David Cerny und Entropa: Der Witz um Europa

Innerhalb Europas wurde David Cerny vor allem wegen seiner Skulptur „Quo Vadis“ bekannt, die den Mauerfall und die damit verbunden Flucht Tausender Menschen aus den Ostblockstaaten thematisiert.

Auch in seiner jüngsten Installation beschäftigt sich Cerny wiederum mit europäischer Geschichte: Entropa ist der ironische Titel seiner großflächigen Installation in der Hauptstadt Belgiens.

Die einzelnen Länder Europas werden hier durch den Künstler in einem Plastikrahmen, ähnlich dem, aus welchem die Einzelteile für den Modelbau geschnitten werden müssen, angeordnet.

David Cernys umstrittenes Werk: Entropa

Hätte David Cerny es bei einer bloßen Anordnung der einzelnen EU-Staaten belassen, wäre sein Kunstwerk wohl weniger umstritten, aber auch weniger bedeutend geworden. Aber fangen wir ganz von vorne an: Im ersten Halbjahr 2009 erhielt Cerny von der tschechischen Regierung den Auftrag, ein Kunstwerk für die tschechischen EU-Ratspräsidentschaft zu schaffen. Daraufhin entwickelte er ein Konzept, an dem angeblich 27 Künstler aus Europa mitarbeiten sollten. Nicht klein war der Schock für die Auftraggeber dann, als kurz vor der Veröffentlichung des Kunstwerks bekannt gegeben wurde, dass David Cerny als einziger Künstler an dem Projekt gearbeitet hatte und die Biografien der 26 anderen Künstler von ihm frei erfunden wurden.

David Cernys Skulptur nur wenige Monate nach ihrer Veröffentlichung wieder abgebaut

So geht die provokante Darstellung der EU-Länder in Form eines Plastikmodellbausatzes allein auf Cerny zurück. Thematisiert werden stets die Vorurteile, die sich über den jeweiligen Mitgliedstaat innerhalb der EU finden. So ist Deutschland beispielsweise eine einzige Autobahnfläche, die sich als Hakenkreuz interpretieren lässt oder Schweden als IKEA-Karton verpackt. Dänemark ist eine Ansammlung von LEGO-Steinen, deren Anordnung als Anspielung auf Motive der Mohammend-Karikaturen gilt. Das Fehlen von Großbritannien verdeutlicht dessen zurückhaltende Stellung zum europäischen Festland.

Natürlich provoziert Cerny gekonnt mit Entropa, weshalb es auch nicht lange dauerte bis das erste Land (Bulgarien) auf eine Entfernung seiner Darstellung – zu sehen ist Bulgarien als eine Ansammlung von Stehtoiletten – bestand. Cerny lies die Skulptur nur wenige Monate nach ihrer Veröffentlichung wieder abbauen – als Protest gegen den Sturz des tschechischen Ex-Ministerpräsidenten Mirek Topolanek. Heute ist sie im Techmania-Zentrum in Plzen als Teil der EU-Austellung zu sehen.

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