplex entdeckt. Das Boot ist heute in einem Museum vor der Pyramide ausgestellt.

In der Nähe eines Grabmals entstanden immer Siedlungen, in denen die Vielzahl an Arbeitern lebten. Die berühmteste ist sicherlich Deir el Medina in Luxor, in der die Handwerker des Tal der Könige lebten. In der Epoche der großen Pyramidenbauten wurden diese Dörfer Pyramidenstädte genannt. Vermutlich bildeten die Siedlungen Cheops und Chephren eine große Pyramidenstadt.

Djedefre

Djedefre, auch bekannt als Radjedef, ist der Thronfolger Cheops gewesen. Die Länge seiner Regierungszeit ist unklar (die Spekulationen reichen von 8-25 Jahren), ebenso gibt es einige andere Ungereimtheiten. So folgten nicht Djedefres Söhne auf den Thron des Vaters, sondern der Erbauer der zweitgrößten Pyramide, Chephren, ist sein Nachfolger geworden. Chephren gilt als ein weiterer Sohn des Cheops, muss also Djedefres Bruder gewesen sein. Da die Kriterien der Thronfolge des Alten Reiches nicht bekannt sind, muss dies kein Anzeichen eines Verrats oder gewaltsamen Umsturzes gewesen sein.

Merkwürdig ist aber auch, dass Djedefre seine Pyramide, ganz im Gegensatz zu seinem Vater und Bruder, nicht in Gizeh, sondern acht Kilometer nördlich in Abu Roasch erbauen ließ. Einige Ägyptologen vertreten die Theorie, dass es theologische Gründe dafür gab. So schwand im Verlauf der IV. Dynastie, und viel stärker noch in der V. und VI. Dynastie, die alleinige und zentralistische Vormachtstellung des Pharaos, der bis dato die Personifizierung des Gottes Horus war. Stattdessen gab es eine zunehmende Verehrung des Sonnengottes Re, die sich vor allem in den Sonnenheiligtümern der V. Dynastie wiederspiegelt; es konnten nur die Sonnenheiligtümer des Userkaf und des Niuserre lokalisiert werden. Dieser Sonnenkult führte dazu, dass die öffentlichen Mittel für religiöse Bauprojekte genutzt wurden und die Pharaonen, die nur noch der Sohn eines Gottes waren, aber nicht mehr der Gott selbst, weniger elaborierte Grabmäler errichten konnten. Inwiefern diese Tendenzen und Entwicklungen allerdings schon für die Zeit des Djedefre ausgeprägt waren, ist ungeklärt, und würde auch die Frage aufwerfen, warum Chephren noch ein gigantomanisches Bauwerk schuf.

Die Forschung diskutiert nach wie vor, ob die Ruinenhaftigkeit der Djedefre Pyramide auf einer nachträglichen Zerstörung beruht oder sie schlichtweg nie fertiggestellt worden ist.

Die Pyramide des Chephren

Die Pyramide des Chephren ist drei Meter kleiner als die des Cheops, da sie jedoch auf einem höheren Plateau steht, wirkt sie größer. Sie fällt durch die an ihrer Spitze sehr gut erhaltene Außenverkleidung auf.

Die Substruktur der Pyramide zeigt gegenüber Cheops und Snofrus eine starke Vereinfachung.

Ebenso wie die Cheops Pyramide ist auch sie nur ein Element eines Pyramidenkomplexes, wenn auch das Wichtigste. Umgeben von Mauern und Gräbern für Familienangehörigen und Beamten nimmt sie einen zentralen Platz ein.

Der zugehörige Totentempel ist nur schlecht erhalten, da spätere Herrscher, u.a. Ramses II., die Steinblöcke für andere Projekte nutzten. Der Totentempel lag traditionell im Osten der Grabstätte und diente dem Kult des Verstorbenen. Chephrens Tempel weist bereits die fünf Elemente auf, die später zu einem Kennzeichen der Totentempel avancieren: Eingangshalle, breiter Säulenhof, fünf Nischen für Königsstatuen (Statuenkapellen), fünf Magazinkammern und das Heiligtum mit Scheintür und/oder Stelenpaar. Es gibt aber noch viele offene Fragen zu Totentempeln, v.a. da sie in der ägyptischen Geschichte große Entwicklungsprozesse durchlaufen. Es sei nur an die vor Elaboriertheit explodierenden Totentempel Hatschepsuts oder Ramses II. erinnert, gegen die sich die Tempel des Alten Reiches geradezu bescheiden ausnehmen.

Während der Aufweg nur relikthaft erhalten ist, zeigt sich der Taltempel als ein guterhaltenes Meisterwerk der ägyptischen Architektur. An diesem Tempel konnte auch ein Kai nachgewiesen werden, der durch einen Stichkanal mit dem Nil verbunden war.

Es sind Reste einer Kultpyramide gefunden worden.

Die Pyramide des Mykerinos

Der Vollständigkeit halber sei hier kurz auf die unvollendete Pyramide des Baka/Bicheris in Saujet-el Arjan verwiesen, der als ein Sohn des Djedefre zwischen Chephren und Mykerinos regierte. Seine gesamte Person und die genauen Umstände seiner Regierung liegen jedoch im Dunkeln.

Herodot verbreitete die Legende, dass die Pyramide des Mykerinos eigentlich der Prinzessin Rhodopis gehöre. Rhodopis sei eine Tochter Cheops gewesen, der für sein Bauvorhaben soviel Geld gebrauchte, dass er seine eigene Tochter in die Prostitution zwang. Fortan verlangte Rhodopis vom jedem Liebhaber einen Steinblock. Im Laufe der Zeit verdiente sie soviel, dass sie sich schließlich eine eigene kleine Pyramide leisten konnte.

Es gilt jedoch als bewiesen, dass die kleinste Pyramide von Mykerinos erbaut worden ist. Ihre, im Vergleich zu den anderen, geringe Höhe (66 Meter) wird durch die veränderte gesellschaftliche Situation erklärt. Die Veränderungen des theologischen und gesellschaftlichen Weltbildes – die bei Djederef noch als einen möglichen Erklärungsansatz genutzt werden – sind unter der Herrschaft Mykerinos voll greifbar geworden.

Der Pyramidenkomplex des Men-kau-Re, so sein ägyptischer Name, war groß und großartig geplant. Sein frühzeitiger Tod verhinderte jedoch eine Fertigstellung. Seine Nachkommen bemühten sich um ein schnelles  Bauende, da erst nach der Beendigung der Bauarbeiten mit dem Totenkult begonnen werden konnte, daher wurde vieles vereinfacht.

Der Komplex entspricht jedoch dem traditionellen Stil und es wurden drei Nebenpyramiden gefunden, in denen vermutlich die Gemahlinnen beerdigt worden sind.

Weltberühmt wurde die im Taltempel gefundene Statue „Triade des Mykerinos“, die sich heute im Ägyptischen Museum Kairo befindet. Sie zeigt den Pharao Mykerinos zwischen Hathor und einer Gaugottheit.

Dieses Bild ist im Übrigen auch ein Merkmal für die Veränderungen in der Theologie. Hatten die Pharaonen vor Mykerinos noch oftmals allein ein Bildnis er- und ausgefüllt (oder mit Horus in einer Falkenfigur), lassen sie sich nun zusammen mit Göttern darstellen, um sich zu legitimieren.

Die Pyramiden von Gizeh gehören seit 1979 zum Weltkulturerbe.

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Eine Meinung

  1. Ich denke, da muss man wirklich mal hinreisen. Man sollte mal das einzige noch stehende antike Weltwunder gesehen haben! 🙂 Ich werde es auf jeden Fall noch machen.

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