Autoren vor Gericht

In der Bücherschau der NY Times widmet Maureen Freely dem Fall der türkischen Schriftstellerin Elif Shafak einen Essay. Shafak steht in der Türkei unter Anklage, weil ihr jüngster Roman „The Bastard of Istanbul“, der sich in ihrer Heimat übrigens glänzend verkauft hat, den Genozid an der armenischen Minderheit thematisiert. Solche Attacken gegen die Meinungsfreiheit, erklärt Freely, haben in der Türkei eine traurige Tradition: „Its penal code, taken from Mussolini’s Italy, puts serious curbs on freedom of expression, but Turkey’s leading writers have never toed the line. The great modernist poet Nazim Hikmet spent much of his adult life in prison and died in exile. The novelist Yashar Kemal, for many decades Turkey’s most famous writer, has been serially harassed and prosecuted. During the 70’s, 80’s and 90’s, so many writers, journalists and scholars were imprisoned for their views that a prosecution became a badge of honor.“

Einen aktuellen Grund für die derartige Kampagnen, zu deren Opfern auch international bekannte Autoren wie Orhan Pamuk zählen, sieht Freely im Wunsch türkischer Hardliner, den EU-Beitritt zu sabotieren: „Die Verfahren schaden nicht nur der pro-europäischen Sache innerhalb der Türkei, sie sind auch ein Fressen für anti-türkische Nationalisten in Europa. Dass die EU in den auf stets ‚Verunglimpfung der Türkei‘ lautenden Anklagen ein ernsthaftes Hindernis für einen Beitritt sieht, wird diese Leute freuen. Dies ist kein Krieg Ost gegen West … Es geht um Demokratie; auf Veränderung hoffende Pro-Europäer gegen EU-Gegner, die ein autoritäres Regime zurückwünschen“.

Obgleich die meisten Urteile bisher auf Geldstrafen hinausliefen oder, wie bei Pamuk, als Formsache behandelt wurden und kein Fall bekannt ist, in dem ein Autor zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde, warnt Freely davor, die antidemokratischen Kräfte hinter den Verfolgungen zu unterschätzen: „If the ultranationalists are allowed to continue their campaign unchallenged, they stand a very good chance of winning. And if they do, the oldest stable secular state in the Muslim world will cease to democratize, and a brave new literature will die.“

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