12 statt 13 Jahre – Lass knacken, Kumpel!

Für mich wird jetzt eine Dimension erkennbar, die ich bislang aus reiner Selbstfokussiertheit nicht sah. Natürlich ist es für alle Kinder schwer, den neuen verkürzten Parcours mit den gleichen Inhalten zu meistern. Treffe ich andere Eltern, ist die Schule Gesprächsthema Nummer Eins. Jede Mutter, jeder Vater beklagt sich über den Aufwand, den nicht nur die Kinder, sondern auch die Eltern zusätzlich zur 33-Stunden-Unterrichtswoche der Kids treiben müssen.

Was aber, wenn die Eltern dazu selber nicht in der Lage sind? Was, wenn der Bildungsstand der Eltern keine Hilfe möglich macht? Was, wenn, was wahrscheinlich ist, dazu passend, das Einkommen der Eltern eher schmal ist und es nicht für die Finanzierung von Nachhilfeunterricht reicht? Dieses Szenario ist zum nordrhein-westfälischen Alltag geworden. In keinem anderen Bundesland ist derzeit die Kluft zwischen Arm und Reich im Gefüge der Bildungschancen größer.

Dabei braucht man nicht einmal die so beliebte asoziale Schicht in die Betrachtung zu nehmen. Es reicht, wenn man sich beispielsweise alleinerziehende Mütter in gängigen Berufen, wie etwa dem der Verkäuferin, anschaut. Bei den heutigen Schichten kann es passieren, dass die Frau Mama erst gegen 22.30 Uhr in den Schoß der Familie zurück kehrt. Da dürfte es mit der Hausaufgabenbetreuung weder subjektiv noch objektiv gut bestellt sein. Und auch die Finanzkraft dieser Frau Mama wird nicht von nennenswertem Ausmaß sein. Ganz abgesehen davon, dass es nun wirklich nicht sein kann, dass die Chancen auf Bildung in Deutschland wieder eine Frage des Geldes werden.

Man darf sich dabei auch ruhig noch einmal fragen, worin der Sinn besteht, Schüler ein Jahr früher aus der Schule zu entlassen.

[Bildquelle: Wikimedia Commons | PD gemeinfrei]

14 Meinungen

  1. „Man darf sich dabei auch ruhig noch einmal fragen, worin der Sinn besteht, Schüler ein Jahr früher aus der Schule zu entlassen.“Ich denke eher die eigentliche Frage besteht darin, wieso es nicht sinnvoll sein sollte. Selbstverständlich muss man gestehen, dass mit dieser Entscheidung der Stresspegel der Schüler immens ansteigen würde. Auf der anderen Seite muss man, bzw. ganz speziell ich, fragen um welchen Stress es sich denn da handeln sollte. Ich für meinen Teil bin in einem der beiden Bundesländer aufgewachsen, in denen die Gymnasialzeit bis zu Abitur traditionsgemäß seit langem nur 8 Jahre betrug und ich kann nicht behaupten irgendetwas vermisst zu haben. Die Lehrpläne sollten sich ja nicht grundlegend unterscheiden, darum wunderte ich mich nach der Schulzeit immer, was denn in den anderen Bundesländern in der 12. bzw. 13. Klasse behandelt wurde?Was ich nachvollziehen kann, ist der Aspekt der elterlichen Hausaufgabenkontrolle. Naturgemäß ist diese in Familien, in denen die verdienenden Mitglieder lang oder sogar im Schichtdienst tätig sind, sehr schwierig zu bewerkstelligen. Im Grunde genommen kann man da aber auch eine Schwäche der Bildungspolitik erkennen. Es stehen einfach keine Betreuungsmöglichkeiten zur Verfügung. Schon im Kleinkindalter mangelt es vielen der alten Bundesländer an einer Betreuung, komplett und auf ganz Deutschland bezogen endet diese, wenn vorhanden, dann aber spätestens im Schulalter. Ich bin mir jetzt nicht sicher in vielen Schulen überhaupt noch ein Hort o.Ä. angeboten wird. Es ist meines Erachtens daher nicht die Frage nach dem Unsinn der Verkürzung der Schulzeit zu stellen, sondern nach Möglichkeiten der besseren nach-)schulischen Betreuung. Denn würde man gleichzeitig mit der Verkürzung eine Ganztagesbetreuung bzw. flächendeckende Ganztagesschulen einrichten, stellt sich der ganze Aspekt für mich schon wieder als weniger problematisch dar.MfGCorollaire

  2. Ganz abgesehen von den Räumlichkeiten, die einfach für eine geeignete Mittagspause in vielen Schulen gar nicht zur Verfügung stehen.

  3. Ralph Ueltzhoeffer

    Da gibt es keinen Sinn! Da wird einfach durchgerechnet und halt mal beschlossen. Man kann ja alles wieder rückgängig machen wenns gar nicht klappen sollte. Leider sind dabei die Testdummis die Dummen.http://www.ueltzhoeffer.de

  4. naja, wenn ich schüler wäre und das bei mir nicht gelrten würde nur beim nächsten jahr, wäre das richtig mies..

  5. Die Wochenstundenzahlen der neuen Bundesländer, die immer schon nach 8 Jahren zum Abitur geführt haben, waren deutlich geringer. Deshalb hat sich die KMK ja auf die 265 Mindest-Wochenstunden verständigt. Aber, wie gesagt mindestens 265 Stunden. In den alten Bundesländern waren aber deutlich mehr Stunden zu absolvieren (siehe auch Schulprofil, z.B. Latein, Alt-Griechisch, Musik, Theater, etc.). Diese zusätzlichen Stunden sind nicht zusammengestrichen worden, weil man keinen Ärger mit den einzelnen Fachbereichen riskieren wollte, also: immer druff.Und: Es sind bis zu 37, mit Religion 39 Wochenstunden, diese Hausaufgaben kommen hinzu.Hier in Berlin gab es einen sog. Schnellläuferzug, der nach 8 Jahren zum Abi führte, eigentlich für sehr Begabte und Motivierte gedacht. Weil nun ja alle begabt und motiviert sind, gibt es den Super-Schnellläufer-Zug, der führt nach 7 Jahren zum Abi.Außerdem wurde in Berlin der einschulungs-Stichtag vorverlegt, soll heißen: die 5 1/2 Jährigen werden seit 2005 alle schulpflichtig, Abi dann mit 17.Man sollte sich fragen: Cui bono? Sehen wir uns die Nachhilfe-Industrie an, die jetzt schon 2 Milliarden € im Jahr einnimmt, und nach einem OECD-Bericht weiter darauf dringt, Schulinhalte in die privatwirtschaftliche Ebene zu ziehen, dann muß man sich nicht wundern.frauke

  6. Grundsätzlich finde ich es gut die klassische Schulzeit zu verkürzen, wenn es mit einem angepassten Lehrstoff einher geht. Ein gewonnenes Jahr kann dann für Orientierung sorgen, bspw. mit Praktika.

  7. Also meiner Erfahrung nach könnte man ein Jahr leicht einsparen, indem man sämtliche „unnützen“ Zeiten die man in der Schule verbringt streichen würde. Das ist aber nicht so einfach, weils ja sehr stark von Lehrern und Schülern abhängt wie die Zeit genutzt wird, auch wird dadurch der Spielraum für verschiedene Leistungsgruppen ja immer kleiner….Meiner Meinung nach sollte zuerst die Effizienz gesteigert und das Bildungssystem als gesamtes verbessert werden bevor man irgendwo ein Jahr wegstreicht ohne an der Qualität etwas zu verändern….Eine Umgestalltung in Form von Praxismonaten oder Semestern wäre sicher ein sinnvoller Weg, kann aber auch nicht die Lösung alleine sein!mfg Martin

  8. Also bei angepasstem Lehrinhalt ist ein Jahr weniger Schule nur dann gut wenn die gesparet Zeit auch sinnvoll genutzt werden kann.Das heisst – ein Jahr früher in eine Arbeit kommen oder zu einer weiteren Ausbildung ist gut.Ein Jahr früher in eine Arbeitslosigkeit ist extrem schlecht und bei der derzeitigen Arbeitsmarktsituation glaub ich dass ein Jahr weniger keine besonders guten Auswirkungen hat.

  9. In diesem Zusammenhang muß ich Werbung für Ganztagsschulen machen. Der Unterricht meiner Kinder endet um 15 Uhr 15 und es sind nicht mehr viele Hausaufgaben zu machen. Die könnten auch alleine erledigt werden. Es besteht dann auch noch die Möglichkeit sich für verschiedene Nachmittagsprogramme einzuschreiben. Für unsere Familie funktioniert das prima! Die Kinder sind ausgelastet, es ist nicht zuviel (Schule beginnt um 9.00 Uhr) und sie können trotzdem noch bei örtlichen Vereinen ihren Hobbies nachgehe und es ist mir möglich berufstätig zu sein.

  10. Kristian Liebrand

    Ich sehe es auch als sehr kritisch an, die Schulzeit um 1 Jahr zu verkürzen. Ich bekomme als Unternehmer jede Woche Bewerbungen, die nur voller Rechtschreibfehler strotzen. Im Bewerbungsgespräch offenabren isch dann noch größte Wissenslücken im Allgemeinwissen. Hier gibt es also noch viel Handlungsbedarf, aber nicht im Kürzen der Schulzeit.

  11. Ich finde die Schulzeit ist mit 13 jahren nicht zu lange, wenn man das Verhältniss betrachet wie viele jahre man dann im beruf steht und von dem wissen profitiert oder eben nicht welches man in dieser zeit erworben hat.Eine kürtzung der Schulzeit halte ich für einen großen fehler, da gibts genug andere vielversprechendere Ansätze um die Qualität zu verbessern.

  12. Bei der ganzen Diskussion werden diejenigen Schüler/innen gerne vergessen, die von der Verkürzung der Schulzeit einen großen Vorteil haben. Gemeint sind all jene, die auch weiterhin ohne Probleme ihr Abitur in der Hand halten, 1 Jahr früher mit der Schule fertig sind und damit bessere Chancen auf dem globalen Arbeitsmarkt haben.

  13. Also ich finde es prinzipiell okay die Schulzeit zu verkürzen.
    Allerdings ist der gewählte Weg natürlich völlig absurd.

  14. Die Schulzeit zu kürzen… mh wenn man sich das aktuelle Bildungssystem etwas genauer anschaut, ist es doch so. Lehrer gehen kaum noch inviduell auf Ihre Schüler ein, der Lehrstoff wird durchgezogen ohne Rücksicht auf Verluste, wer nicht nachkommt muss sehen wo er bleibt. Das Schlimme an der Schule nebenan wird wieder ein Konzept der Förderung des Schülers verfolgt, und da verstehen es auf einmal alle. Aber sind die Schüler nun Dumm? Nein vielmehr liegt es an dem Schulsystem. Daher bin ich eher für ein einheitliches Schulsystem, wo jeder Schüler die selben Chancen hat ohne auf die Herkunft oder das soziale Umfeld zu achten.

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