Das Foucaultsche Pendel oder: Was Umberto Eco vielleicht gern wissen würde

Im Mittelpunkt des Eco’schen Romans steht das Foucaultsche Pendel. Mit Hilfe dieses Pendels ist es dem französischen Physiker Leon Foucault gelungen, die Eigendrehung der Erde überzeugend nachzuweisen. Dieser Pendelversuch war in der Tat experimentell so überzeugend, dass die römisch-katholische Kirche ihren mehr als zwei Jahrhunderte dauernde Widerstand gegen die kopernikanische Lehre endgültig aufgab.

Als der italienische Naturforscher Galileo Galilei 1632 in seinem Dialogo für diese Lehre öffentlich eintreten war, hatte er sich für die Behauptung, dass sich die Erde drehe, noch einen einen folgenschweren Inquistionsprozess eingehandelt.

Dieser Prozess wurde zum kollektiven Sinnbild des weltanschaulichen Konfliktes zwischen Religion und moderner Naturwissenschaft. Galilei hatte diesen Konflikt noch nicht für die moderne Naturwissenschaft entscheiden können: Es sprach faktisch ebenso viel für die Erddrehung wie gegen sie. Erst als Foucault seinen Pendelversuch durchführte, war dieser Bann gebrochen. Es hatte nunmehr den Anschein, als sei der Konflikt zwischen Glauben und Wissen eindeutig zugunsten des letzteren entschieden worden, doch was die Welt nicht ahnt, ist der Umstand, dass genau dieser experimentelle Versuch, mit dem die römisch-katholische Kirche ihr historisches Versagen eingestanden hat, auch die faktische Grundlage zu einem modernen Gottesbeweis sein könnte.

Der Schriftsteller Umberto Eco scheint dies schon geahnt zu haben, denn in seinem Roman Das Foucaultsche Pendel lässt er seinen Helden Belbo erklären, dass dieses Pendel für jemanden, der keinen Glauben hat, eine Art sei, zu Gott zurückzufinden, ohne dabei die eigene Ungläubigkeit in Frage stellen zu müssen. Eine bemerkenswert visionäre Erkenntnis, wie ich behaupten möchte. In den nächsten blogs möchte ich zeigen, inwieweit dieser Pendelversuch tatsächlich die empirische Grundlage für jene Behauptung ist, die ich in dem blog mit dem Titel:

Die Signatur Gottes oder: Wie sich das Transzendente im Universum offenbart

als theoretischen Schlüssel zum Beweis der Existenz Gottes bezeichnet habe. In diesem blog ist theoretisch von der Koinzidenz des Kleinsten und des Größten die Rede. In den künftigen blogs wird es darum gehen, zu zeigen, dass diese theoretische Koinzidenz innerhalb unseres (!) Universums auch empirisch realisiert ist. Mit anderen Worten: Es scheint so, als gäbe es innerhalb unserer Welt zu dieser theoretischen Koinzidenz ein empirisches Gegenstück.

Der erste wesentliche Schritt zu dieser äußerst weitreichenden Erkenntnis kam paradoxerweise von einem Mann, der alles Metaphysische zutiefst ablehnte: Es war der österreichische Physiker und Philosoph Ernst Mach. Mach vertrat eine ultrapositivistische Haltung. Er hielt selbst das Atom, obwohl die Fakten zu Beginn des 20. Jahrhunderts bereits eine ziemlich eindeutige Sprache sprachen, für ein rein metaphysisches Konzept. Diese Haltung beeinflusste auch seine Interpretation des Foucaultschen Pendelversuches nachhaltig.

So basiert der Erfolg des Foucaultschen Pendel-Versuches auf der Annahme, dass dieses Pendel seine Schwingungsrichtung unverändert beibehält, während sich die Erde unter diesem Pendel hinwegdreht. Diese Annahme provoziert zwangsläufig die Frage: In bezug worauf bleibt die Schwingungsrichtung des Pendels eigentlich unverändert?

In der Newtonschen Mechanik ist der absolute Raum ganz selbstverständlich als die eigentliche Ursache angenommen worden – eine Annahme, die für mehr als zwei Jahrhunderte aufgrund des enormen Erfolges der Newtonschen Physik mehr oder weniger unwidersprochen geblieben ist. Mit Mach wurde diese Annahme jedoch tiefgreifend erschüttert. Mach zufolge war es nicht der absolute Raum, der die Schwingungsrichtung des Pendels unverändert „festhielt", sondern die (fernen) Massen der Fixsterne. Der absolute Raum war für Mach deswegen keine befriedigende Erklärung, weil er sich jeglicher unmittelbaren Beobachtung entzog. Die Fixsterne hingegen waren sichtbare Objekte. Entsprechend der Tatsache, dass das Foucaultsche Pendel in bezug auf die Fixsterne seine Richtung beibehielt, sah Mach folgerichtig in den Fixsternen die eigentliche und letzte Ursache für das sonderbare Verhalten des Pendels, niemals seine Richtung zu verändern.

Um diese positivistische Deutung zu rechtfertigen, wies Mach auf eine empirische Koinzidenz hin, die von den meisten Physikern bis dahin weitgehend unbeachtet geblieben ist: Tatsächlich lässt sich die Drehung der Erde auf zwei verschiedene Weise messen: Zum einen mit Hilfe des Foucaultschen Pendelversuches – und zum anderen durch Beobachtung der Drehung des Fixsternhimmels. Es zeigt sich, dass beide Messungen zu ein- und demselben Ergebnis führen. Mach machte diese empirische Koinzidenz zur Grundlage seiner Deutung, ohne freilich eine ausgearbeitete theoretische Grundlage für diese Deutung zu liefern. Er erklärte also nicht, wie die fernen Massen der Fixsterne das Pendel so beinflussten, dass es seine Richtung in bezug auf diese niemals veränderte. Und dabei ist es heute – mehr oder weniger – geblieben. Diese empirische Koinzidenz stellt in der Tat ein bis heute physikalisch unerklärliches Faktum dar.

Demnächst: Auf den Spuren des wilden Pendels oder: Der Griff nach dem letzten Geheimnis

7 Meinungen

  1. Ich bin nicht Physiker genug, um ihre Darstellungen zu entkräften, sehe aber nicht den geringsten Sinn darin, Gott beweisen zu wollen. Gott wohnt in den Menschen, die an ihn glauben. In mir wohnt er nicht. Schließlich bin ich ja auch kein Stundenhotel. Und trotz des fehlenden göttlichen Untermieters, bin ich moralisch recht fest geraten. Apropo Eco: sein Buch „Der Name der Rose“ hat mehr über Gott verraten, als es diesem lieb sein dürfte.

  2. Sie sind nicht der Erste – und werden sicherlich auch nicht der Letzte sein, der sich an dieser Vokabel GOTT stösst.Heute ist es so, dass vier Menschen GOTT auf fünf verschiedene Arten verstehen.Ich verstehe unter GOTT letztlich nur eines: Die Annahme eines letzten transzendenten Grundes. In dieser neutralen Gestalt ist GOTT für mich so etwas wie eine wissenschaftliche Arbeitshypothese. Wenn Sie mir nun erklären, ich sehe in Wissenschaft nicht den geringsten Sinn, dann widerspreche ich Ihnen, denn Wissenschaft ist eine der bevorzugten Weisen, wie wir heute Wahrheitssuche betreiben. Haben Sie das gemeint? Wissenschaft ist sinnlos?

  3. Ich sehe, Sie sind mit allen (Weih)Wässern geschwaschen. Natürlich halte ich die Wissenschaften nicht für unnütz. Ich denke aber, hinter all dem was wir sind und was uns umgibt, steht keinerlei Sinn. Alles nur Zufall. Ob man dies nun Natur oder Gott nennt: wo liegt da der Unterschied?! Natürlich wird die Wissenschaft stetig an unüberschreitbare Grenzen (Urknall ect.) stossen. Und natürlich wird dies zwangsläufig dazu führen, dass die Gedankengänge in die Richtung abbiegen werden, dass DA ja nun doch noch IRGENDWAS sein muss. Weil wir Menschen uns eben nicht damit anfreunden wollen (oder nicht können?!), total ohne Sinn zu sein. Auch den Begriff der Wahrheit sehe ich ziemlich gelassen. Sie wird nicht erkannt werden. Weil es sie nicht gibt. Ich halte es lieber mit dem ollen Sokrates: Scio nescio!Schönen Sommer noch.

  4. Glauben hat viele Gesichter. Sie zeigen eines davon. Und alles, was SIE zu dem Thema Transzendenz zu sagen haben, klingt fast so, als hätten Sie Angst, man könnte doch noch einen Sinn finden. Auch ich wünsche Ihnen noch einen Schönen Sommer.

  5. theologisch.com team

    an „Textspeier“:Sie reden vom „Zufall“. Lesen Sie dazu mal nach auf http://www.forum-grenzfragen.de …denn das, was Sie als Zufall bezeichnen, ist reichlich vage definiert, wenn Sie es einfach so verwenden…

  6. ich habe mal eine frage.ich bin 78 jahre alt,lebe mit der grundsicherung zu meiner rente.jetzt müßte dringend meine wohnung renoviert werden,aber ich habe nicht das geld dafür ich habe schon überall gefragt um hilfe.aber keiner kann mir helfen.und einen maler betrieb kann ich nicht bezahlen.vieleicht können sie mir einen rat gebenwas ich noch machen könnte?bin schon total verzweifelt.ich danke ihnen schon im voraus für ihre bemühung
    freundlichen gruß
    ute hansen

  7. Sehr geehrte Frau Hansen,

    holen Sie sich trotz Ihrer Zweifel drei Angebote einschlägiger Unternehmen von Malern und Tapezierern ein.
    Als nächsten Schritt reichen Sie die Angebote bei Ihrem Amt für Grundsicherung ein und beantragen dort die Kosten-Übernahme.
    Ein Angebot einholen = Kostenvoranschlag, der kostet nichts.
    Wichtig für die Antragstellung ist auch, wann Ihre Wohnung zuletzt renoviert worden ist und ob in Ihrem Mietverhältnis die Pflicht zur Renovierung und mit welchem zeitlichen Abstand vereinbart worden ist.

    Mit freundlichen Grüßen

    Patrizia Schultz

Schreiben Sie Ihre Meinung

Ihre Email-Adresse wird Mehrere Felder wurden markiert *

*