Auszeichnung wurde posthum verliehen

ard online meldete heute:
In seiner Eröffnungsrede zur Preisverleihung lobte der Präsident der Akademie, Klaus Reichert, Pastiors Qualitäten als Vorleser. "Oskar Pastior las seine vielsprachigen Gedichte mit dieser Stimme, die einen poetischen Raum aufbaute, der die Hörer wie in einen Zauberkreis bannte."

Oskar Pastior wäre am 20.Oktober 79 Jahre alt geworden. Als er die Nachricht über die Zuerkennung des diesjährigen Büchner-Preises erreichte, war er "total überrascht" und musste "ein paar Tränchen verdrücken". Die Verleihung erlebte er nicht mehr. Seine Dankesrede, die Pastior vor seinem Tod schrieb, las der Verleger des Carl Hanser Verlages, Michael Krüger vor. Die Laudatio hielt die frühere Kulturstaatsministerin Christina Weiss.

Krüger bezeichnete seinen Freund Pastior als den "letzten großen Schamanen" der experimentellen Literatur. "Er war mit Sicherheit der liebenswerteste Autor, der sich denken lässt."

Der Rumänendeutsche habe sein Werk mit Fantasie und Witz geschaffen, hatte die Akademie nach Pastiors Tod verlauten lassen. Seine poetischen Sprachwelten hätten "fernab von Klischee und Kommerz die lautsinnliche Materialität des Wortes zur schönsten Entfaltung" gebracht.

Rebellion gegen Regeln

In den Gedichten von Oskar Pastior steckte immer ein Stückchen Rebellion: Gegen die Regeln der Kunst, gegen die der Sprache und die der Vernunft. Seine Gedichte sind alchimistische Experimente, die banale Worte und Sätze eindampfen in überraschende Sprachformen und Textflüsse – von Klanggedichten und Palindromen (Wortfolgen die vor- und rückwärts gelesen Sinn ergeben) über mittelalterliche Sestinen bis zu filigranen Petrarca-Übersetzungen. Oskar Pastior war ein eigenwilliger und vielseitiger Dichter deutscher Sprache.

Vom Häftling zum Dichter

Geboren 1927 in Sibiu (Hermannstadt) als Sohn einer deutschstämmigen Familie sah das Leben für Oskar Pastior lange nicht nach einer literarischen Bilderbuchkarriere aus: Als Gymnasiast in sowjetische Arbeitslager verschleppt, musste er das Abitur erst mühsam nachholen. Danach studierte er Germanistik an der Universität Bukarest. Als Redakteur beim deutschen Radio der Stadt veröffentliche Oskar Pastior mit 37 Jahren den ersten Gedichtband: „Offene Worte". Es war die Initialzündung für einen literarischen Senkrechstart, der erst in die Höhen der rumänischen, dann – nach der Flucht nach West-Berlin – der deutschen Literaturszene führte. Hier hat sich Oskar Pastior mit über 30 Lyrikbänden und Essays den Status eines Kultautors erschrieben, der Sprache immer wieder an ihre Grenzen treibt und so ein ganz eigenes Sprechen schafft.

Renommierteste Auszeichnung für deutschsprachige Literatur

Der Georg-Büchner-Preis gilt als die renommierteste Auszeichnung für deutschsprachige Literatur. Er wird jährlich von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt vergeben und ist mit 40 000 Euro dotiert. Namensgeber des Preises ist der deutsche Revolutionär und Dramatiker Georg Büchner, der 1813 im Großherzogtum Hessen geboren wurde und 1837 in Zürich starb.

Die Verleihung des Preises bildete den Abschluss der Herbsttagung der Akademie, die am Donnerstag in Darmstadt begonnen hatte und unter dem Titel «Radikalität des Alters» stand. Schriftsteller, Philosophen, Psychoanalytiker und Kunsthistoriker gingen bei dem Treffen der Frage nach, ob es eine Radikalität gibt, die ausschließlich mit der letzten Lebensphase zusammenhängt.

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